Sport Hollywood? Nein, danke!

DFB-Pokalbotschafterin Katarina Witt. Wieso eigentlich?
DFB-Pokalbotschafterin Katarina Witt. Wieso eigentlich?

Interviewfrage vor dem DFB-Pokalfinale an Katarina Witt auf dfb.de: „Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie zu diesem großen Anlass tragen werden?“ – Antwort Witt: „Ob ich ein goldenes Kleid anziehen werde, weiß ich noch nicht. Das Schuhproblem ist aber gelöst: Es werden Turnschuhe. Mir haben auch alle davon abgeraten, mit höheren Schuhen über den Rasen zu gehen. Das wäre Quatsch.“ Quatsch? Ja, das wäre nicht nur, das ist Quatsch, ziemlich ausgereifter sogar! Allerdings weniger der „höheren Schuhe“ wegen. Sondern ... ja, wegen was eigentlich? Der Reihe nach. Das DFB-Pokalendspiel, seit 1985 in Berlin, ist ein Fest der Emotionen und der Ausgelassenheit. Der Fußball ist sich selbst genug. In jenen Stunden ist der Alltag fern. Beschwernisse werden verdeckt, beispielsweise von der schönen Choreo in der Frankfurter Fankurve. Übertönt von der Trash-Metal-Gruppe Tankard, die die Eintracht-Hymne „Schwarz-weiß wie Schnee“ ersonnen hat. Oder von der Mutter aller Fußballsongs: „You’ll Never Walk Alone!“ Und natürlich verdrängt vom Ballspiel der 22 auf dem Rasen. Aber eine Kleinigkeit hat gestört bei der 74. Auflage der Sause. Was? Wer? Die Fans in beiden Kurven haben es herausposaunt – einträchtig, offenbar abgestimmt, eindeutig: „Scheiß DFB!“ Das mag intellektuell unterkomplex daherkommen und in seiner Pauschalität unfair sein. Aber so sind sie halt, die Kuttenträger in den Kurven: Sie malen nicht pastell. Der DFB sollte dennoch hinhören, was er immerhin gestern angekündigt hat. Denn auch er folgt dem unseligen Trend der „Eventisierung“. Beispiele dafür, das erste: Die frühere Eiskunstläuferin Katarina Witt ist zur DFB-Pokalbotschafterin ernannt worden. Was soll das? Als hätte das Finale ein Vermarktungsproblem. Die schlichte Pokalübergabe im Berliner Rathaus wurde in der öffentlichen Darstellung des DFB zum „Cup Handover“ hochgejazzt. Geht’s noch? Die treffende Antwort der Fans im Olympia-Stadion: Sie haben die Vorstellung der Witt und das Interview mit ihr nicht einmal ignoriert. Zu verstehen war nichts, die Worte gingen unter im Gesang des Anhangs. Ein Show-Act um der Show willen – und einer für die Katz’. Das zweite: Helene Fischer. Gut möglich, dass sie diesen Abend so schnell nicht vergessen wird. Das Pfeifkonzert war gellend atemlos. Böse Zungen behaupten, das Fernsehen habe die Außenmikrofone heruntergeregelt, auf dass der Unmut nicht gar so krass in die Wohnstuben drängen möge. Wie auch immer, der Fischer-Act kam gar nicht gut an. Mag sein, dass derartige Einlagen bei US-Sportveranstaltungen üblich sind. Aber muss Europa denn jeden US-Mist kopieren? Der DFB-Pokal strahlt aus eigener Kraft. Er braucht die matten C-Promis nicht. Und vor allem braucht er die „Hollywoodisierung“ nicht. Ach, ja – dann wäre noch zu klären: Was hat die Witt denn nun zum „großen Anlass“ getragen? Ganz ehrlich, keine Ahnung. Ist auch so wichtig wie der Sack Reis in China …

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