Land und Leute Von kleinen Kartoffeln und großen Löchern

Die dicksten Kartoffeln haben den kleinsten Funkmast.
Die dicksten Kartoffeln haben den kleinsten Funkmast.

Was den Rhein-Pfalz-Kreis in dieser Woche beschäftigt hat. Kurioses, Abseitiges – und nicht ganz ernst Gemeintes aus den Dörfern.

1959: Knollentief

Eigentlich gilt es als unhöflich, jemanden nach seinem Alter zu fragen. Aber eigentlich ist es doch sehr interessant zu erfahren, wie alt jemand ist. Ob er nur so aussieht, oder tatsächlich schon so viele Jahre auf dem Buckel hat. Und deshalb lernen wir Journalisten bereits im Volontariat, dass wir unhöflich sein müssen. Es gibt Gesprächspartner, die zieren sich. Manche wollen ihr Alter gar nicht verraten. Und andere liefern gleich noch gut gelaunt interessante Fakten zu ihrem Geburtsjahr mit. Zu den Gutgelaunten gehört der Böhler Landwirt und Politiker Johannes Zehfuß. Er ist 1959 geboren, „ein goldener Weinjahrgang, aufgrund der damaligen Trockenheit gab es jedoch nur eine sehr geringe Kartoffelernte, dazu waren die Grumbeere auch noch sehr kleinknollig“, verrät er. Das ist natürlich erschreckend ehrlich für einen Landwirt, der Kartoffeln liebt. Ausgerechnet in seinem Geburtsjahr war es nix mit dem Knollensegen. Aber dann kam ja er, Johannes Zehfuß. Genauso wie übrigens Sönke Wortmann, Bryan Adams, Ralf Moeller und Emma Thompson. Die vier letztgenannten haben aber, glauben wir, eher nichts mit Grumbeere am Hut.

Das Jahr 1959 hat noch mehr ertragen müssen als ein Kartoffeltief: In Moskau kommt es zu einem Streitgespräch zwischen US-Vizepräsident Nixon und Chruschtschow in einer amerikanischen Musterküche. Die zweite Genfer Konferenz scheitert. Die DDR führt eine eigene Flagge ein. Es gibt keine große Final-Show zum Grand Prix im Fernsehen; die ARD erklärt einfach die Kessler-Zwillinge für den Titel „Heute abend woll’n wir tanzen geh’n“ zu Siegern. Der erste Teil der Buddenbrooks kommt in die Kinos. Und es endet die Übergangszeit für die Eingliederung des Saargebietes in die Bundesrepublik. Das Saarland ist damit offiziell und ganz vollständig (auch wirtschaftlich) Bundesland der Bundesrepublik. Mal ehrlich: Wie schlimm sind dann kleine Kartoffeln?

2024:Funkloch

Im Rhein-Pfalz-Kreis ist es grundsätzlich schön. Das Gemüse wächst und gedeiht. Und wenn von Ost-Frankreich nicht gerade eine Regenfront rübergeweht wird, ist auch das Wetter in der Regel super. Und doch muss man manchmal raus aus dem supersten Landkreis aller Landkreise. Zur Arbeit, zum Beispiel. Weshalb der Kreis ja auch als Speckgürtel von Ludwigshafen gilt. Oder der Liebe wegen, weil die superste Ehefrau von allen halt woanders arbeitet und Residenzpflicht hat. Die Zeit, die einem dann zum Beispiel im Auto geschenkt wird, kann man nutzen. Hörbuch hören, zum Beispiel. Oder telefonieren. Mit Freunden, der Familie oder der supersten Ehefrau von allen schon mal ankündigen, dass man auf dem Weg ist. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn die B9 erweist sich zunehmend als langgezogenstes Funkloch der Region. Was unfassbar ist. Denn schließlich führt sie nicht nur durch den supersten Landkreis aller Landkreise. Sie führt auch noch an Weltmetropolen wie Speyer vorbei. Doch scheinbar sprießt in der Vorderpfalz eben nur das Gemüse. Die Funkmasten scheinen eher noch zarte Pflänzchen zu sein, die begierig unter irgendeiner Folie darauf warten, zu voller Pracht zu gedeihen. In der Beziehung ist es eben noch nicht ganz so super im Rhein-Pfalz-Kreis. Aber das kann ja noch werden. Und Verbesserungspotenzial muss ja auch noch da sein. Es wäre schlimm, wenn alles schon perfekt wäre. Dann würden die anderen Landkreise, die eben nicht so super sind, total unter Minderwertigkeitskomplexen leiden. Das wollen wir nicht. Also heißt es: weiter Gas geben. Im Rahmen des Erlaubten auf der B9, damit man aus dem Funkloch kommt. Und im übertragenen Sinn, damit der Rhein-Pfalz-Kreis auch in Zukunft der wirklich superste Landkreis aller Landkreise bleibt.tc

Ein super Wochenende wünschen

Enzenauer und Treptow

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