Tradition Stiller Feiertag: Sind die Karfreitags-Verbote aus der Zeit gefallen?

Stein des Anstoßes: Die Jesus-Satire „Das Leben des Brian“ bekam 1980 keine Feiertagsfreigabe fürs Fernsehen.
Stein des Anstoßes: Die Jesus-Satire »Das Leben des Brian« bekam 1980 keine Feiertagsfreigabe fürs Fernsehen.

Weniger als die Hälfte der Deutschen bekennt sich zum christlichen Glauben. Dennoch gelten an Karfreitag weiterhin Verbote. Das gefällt nicht allen.

Der Karfreitag ist einer der umstrittensten Feiertage. Für viele ist er einer der wichtigsten Gedenktage des Jahres, an dem des Leidens und Sterbens Jesu gedacht wird. Für andere ist es ein Tag nicht mehr zeitgemäßer Verbote, denn nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands ist christlich.

Sonn- und Feiertage sind in Deutschland als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ geschützt. Daher bleiben in der Regel Geschäfte geschlossen. Eine besondere Variante sind die sogenannten stillen Feiertage wie der Karfreitag, für die es meist strenge Vorschriften gibt. Was genau an Karfreitag gilt, definieren die jeweiligen Bundesländer.

Flickenteppich Bundesländer

In Bayern beispielsweise sind Sportveranstaltungen sowie „musikalische Darbietungen jeder Art in Räumen mit Schankbetrieb“ verboten, teilte das Landesinnenministerium mit. Öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen seien nur erlaubt, „wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“. Auch anderweitig dürfe die Feiertagsruhe nicht gestört werden, vor allem in der Nähe von Kirchen. In vielen Bundesländern ist das ähnlich. In den Details unterscheiden sie sich aber oft deutlich. Ein Regelbruch kann in Bayern eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro einbringen. In Berlin werden Verstöße mit maximal 1000 Euro Strafe geahndet, in den meisten Fällen ist es jedoch deutlich weniger.

Große Unterschiede gibt es auch beim Tanzverbot. In Bayern gilt ein solches schon von Gründonnerstag bis hin zu Karsamstag durchgängig. Laut dem rheinland-pfälzischen Feiertagsgesetz sogar bis Ostersonntag. In Berlin wird das lockerer gehandhabt: Das Tanzverbot gilt nur von 4 Uhr morgens bis 21 Uhr an Karfreitag. Auch in Hamburg gibt es ein weniger strenges Tanzverbot, dieses Jahr wird es sogar noch weiter gelockert.

Tanzverbote treffen dennoch viele Clubs. Der Bundesverband deutscher Discotheken (BDT) ist prinzipiell gegen Tanzverbote: „Ein Tanzverbot greift in die unternehmerische Freiheit der Diskothekenbranche ein und zwingt sie, den Betrieb einzuschränken oder ganz niederzulegen, obwohl die Nachfrage besteht“, teilte der Verband mit. „Der BDT und die Club- und Diskothekenbranche positionieren sich ganz klar gegen ein Tanzverbot an Karfreitag.“ Es sei zudem nicht fair, dass es keine bundesweit einheitlichen Regelungen gebe.

Die Durchsetzung des Tanzverbotes werde durch stichprobenartige Kontrollen durch die Ordnungsämter durchgeführt, berichtet der BDT. Private Feiern fallen nicht grundsätzlich unter das Verbot, können aber je nach Lautstärke und je nach Bundeslandesregelung letztlich auch als Verstoß gegen die Feiertagsregeln gelten.

Film und Fernsehen

An stillen Feiertagen dürfen zudem im Kino bestimmte Filme nicht gezeigt werden. Für Fernsehen und Streamingdienste bestehen hingegen keine Beschränkungen, wie die Organisation Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) mitteilt. Die FSK entscheidet, welcher Film keine sogenannte Feiertagsfreigabe erhält. „Die Regelungen in den Landesgesetzen gehen zurück auf Bestimmungen aus der Weimarer Republik, stammen also aus einer Zeit, als Filme ausschließlich im Kino gesehen werden konnten“, teilte die FSK mit.

Dennoch habe sich seitdem viel geändert – an Filmen und Vorgaben. Während bis in die 70er Jahre über die Hälfte aller Kinospielfilme als „nicht feiertagsfrei“ eingestuft wurden, sei der Anteil seitdem kontinuierlich gesunken. Ab 2000 liegt der Anteil der Kinospielfilme ohne Feiertagsfreigabe teils unter einem Prozent. „2024 gab es bislang keinen Kinofilm ohne Feiertagsfreigabe“, teilte die FSK mit. 2023 habe von 643 geprüften Filmen nur einer („Evil Dead Rise“) keine Feiertagsfreigabe bekommen. Prominente Beispiele für Filme, die zuvor keine Freigabe bekamen, sind „Das Leben des Brian“ (1980) und „Die Ritter der Kokosnuss“ (1976).

In der Summe gilt: Es gibt viele Karfreitags-Regeln und vor allem je nach Bundesland verschiedene. Sind so viele komplizierte und ungleiche Regelungen noch zeitgemäß, gerade angesichts weiter sinkender Mitgliederzahlen in den christlichen Kirchen?

Für die Berliner Innensenatsverwaltung offenbar schon: Die Regeln entsprächen einer grundsätzlich christlichen Prägung, heißt es. Zudem würden die Interessen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen durch die zeitliche Beschränkung der Verbote sowie die Möglichkeit zu Ausnahmen berücksichtigt.

Das Innenministerium im stark christlich geprägten Bayern, in dem das Kruzifix in öffentlichen Gebäuden Pflicht ist, unterstreicht die Relevanz der Regeln. „Der Sonn- und Feiertagsschutz ist für die Bayerische Staatsregierung ein ganz wichtiges Anliegen“, teilte das Ministerium mit. Die Beschränkungen an den stillen Tagen seien verhältnismäßig.

Der Diskothekenverband sieht das anders. Er hält die ihn betreffenden Regeln „für nicht mehr zeitgemäß und ungerecht“. Und auch die FSK hält Filmverbote für aus der Zeit gefallen: „Aus heutiger Sicht ist die gesetzliche Beschränkung an stillen Feiertagen für Filme im Kino kaum noch nachvollziehbar.“

Die Bremer Osterwiese ist eines der größten Frühlingsfeste, am Karfreitag drehen sich aber keine Karussells.
Die Bremer Osterwiese ist eines der größten Frühlingsfeste, am Karfreitag drehen sich aber keine Karussells.
x