Kaiserslautern Mit der Kraft eines Elefanten

Verlangt seinen Musikern alles ab: Dirigent Bernd Jörg mit seiner Bigband Straight Ahead auf der Volksparkbühne.
Verlangt seinen Musikern alles ab: Dirigent Bernd Jörg mit seiner Bigband Straight Ahead auf der Volksparkbühne.

Die Elefanten sind zurück. Lange Zeit galt Bigband-Jazz bei jungen Leuten im Vergleich zur Rockmusik als Opa-Musik. Aber seit Robbie Williams und Roger Cicero sich von einer Bigband begleiten ließen, ist die Klangkraft eines Orchesters wieder gefragt. Straight Ahead, die Bigband der Musikschule Südwest-Pfalz, bot sie am Mittwochabend im Volkspark in Kompaniestärke – und mit der Kraft eines Elefanten.

Statt einer Batterie von Verstärkern und Lautsprechern präsentiert diese Band unter Leitung von Bernd Jörg auch im 30. Jahr ihres Bestehens immer noch lebendige Musik auf der Bühne. Gut abgehangener Bigband-Jazz war das – wie ein argentinisches Rindersteak. Das hatte Swing, das hatte Drive, und der eigentlich für so schwerfällig gehaltene, große Klangkörper bewegte sich elegant und flexibel wie eine Katze. Die Musik lief ab wie ein Uhrwerk, und das mit großer Präzision. Der Bandleader Bernd Jörg machte keine Zugeständnisse an den Rock-Geist des Tages und verstand es gleichwohl, das große, viele Hunderte zählende Publikum anzusprechen und großorchestrale Arrangements zu bieten, denen niemand das Attribut „zeitgenössisch“ versagen konnte. So waren bereits die eingangs gespielten Titel „Hay Burner“ von Sammy Nestico und „Basie Straight Ahead“ von Count Basie (arrangiert von Sammy Nestico) voller ideenfunkelnder Überraschungen, voller Kontraste und unerwarteter Wendungen, die bei allem Bewusstsein dem Bigband-Mainstream harmonisch, melodisch, rhythmisch und auch technisch neue Welten erschlossen. Jörg verlangte seinen Musikern aber auch einiges ab. So reizte er die Palette der Trompeter, wie in „Welcome To The Jungle“, teilweise bis an die äußersten Grenzen. Auch glissandierten die Trompeten und Posaunen auf und ab, entweder ohne feste Zielnote oder sogar auf einem gehaltenen Ton, dass der Hörer Gänsehaut bekam. Dabei veränderten sich ständig die Klangfarbe und die Wirkung des Sounds durch die Wahl der Dämpfer. In Verbindung mit Growls, die einen rauen, ungestümen Sound brachten, und Shakes (einer wilderen Art des klassischen Trillers) erzeugte die Band somit einen unverwechselbaren, atemberaubenden Stil. Mit geschmeidiger Tongebung begeisterte die Saxophon-Sektion. Mehrfach von Beifall belohnt wurden vor allem die Soli von Christine Kupperoth mit ihrem bestechenden klaren und ungestümen Sound. Den Groove quasi einprogrammiert zu haben schien die Rhythmusgruppe, die dafür verantwortlich war, dass diese große Crew mit der Gelöstheit einer kleinen swingen konnte. Als großer Aussparer und rhythmischer Katalysator, mit dem Gespür für das richtige Tempo, motivierte Jörg seine Musiker, bestach aber auch immer wieder wie in Duke Ellingtons „C-Jam Blues“ (hier gespielt als Mambo) mit effektvollen, glissandoartigen Kadenzen bis hinauf in extreme Höhen. Durch extreme Ökonomie setzte Christoph Heber am Piano Akzente, er machte aber auch immer wieder mit intelligenten Akkordreihen auf sich aufmerksam. Genau wie Peter Schieler an der Gitarre. Mit Virtuosität trieben Volker Könnel am Schlagzeug und Dietmar Bäuerle nicht nur die Band immer wieder an, sondern auch sich selbst. Als Solisten profilieren konnten sich auch Sandra Resch mit ihrem wunderschönen Legato in der Ballade „Trinita“, Tim Stilgenbauer am Bariton-, Jürgen Peifer am Tenorsaxophon sowie Dirk Morgenstern an der Posaune. Der Leader wartete aber auch mit zwei ausgezeichneten Sängerinnen auf. In Titeln wie „Somebody Loves Me“ von George Gershwin oder „Mack The Knife“ bewies Claudia Hoffmann mit ihrer kraftvollen Stimme Jazzfeeling. Die Sensation aber war die erst 18-jährige Lisa Scharf. Bei Titeln wie „All Of Me“ oder „Superstition“ von Stevie Wonder (Arrangement Peter Herbolzheimer) begeisterte sie mit ihrer umwerfenden Stimme und der voluminösen, expressiven Härte. Die Entdeckung des Abends überhaupt, der eine große Zukunft bevorstehen kann. Der Beifall, auch für die ganze Band, wollte schier kein Ende nehmen.

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