Donnersbergkreis Kirchheimbolanden: Borg Warner Turbo Systems will 3,7 Millionen Euro investieren

Im neuen Bürogebäude der Borg Warner Turbo Systems Engineering GmbH finden 150 Mitarbeiter auf 1600 Quadratmetern Platz. Darin g
Im neuen Bürogebäude der Borg Warner Turbo Systems Engineering GmbH finden 150 Mitarbeiter auf 1600 Quadratmetern Platz. Darin gibt es auch einen großen Schulungsbereich. Auf dem Gelände davor soll noch eine kleine Halle errichtet werden.

„Wir sind dynamisch. Diese Dynamik wollen die Menschen auch. Das ist eine große Stärke der Engineering.“ Hajo Retzlaff weiß, dass Stillstand in einem Entwicklungszentrum schlecht ist. Natürlich auch in dem des US-amerikanischen Automobilzulieferers Borg Warner in Kirchheimbolanden. „Die Dynamik in diesem Umfeld ist sehr groß, da kann man auch sehr schnell abgehängt werden“, sagt der Personaldirektor Globale Entwicklung und einer der Geschäftsführer der Borg Warner Turbo Systems Engineering GmbH. Genau deswegen seien innovative, technisch sehr versierte Leute in dem Unternehmen auch so wichtig. „Wir müssen aber auch ständig die Technik auf dem Schirm haben, müssen den Markt im Blick haben, um nächste Innovationen mit zu entwickeln“, ergänzt Jochen Metzger, ebenfalls Geschäftsführer der Turbo Systems Engineering GmbH bei Borg Warner. Und es sind auch Investitionen notwendig. 4,3 Millionen Euro waren es 2016. Zum größten Teil in das neue Gebäude auf dem Kirchheimbolander Campus (wir berichteten), in dem auf 1600 Quadratmeter 150 Mitarbeiter Platz finden und in dem es außerdem einen großen Schulungsbereich gibt. Aber auch in neue Prüfstände wurde investiert. Denn nicht nur Turbolader werden bei Engineering entwickelt, sondern auch Prüfkammern, in denen Lader weiterentwickelt werden können. „Wir verstehen uns zwar als Entwickler für Turbolader“, sagt Metzger – ergänzt eben aber auch: „Aber dafür braucht man Equipment. Und wenn es das nicht auf dem Markt gibt, muss man etwas entwickeln.“ So habe es beispielsweise einen Reibleistungsprüfstand nicht in der „Qualität gegeben, wie wir ihn brauchen. Deswegen haben wir selbst einen entwickelt.“ Reibung, Aerodynamik, Thermodynamik, Lagerung – das sind Begriffe, mit denen sich die Entwickler in der Kleinen Residenz beschäftigen. So sollen Turbolader noch effizienter werden. Auch die Akustik ist ein großes Thema. Es wurde extra eine akustische Brennkammer installiert. „Damit können wir schon in einem frühen Entwicklungsstadium eine entscheidende Bewertung machen – nicht erst, wenn der Turbolader im Auto eingebaut ist“, erläutert Metzger. Viel Schweiß habe in der Vergangenheit der E-Booster gekostet. „Es ist ein großes Ding, auf das wir sehr stolz sind“, so der Geschäftsführer. Wie mehrfach berichtet, ergänzt der elektrisch angetriebene Verdichter einen Turbolader und sorgt für verbesserte Kraftstoffeffizienz und Drehmomententfaltung im unteren Drehzahlbereich. Zudem soll das System punktgenau den benötigten Ladedruck ohne wahrnehmbares Turboloch liefern. Im Dezember startete dann auch in Kirchheimbolanden im Borg-Warner-Werk die Serienproduktion. Eingesetzt wird er nun im neuesten 3,0-Liter-Benzinmotor von Daimler. Hier soll das Zusammenspiel von E-Booster und Auto noch weiter verbessert werden. „Es geht darum, ihn noch effizienter zu machen, das Ansprechverhalten noch weiter zu verbessern, und natürlich sind auch die Kosten immer ein großes Thema“, erläutert Metzger. 2017 sollen 3,7 Millionen Euro am Entwicklungszentrum in Kirchheimbolanden investiert werden. Geplant sei unter anderem eine kleine Halle in dem Bereich, in dem sich die Container befanden. Dort sollen Prüfstand-Motoren und Equipment gelagert werden. Prüfstände sollen weiter modernisiert werden und auch das Thema Energie spielt eine große Rolle. „Wir haben uns für ein neues Energierückgewinnungssystem entschieden“, berichtet Retzlaff. So soll künftig die Abwärme der Kompressorenanlagen genutzt und damit zwei Gebäude beheizt werden. „Das ist wie eine Fernwärmeanlage“, erklärt Geschäftsführer Metzger. Auch wurden neue Kamine für die Brennkammer-Prüfstände angeschafft, die höheren Abgastemperaturen standhalten und für eine Lärmreduktion sorgen. Dann ist da noch ein weiteres ganz großes Thema: der E-Turbo. Es geht darum, die Lagerung des Turboladers um einen Elektromotor zu ergänzen. Dieser kann dann je nach Anforderung den Turbolader transient unterstützen oder überschüssige Rotationsenergie in Form von elektrischer Leistung ins Fahrzeug zurückspeisen. Ein Elektromotor direkt neben einer glühenden Turbine stellt jedoch auch eine große Herausforderung für unsere Ingenieure dar, erzählt Metzger. Die Bewertung von Herstellkosten gegenüber Kundennutzen sei hier von großer Wichtigkeit. Für einen solchen E-Turbo werden noch einige Simulationen notwendig sein. Auch in diese Richtung habe sich in der Vergangenheit einiges verändert. „Früher wurde mehr getestet, heute wird mehr simuliert“, berichtet Retzlaff. Auch die Entwicklungszyklen seien deutlich kürzer als früher. Und die Qualifikationen der Mitarbeiter – mehr als 450 sind in der Engineering in Kirchheimbolanden beschäftigt – haben sich mit der Zeit verändert. Weltweit gibt es rund 1200 Mitarbeiter, die bei Borg Warner Turbo Systems mit Entwicklung beschäftigt sind, sagt Retzlaff. „Man muss schauen, dass wir die richtigen Experten zur richtigen Zeit am richtigen Ort haben“, so der Personaldirektor und Geschäftsführer. Genau das macht für Metzger aber einen solchen Job auch so interessant. „Derzeit ist zum Beispiel der Bereich Elektrotechnik interessant. Dieses Wissen brauchte man früher in einem Turbolader nicht in diesem Ausmaß“, sagt der Personalgeschäftsführer. Grundsätzlich brauche man eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Leuten. Bei der Engineering in Kirchheimbolanden seien im Jahr auch rund 80 Studenten beschäftigt. „Ein guter Teil davon schreibt seine Master- oder Bachelorarbeit bei uns, ein enormes Potenzial mit Blick in die Zukunft“, meint Retzlaff. Die Truppe in Kirchheimbolanden sei international gemischt. „Sie ist auch von der Grundeinstellung her bereit, international zu arbeiten. Das ist sehr positiv für uns“, erzählt Metzger. Einsätze an anderen Borg-Warner-Standorten von China bis in die USA seien da auch möglich. „Das macht aber die Arbeit für unsere Mitarbeiter auch interessant.“ Entstanden ist in Kirchheimbolanden auch ein spezielles Engineering Trainee-Programm. Master-Studenten durchlaufen zwei Jahre lang verschiedene Bereiche in der Entwicklung und arbeiten aktiv an Projekten mit. So bekommen sie nicht nur einen Einblick in die Welt der Entwicklung bei Borg Warner in Kirchheimbolanden, sondern lernen in zwei längeren Auslandseinsätzen auch andere Standorte des Unternehmens kennen. „Diese Leute haben eine maßgeschneiderte Qualifikation und damit beste Aussichten bei uns. Dieses Programm ist hier entstanden und wird nun auf andere Borg-Warner-Standorte ausgerollt“, sagt Retzlaff. Dazu noch die eigene Turboakademie, in der Mitarbeiter spezielle Trainings erhalten, „die es nirgends zu kaufen gibt“. Auch das ist für den Personaldirektor und Geschäftsführer eine Form von Entwicklung. „In unserem Bereich ist Stillstand eben das Ende.“ Umso besser, wenn man dann eine dynamische Mannschaft habe. „Der muss man dann aber auch die Möglichkeit geben, sich ein stückweit zu verwirklichen, auch auszutoben. Gute Ideen brauchen auch Freiraum“, weiß Hajo Retzlaff.

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