Donnersbergkreis Eine Kämpferin rockt das Schloss

Sie kann es noch, das bewies Anastacia eindrucksvoll den Da-capo-Besuchern in Alzey.
Sie kann es noch, das bewies Anastacia eindrucksvoll den Da-capo-Besuchern in Alzey.

«ALZEY.»Kann Sie es noch? Die bange Frage beim Kauf der 60 Euro teuren Karten wurde am Freitagabend um 21.20 Uhr im Alzeyer Schlosshof eindrucksvoll beantwortet: Yes, she can!

Anastacia, inzwischen 49 Jahre alt, vor vier Jahren das zweite Mal schwer an Krebs erkrankt, hatte ihre größten Erfolge in den 2000er Jahren. Jetzt tingelt sie durch die deutsche Provinz, spielt in Stadthallen und Freibädern. Da darf man schon mal fragen: Kann sie es noch? Wuchtige Trommelschläge beenden das Grübeln, Anastacia kommt auf die Bühne, und alles ist da: die Frau, die Power und diese tolle rauchige Stimme! Die hat nichts von ihrer Kraft verloren. Fehlende Luft in den Höhen, zu wenig Volumen in den Tiefen? Fehlanzeige, wie „Stupid little things“ beweist, der letzte größere Hit von ihrem 2014 erschienenen Album „Resurrection“ (Wiederauferstehung). Womit wir beim zentralen Thema dieser Künstlerin wären: Ein chronisches Darmleiden, zwei mal Krebs – da bleiben andere liegen. Anastacia steht wieder auf und singt: „Ein Teil von mir ist klüger, ein Teil von mir ist stärker, ein Teil von mir ist ein Kämpfer“, so der Refrain im ersten Stück „Army of me“. Und diese Kämpferin präsentierte sich in Alzey sehr sympathisch. Nach den ersten drei Stücken hatte sie die 1500 Besucher im ausverkauften Schlosshof längst im Griff und fand Zeit für ein kleines Schwätzchen. „Weißt Du, wie ich heiße?“, fragte sie eine Neunjährige, die noch nicht auf der Welt war, als Anastacia mit ihrem Debut-Album „Not that Kind“ (2000) ihren Durchbruch hatte. Als das Mädchen ihren Namen ruft, bedankt sich die Sängerin bei Mutter („Thank you Mum!“) und Großmutter, dass die ihren Namen nicht vergessen haben. Stattdessen hatte die aus Chicago stammende Künstlerin vergessen, dass ihre Vorgruppe „I am Astronaut“ aus vier Jungs aus Mannheim und dem Saarland besteht und sich stattdessen bei den „nice girls“ bedankt. Das Publikum sah es ihr nach. Auch dass die Da-capo-Besucher erst mit 45 Minuten Verspätung vor die Bühne durften, weil das Management kurzfristig entschieden hatte, dass aus Sicherheitsgründen keine Getränke in Gläsern und Glasflaschen verkauft werden durften und die Veranstalter noch schnell tausende Plastikbecher organisieren mussten, tat der guten Stimmung bei den angereisten Fans keinen Abbruch. Denn die gerade mal 1,57 Meter messende Sängerin zeigte, dass sie immer noch zu den Großen gehört und lieferte ein perfektes Konzert ab. Mit ihren Hits „Sick and tired“, „Left outside alone“ (beide 2004) und „Paid my dues“ (2001) brachte sie die Besucher zum Tanzen. Die für Anastacia so typische Mischung aus Soul, Pop und Rock, die sie selbst einmal als „Sprock“ bezeichnet hat, geht unweigerlich in die Beine und Hüften. Aber auch bei den ruhigen Balladen im Mittelteil – Anastacia hatte das Glitzerjackett inzwischen gegen ein schwarz-rotes Kleid getauscht – kam ihre raue und gleichzeitig warme Stimme voll zur Geltung. Da Eros Ramazotti bei dem Schmachtfetzen „I belong to you“ als Duettpartner fehlte, bekam die italienische Backgroundsängerin Maria ihren großen Auftritt – und sehr viel Beifall. Mitte September erscheint Anastacias neues Album „Evolution“. Wie die Single-Auskoppelung „Caught in the middle“ zeigt, bleibt sie dabei ihrem „Sprock“-Stil treu. Warum sie damit in vielen europäischen Ländern weiterhin erfolgreich ist, aber nicht in ihrer Heimat USA, ist ein Rätsel. Folgerichtig, dass Anastacia in diesem Jahr 93 Konzerte in ganz Europa spielt, teilweise jeden zweiten Tag in einer anderen Stadt auftritt. Um das durchzuhalten, muss man schon eine Kämpferin sein. Weitere Konzerte: Hanau, 8. August. Troisdorf, 11. August. Nutzer der kostenlosen Anastacia-App können sich drei Titel für die Konzerte wünschen.

x