Kaiserslautern Wenn der Virus Tonnen wiegt

Ihre Arbeit nimmt Konturen an: Michaela Biet arbeitet im Steinbruch Picard.
Ihre Arbeit nimmt Konturen an: Michaela Biet arbeitet im Steinbruch Picard.

Sie liebt organische Formen. Doch der Stoff heißt Marmor, Granit und aktuell Sandstein, um sie zu erschaffen. Wie passt das zusammen? Im Schweinstaler Steinbruch des Natursteinwerkes Picard beantwortet Michaela Biet diese und ähnliche Fragen. Denn dort nimmt sie am 11. Symposium des Vereins Skulpturen Rheinland-Pfalz teil. Für die RHEINPFALZ ließ sie sich ein wenig ausfragen.

Der Virus, bekannt als eine ansteckende Winzigkeit im Milliardstel Messbereich, zählt zu den Mikroorganismen in lebenden Zellen und ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Diesen „Zustand“ kehrt die Künstlerin gerade um. Und zwar drastisch. Genau genommen in drei gewichtige Tonnen. Eine Masse, die als rötlich glatter Quader von 130 auf 130 auf 130 Zentimeter Volumen begann. Die dornen- oder stachelartigen Gebilde rund um die kugelförmige Grundform stellt Michaela Biet ähnlich wie Spikes aus Stahl her. Im bildhauerischen Fall dienen sie weniger der Anheftung an eine Wirtszelle als vielmehr der Form als solcher. Nebenbei dienen einige als dreibeiniges Podest, das die Skulptur erstens vom Boden abhebt und zweitens tragen soll. Mittlerweile sind für den Besucher vor Ort die Konturen des Gebildes gut zu erkennen. Zwischen frisch gesägten, gekerbten und gemeißelten Rasterstrukturen blieben mehrere Kreisflächen von der glatten Außenhaut des Quaders übrig. An diesen Stellen dockt die Künstlerin die extra angefertigten Stahlspitzen an und zwar trinkbechertief in den Stein. Zusätzlich erfolgt mittig eine Bohrung, die samt Dübel und Spezialkleber tief ins Mark des Gesteines geht. Noch sei die Konstruktion Theorie, so die gebürtige Augsburgerin, „doch hier im Betrieb sind sicher Menschen, die gute Ideen haben.“ Bis dahin geht es mit Meißel, Spitzeisen und Hammer weiter an der Oberfläche. Biet liebt diese reliefartigen Spuren ihres Tuns. „Zumal jetzt das Arbeiten beginnt richtig Spaß zu machen, weil die Form steht.“ Die Idee zur Virusfigur kam eher zufällig zu ihr. „Ich fand das Gebilde in einem Fachmagazin spannend, nicht zuletzt der aggressiven Spitzen wegen.“ Allerdings sind derlei Assoziationen nicht Biets Thema. Ihr geht es stets um die Form an sich, um das Formale, um das Formulieren mit Linien, Flächen, Konturen und Strukturen. Etwa einmal im Jahr gönnt sich die Bildhauerin ein Symposium. Natürlich wegen der Distanz zum üblichen Alltag, wegen gemeinsamen Arbeitens und Dranbleibens am Werk. Schon als Kind träumte sie von einem Künstlerleben, probierte erst eine Lehramtsausbildung, die nicht funktionierte. Biet brach ab, studierte Kunst und lebt nun ihren Traumberuf. Sie startete mit Malerei und endete im Bildhauerbereich: „Es ist das dreidimensionale Sehen und Denken, es ist der Widerstand gegen harte Materialen, die das Arbeiten mit Stahl und Stein so interessant machen.“ Noch konnte Biet ihren temporären Wohn- und Arbeitsort nicht näher erkunden. Doch der Wald rundum birgt für sie Vertrautes: „Ähnlich idyllisch wie Zuhause in der Fränkischen Schweiz bei Nürnberg.“ Übrigens – auch Michaela Biet bewarb sich wie Ekkehard Neumann (wir berichteten am 10. Juni) auf Empfehlung. Peter Brauchle gab sie ihr. Er hinterließ 2013 diese wunderbare „Lebensscheibe“, die in Eulenbis einen Standort fand. Apropos Standort. Erstmals ist es dem Verein bisher nicht gelungen, für alle einen Standorte zu finden. Daher der Appell: Wer Flächen kennt, die mit Kunst im öffentlichen Raum bestückt werden können, möge sich melden unter der Telefonnummer 06307-337.

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