Rhein-Pfalz Kreis Fundstücke erzählen Geschichte

LIMBURGERHOF. Durch einen Zeitzeugenaufruf in der RHEINPFALZ im vergangenen November hat Erik Wieman, damals noch ehrenamtlich für die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung tätig, innerhalb kurzer Zeit viel über den Absturz des Bombers und vor allem den genauen Ort und Ablauf des Geschehens herausgefunden. In der Nacht vom 5. auf 6. September 1943 war der britische Bomber, Typ Stirling, gegen 23 Uhr bereits brennend über dem Kohlhof aufgetaucht. Die siebenköpfige Besatzung war mit ihrer Maschine an dem verheerenden Luftangriff dieser Nacht beteiligt, bei dem weite Teile von Ludwigshafen und Mannheim zerstört wurden. Bei Limburgerhof geriet die tief fliegende Maschine erneut unter Beschuss, zerbrach und stürzte ab. Alle Insassen kamen ums Leben. Sie wurden zunächst auf dem Limburgerhofer Friedhof bestattet, später zu einer Kriegsgräberstätte im niederrheinischen Rheinberg überführt. Schon im Januar wusste Wieman eine Menge über die Besatzung, hatte Teile der Maschine gefunden und Kontakt zu Angehörigen in England und Neuseeland aufgenommen (wir berichteten am 13. Januar). Wieman beantragte daraufhin beim Landesdenkmalamt eine Nachforschungsgenehmigung für das Gelände. Denn – das stellt der gebürtige Niederländer, der seit vielen Jahren in Waldsee lebt, klar – die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden ist für ihn Voraussetzung, „da gibt es viel zu beachten und das soll alles seine Ordnung haben.“ Wieman ist inzwischen nicht mehr bei der AG Vermisstenforschung. Er hat im April mit dem Schifferstadter Peter Berkel die Interessengemeinschaft (IG) Heimatforschung Rheinland-Pfalz gegründet, nach seinen Angaben „ein Netzwerk aus Historikern und Heimatforschern, die ehrenamtlich für die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) beziehungsweise die Denkmalbehörde tätig sind“. Und das, wie er anmerkt, „aus der Luft, an Land und unter Wasser“. Zu der IG gehört auch Sportpilot Ingo Stumpf, aus dessen Flugzeug heraus Wieman die Absturzstelle aus der Luft untersuchen und fotografieren konnte. Denn: „Aus der Luft machen sich Bodeneingriffe wie Abstürze oft gut durch Bodenverfärbungen oder Besuchsmerkmale bemerkbar.“ Das sei auch beim Kohlhof so gewesen. Zurück auf die feste Erde: Das Landesdenkmalamt erteilte den Heimatforschern die Genehmigung, für die Dauer von zwei Monaten eine Oberflächensondierung der Absturzstelle vorzunehmen. Es konnte losgehen. Wieman und seine Mitstreiter rückten mit ihren Metalldetektoren an. Dann die Überraschung: „Dieses Gebiet, dieser Acker, war voller Geschichte!“ Wieman zählt auf, was unter anderem als „Beifang“ auftauchte: „römische Münzen, 56 Musketenkugeln, vorgeschichtliche und neuzeitliche Keramik...“. Das sei immer wieder faszinierend, meint er: „Man sieht im ersten Augenblick nichts, aber sie sind da, die stillen Zeugen der Vergangenheit.“ Aber zunächst ging es ja um den britischen Bomber. Der Detektor habe gar nicht mehr aufgehört, Signale zu produzieren, berichtet Wieman: „Alles lag sprichwörtlich voll“, mit teilweise kleinsten Flugzeugteilchen aus Metall und Aluminium, Plastik und Gummi, auch Elektronikteile, Stoffreste „und massenweise Munitionsreste.“ Und ein Knochenstück. Rund 2000 Teile waren es am Ende. Nicht alle waren ungefährlich, berichten die IG-Mitglieder. Einige Munitionsfunde mussten vom Kampfmittelräumdienst Worms abgeholt und entsorgt werden. Alle Funde, inzwischen gereinigt, sortiert und identifiziert, werden nach Wiemans Angaben durch das GDKE gesichtet und untersucht. Ebenso wichtig wie die Bergung von Überresten ist den Heimatforschern der Kontakt zu Nachfahren der Absturzopfer. Bereits im Januar wussten Wieman und Co., dass eines der Besatzungsmitglieder der Bombenschütze Reginald Renton war, und sie hatten seine Tochter in Yorkshire ausfindig gemacht. Deren Freude und Rührung, endlich etwas über die Umstände zu erfahren, unter denen ihr Vater ums Leben gekommen war, war groß. „Wir freuen uns, die Nachfahren jetzt umfangreich informieren zu können über das, was am Kohlhof in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1943 geschehen ist“, betont Wieman. Am 6. November, wenn in Großbritannien am „Rememberance Day“ der Toten der Kriege gedacht wird, wird der Waldseer nach eigenen Angaben auf Einladung der dortigen Gemeinde in der Nähe von Harrogate bei einem Gottesdienst einige Fundstücke an die Nachfahren von Sergeant Renton überreichen. Nächstes Ziel: an der Absturzstelle bei Limburgerhof einen Gedenkstein errichten. Dort wächst und gedeiht es derweil wieder. Denn als die Genehmigung zur Oberflächensondierung abgelaufen ist, hat der dortige Landwirt den Acker wieder eingesät, sagt Wieman. Kontakt Die Interessengemeinschaft Heimatforschung nimmt Hinweise auf Absturzstellen oder andere geschichtliche Zeugnisse sowie Zeitzeugenberichte entgegen: Erik Wieman, Telefon 06236/55152, mobil 0173/8241746, E-Mail erik.wieman@gmail.com , oder Peter Berkel, Telefon 06235/4554748, mobil 0170/1415798, E-Mail peter.berkel@gmx.de.

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