Kaiserslautern Wenn der Sommer vorbeischwebt

Zusammen Catgut & Steel: Guido Allgaier und Joe Reitz.
Zusammen Catgut & Steel: Guido Allgaier und Joe Reitz.

Ein Mittwochabend im leider nur mäßig besuchten Cotton Club der Kammgarn. Dabei sollte es doch eine hörenswerte Nacht mit vier Saitenkünstlern der Akustikgitarre werden. Die beiden Duos Catgut & Steel sowie Magic Acoustic Guitars erspielten sich die in wunderbar stimmungsvolles Licht getauchte Bühne.

Den Beginn und den Part der Einstimmung übernehmen die ortsbekannten Gitarristen Guido Allgaier (Nylonsaiten-Gitarre) und Joe Reitz (Stahlsaiten-Gitarre). Die beiden beherrschen ihr Handwerk, gehören sie doch zur Kernbesetzung der Kammgarn-Reihe „Nuit de la Chanson“. Als Ergebnis einer Session haben sie sich dann als Duo zusammengefunden und frönen altbekanntem Liedgut – Zitat: „Weil wir so schön alt sind!“ – von Pop bis Jazz, selbstverständlich genreübergreifend. Die stahlbewehrte Gitarre von Reitz übernimmt durchgängig den Rhythmuspart. Mit verlässlicher und stoischer Ruhe lässt er das Plektrum der rechten Anschlaghand akzentuiert über die Saiten fliegen. Ganz anders die Nylonsaiten von Allgaier. In vornehm-lässigen Sitz eines Flamencospielers wird zelebriert, dass man auf der Klassikgitarre mehr als nur Arpeggien spielen kann. Da wird gedehnt, gezogen was das Zeug hält, um dann in rasanten Fingerläufen auf dem Griffbrett hin und her zu hüpfen. Manchmal leider zu schnell und daher unsauber im Ton. In einigen Stücken, so auch in „Time After Time“, war die schöne Melodielinie leider zu leise, weil vom Bassgroove der Steelstring übertönt. Zum Schluss wurde „House Of The Rising Sun“ mit feinem Solo und gesanglicher Unterstützung von Pauline Ngoc interpretiert. Eine Zugabe. Kurze Umbaupause und Bühne frei für den zweiten Teil des Abends, das Duo Magic Acoustic Guitar. Der Nylon-Zupfer sitzt, der Stahlsaiten-Beschwörer steht in lässigem Anzug mit Hut daneben. Und schon fliegen die ersten Töne mit wunderbarem Tonansatz. Voller Leichtigkeit und sehr überzeugend werden da Rock-Pop-Klassiker (Dire Straits) oder Nuevo Flamenco (Ottmar Liebert) rausgehauen. Da sitzt jeder Ton, und der rhythmische Begleitteppich aus Flamenco-Anschlag und perkussiven Klopfelementen von Roland Palatzky (Flamenco-Gitarre) bietet den profunden Nährboden dafür. Das ermutigt seinen Kollegen Matthias Waßer (Stahlsaiten-Gitarre) sogar zu Soloausflügen, die bis über das Schallloch hinausreichen, was eine besondere Konstruktion des filigran verlängerten Griffbretts hier erlaubt (ein Modell des australischen Gitarrenbauers Maton). Zwischen den Stücken gibt es nur kurze Ansagen, die beiden Musiker scheinen ihren Fingern möglichst wenig Raum abseits der Saiten zu gönnen. Der Jazzklassiker für Klavier „Georgia Brown“ wird im Gypsy-Swing-Stil auf zwölf Saiten dargeboten und vom Solisten eloquent und mit einem ansteckenden Lächeln an die Hörer „verkauft“. Und wenn man meint, da kommt der wohlbekannte „Englishman“ (Sting) einfach so in die Gehörgänge geschlurft, dann wird man schon nach den ersten Takten überrascht von der einfalls- und nuancenreichen Spielart des Stahlsaiten-Tänzers. Als Sahnehäubchen werden noch wunderbar strahlend-schwebende Flageoletttöne draufgepackt. Solche Momente sind ein Aha-Erlebnis nicht nur für Instrumentalisten, sondern gerade auch für interessiertes Publikum, das auch auf schöne Melodien aus ist. Spätestens an dieser Stelle wird offenbar, warum dieses leidenschaftlich spielende Duo als Künstler des Jahres 2014 in der Sparte Instrumentalmusik ausgezeichnet wurde. Die beiden Könner an den Saiten haben an diesem Abend einen Faible für die schnelleren, beschwingten Titel und verwandeln selbst das klassische „Rondo alla turca“ (Mozart) in ein Gypsy-Stück mit schwindelerregendem Endspurt. Da bleibt einem schon als Zuhörer fast die Puste weg. Doch sie können auch anders, wie die selbstkomponierte Ballade hörbar macht. Da schwebt der vergangene Sommer förmlich vorbei. In einer weiteren Eigenkomposition, „Daddy’s Girl“, tänzelt vor dem geistigen Auge eine Tochter des Gitarristen leichtfüßig vorbei, um im nächsten Moment mit unerwarteten Kapriolen aufzuwarten. Die gelungene musikalische Umsetzung von kindlicher Unbekümmertheit und spontanem Tatendrang. Doch dann kommt sie wieder zurück die „akustische Gitarrenpower“ wie das Duo selbst diese Musik bezeichnet. Als Paradebeispiel dafür präsentieren sie „Diablo rojo“ (Roter Teufel), ein fantastisch-rhythmisiertes Stück (Rodrigo y Gabriela) der Nylonsaitengitarre mit Hochgeschwindigkeitsläufen auf den Stahlsaiten. Auch in den folgenden Stücken exakt perlende Tonkaskaden und irre spieltechnische Elemente im Stil von Al di Meola. An diesem Abend haben die Finger des Duos Magic Acoustic Guitar mal wieder Bestleistungen vollbracht. Herausragend!

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