Sport Gigantische Kanuten: Zweimal Gold, dazu Silber und Bronze

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Super Abschluss für die deutschen Kanuten. Zweimal Gold, dazu Silber und Bronze.

Und Sebastian Brendel schreibt Olympia-Geschichte im Canadier. Heute Nacht trägt

er bei der Abschlussfeier die deutsche Fahne. Eine Anerkennung.

Sieben Medaillen, darunter vier goldene – so eindrucksvoll wie kein anderer deutscher Sportfachverband sorgten die deutschen Kanuten für glückliche Gesichter bei der deutschen Sportführung, die allerdings zum gleichen Zeitpunkt im Deutschen Haus viel zu früh ihre Bilanzpressekonferenz abhielt. DOSB-Präsident Alfons Hörmann und sein „General“ Michael Vesper konnten also vor Ort gar nicht mitfeiern, wie Vesper das so oft so gerne tat. Geschadet hat sein Fehlen den Kanuten nicht. „Es ist einfach unglaublich, was da heute passiert ist“, sagte Sebastian Brendel voller Begeisterung, und dabei meinte er nicht nur seinen zweiten goldenen Auftritt, dieses Mal mit Jan Vandrey im Canadier-Zweier, er meinte alle vier Boote, die gestern am dritten Tag der zwölf Entscheidungen an den Start gingen. Darunter auch die Flaggschiffe, der Vierer-Kajak der Männer, der mit Max Rendschmidt am Schlag Gold holte und der der Frauen, der mit Sabrina Hering am Schlag auf dem Silber-Platz hinter Ungarn ins Ziel kam. Auf der Lagoa Rodrigo de Freitas unterhalb des Cristo Redentor, der gestern stoisch aus dem Nebel herausschaute, wurde ein Märchen wahr. „Diese Truppe ist der Wahnsinn. Ich bin so unheimlich stolz auf sie.“ Bundestrainer Reiner Kießler sagte dies, er kann sich nun beruhigt zurückziehen. Der mit dem DOSB vereinbarte Medaillenkorridor ist mehr als erfüllt worden, so gut schnitt die Kanuflotte schon lange nicht mehr ab. Bei den Spielen 2004 in Athen kamen zu den vier Olympiasiegen noch drei Silbermedaillen. Birgit Fischer führte damals die Mannschaft schon an, und Ronald Rauhe hatte mit seinem Partner Tim Wieskötter eine der Goldmedaillen geholt. Und dieser Ronald Rauhe stand gestern auch wieder auf dem Treppchen, zusammen mit dem Spanier Saul Craviotto auf dem Bronze-Platz, und sorgte im ersten von vier Tagesrennen für den Auftakt im Medaillenreigen. „Für mich ist das heute etwas ganz Besonderes. Ich bin geplättet, denn ich war am Boden, im Keller, als ich die Vier aufblinken sah. Ich hatte mich auf drei gesehen. Ich war erst so enttäuscht, als mir dann aber einer drei zurief, war das wie auf einer Emotionsachterbahn für mich“, schilderte der 35 Jahre alte Kanute die Sekunden nach dem Zieleinlauf. Rauhe ist der nach deutschen Meistertiteln gerechnet erfolgreichste Paddler der deutschen Kanuflotte. Seit 20 Jahren betreibt der Westberliner auf allerhöchsten Niveau diesen Sport. Von vier seiner fünf Olympiateilnahmen brachte er Medaillen mit. Zunächst einen ganzen Medaillensatz mit der Goldmedaille in Athen als Krönung. In London 2012 ging er leer aus. „Ich werde jetzt nach Hause fahren und alles sacken lassen und mit der Familie bereden, wie es weitergeht. Ich brauche Motivation und Spaß am Sport, das habe ich 20 Jahre gehabt und konnte das Ganze deswegen auf diesem hohen Niveau machen“, sagte Rauhe, der mit Fanny Fischer, der Nichte der großen alten Dame Birgit Fischer verheiratet ist und einen Sohn hat. Fanny Fischer holte mit dem Vierer-Kajak Gold in Peking 2008. Die beiden Brasilianer Erlon De Souza Silva und Isaquias Queiroz Dos Santos lagen lange in Front. Mit fast einer ganzen Bootslänge führten sie. Als Sebastian Brendel die Schlagzahl erhöhte, zermürbte das die beide Lokalmatadoren. Brendel siegte erneut, wie schon am Dienstag, aber dieses Mal nicht alleine. Er riss sein Paddel in die Höhe, brüllte einen Urschrei und fiel Jan Vandrey in die Arme. „Respekt vor dem jungen Kerl“, sagte Brendel (28) und schlug dem 24-jährigen Jan anerkennend auf die Schulter. Der gab stolz zurück: „Er ist Olympiasieger, das hat uns den Anspruch gegeben und Flügel verliehen, ich musste dann einfach nur noch mitziehen. Er war schon immer mein Vorbild.“ Vor drei Monaten war nicht einmal klar, ob die Bootsklasse, der C2, in Rio besetzt werden kann. Brendel, der heute bei der Abschlussfeier die deutsche Fahne tragen wird, setzte natürlich klare Prioritäten, er wollte seinen Olympiasieg im Einer von London wiederholen. Darauf lag der Fokus, für den Zweier war keine Zeit geblieben. „Dass wir das in so kurzer Zeit hingekriegt haben, ist unglaublich, uns kam natürlich die Außenseiterrolle auch entgegen“, gestand Brendel gestern. Es war erst ihr zweiter gemeinsamer Start, zum ersten Mal testeten sie beim Weltcup in Racice/Tschechien. Die beiden haben den gleichen Druckpunkt. „Der Hintermann muss sich gut anpassen können und verstehen, was ich da vorne mache, außerdem sind wir gleich groß und haben dieselbe Schlaglänge“, erklärte Brendel, weshalb der Versuch vergoldet wurde. „Überwältigend. Wir wussten, dass wir schnell sind, aber ganz vorne, nein das war nicht abzusehen, jetzt freue mich auf die Siegerehrung und auf die Medaille“, sagte Jan Vandrey. Die beiden kommen aus Schwedt in der Uckermark, kannten sich schon lange, aber Brendel ist viel früher nach Potsdam ins Trainingszentrum losgezogen. Und Jan saß vor vier Jahren in der Heimat vor dem Fernseher, als Brendel damals in London im C1 Gold holte. „Natürlich denkt jeder Sportler mal in seinen Träumen an Gold, aber dieses hier wäre damals weit her geholt gewesen“, stellte Jan gestern klar.

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