Kultur Ein Bild des neuen Glaubens

Dürers Hommage an die Reformation: „Bildnis des Philipp Melanchthon“.
Dürers Hommage an die Reformation: »Bildnis des Philipp Melanchthon«.

Luther, Luther, nichts als Luther – im Reformationsjahr nicht ungewöhnlich, dass der Begründer des Protestantismus in seinen unterschiedlichsten Facetten umfassend gewürdigt wird. Auch in Nürnberg spielte der neue Glaube seinerzeit eine wichtige Rolle. Daran erinnert jetzt im Nürnberger Albrecht-Dürer-Haus die Ausstellung „Neuer Geist und neuer Glaube – Albrecht Dürer als Zeitzeuge der Reformation“.

Wild, rücksichtslos und mit ungeheurer Dynamik galoppieren die Krieger auf dem um 1497 entstandenen Holzschnitt von Albrecht Dürer über Figuren auf einem Feld. Immer wieder hat das bildgewaltige Blatt mit den vier apokalyptischen Reitern aus dem Zyklus zur Offenbarung des Johannes für Spekulationen gesorgt. „Da hat sich eigentlich immer hartnäckig das Gerücht gehalten, dass Dürer mit diesem Blatt – vor allem, aber auch mit allen anderen Blättern der Apokalypse – die Missstände in der Kirche anprangern wollte“, sagt der Leiter des Nürnberger Albrecht-Dürer-Hauses, Thomas Schauerte. Diese Arbeit kurzerhand zur glorreichen Vorgeschichte des Protestantismus zu erklären, sei jedoch allenfalls eine schöne Story, aber durch nichts belegbar, meint der Museumsmann. Dass Dürer trotz der Zweifel an der verbreiteten Deutung dieses frühen Werkes mit Luther sympathisierte – daran hat der Kunsthistoriker, der seine Erkenntnisse Tagebuchnotizen des Nürnbergers, Briefen und Aussagen von dessen Zeitzeugen verdankt, keinen Zweifel. 1517, als die Reformation beginnt, ist der Maler 46 Jahre alt und zeigt größtes Interesse an Glaubensfragen. Gut vernetzt in humanistischen Kreisen, ist er von der ersten Sekunde an ein begeisterter Anhänger der Reformation. Vor allem die Lehre Zwinglis hat es ihm zunächst angetan. Dürer besitzt aber auch Schriften von Luther und schickt ihm sogar ein paar seiner Kupferstiche. Der prominente Wittenberger lässt ihm dafür Dank ausrichten. Mehr nicht. Immerhin: In seiner Bibliothek besitzt der Reformator, der den Künstler wahrscheinlich bei einem Kurzaufenthalt in Nürnberg 1518 getroffen hat, ein jetzt präsentiertes Buch von ihm: „Underweysung der Messung, mit dem Zirkel und Richtscheyt“. Gegenüber Georg Spalatin, dem Beichtvater Friedrichs des Weisen, äußert der Nürnberger Meister in einem Brief sogar ausdrücklich den Wunsch, Luther auf einem Kupferstich zu verewigen. Dass dies nicht geklappt hat, ist bekannt. Da hatte Lukas Cranach, der dem Reformator viel näher stand, die Nase vorn und konnte mit seinen Porträts ganz maßgeblich das Bild Luthers prägen. Auch wenn Dürer nicht zum Zuge kam – die Entscheidung des Nürnberger Magistrates von 1525, zum evangelischen Glauben überzutreten, trug der Künstler als Mitglied des „Großen Rats“ der Stadt mit, in dem damals rund 250 Honoratioren vertreten waren. Den eigentlichen Beschluss fällte allerdings der Innere Rat, der nur aus wenigen Leuten bestand. Die auf zwei Stockwerke des Dürerhauses verteilten Arbeiten wurden vor allem nach religiösen Motiven ausgewählt. So sind etwa Heilige wie Hieronymus in verschiedenen Fassungen ebenso vertreten wie die Jungfrau Maria. Eine Federzeichnung vom letzten Abendmahl (1523) – eine Leihgabe der Albertina Wien – zeigt Christus überraschenderweise nicht in der Mitte, sondern am linken Rand der anwesenden Jüngergruppe: eine sehr seltene Darstellung, die von einem Sandsteinrelief in Sankt Sebald inspiriert ist, wo der Künstler getauft und getraut worden war. Die Forschung weiß, dass sich Dürer auch mit der Kelch-Kommunion für Laien beschäftigt hat. Der in der Grafik vor dem Heiland auf dem Tisch stehende Kelch scheint darauf hinzuweisen. Dass im Oeuvre des Malgenies vor der Reformation auch katholische, von den Protestanten freilich später abgelehnte Dogmen auftauchen, beweist in der Schau die sogenannte „Gregorsmesse“ (1511). Auf dem Holzschnitt erscheint der “Schmerzensmann“ am Altar einigen um Papst Gregor versammelten Leuten, der damit einer Zweiflerin, die nicht an die Transsubstantiation geglaubt hatte, die mystische Realpräsenz des Auferstandenen in Hostie und Wein beim Abendmahl anschaulich belegen kann. Ob die Begeisterung für den Protestantismus beim katholisch getauften Künstler am Ende seines Lebens anhielt oder einer eher skeptischen Einstellung wich, wie bei seinem Freund, dem Humanisten Willibald Pirchheimer, verrät die Ausstellung nicht und kann bis jetzt durch Dokumente wohl auch nicht bestätigt werden. 1526, zwei Jahre vor seinem Tod, porträtiert Albrecht Dürer den Weggefährten und Freund Martin Luthers, Philipp Melanchthon: eine eindeutige Hommage an den evangelischen Glauben. Die Ausstellung Bis zum 4. Oktober im Nürnberger Albrecht-Dürer-Haus. Weitere Infos unter www.albrecht-duerer-haus.de

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