Kreis Germersheim Hühner auf Achse

Familie Schmitt und ihre mobile Hühner-Freilandhaltung: (von links) Dagmar, Georg, Carolin (mit Tochter Charlotte im Arm), Bernd
Familie Schmitt und ihre mobile Hühner-Freilandhaltung: (von links) Dagmar, Georg, Carolin (mit Tochter Charlotte im Arm), Bernd und Martha.

«LINGENFELD.» „Die Kundschaft verlangt nach Eiern von freilaufenden Hühnern“, sagt Landwirt Bernd Schmitt, während er sein neues „Hühnermobil“ zeigt. 260 Tiere tummeln sich in dem Stall oder davor auf dem mit einem Elektrozaun begrenzten Stück Land. Die Zeiten von DIN-A4-Blatt-großen Legebatterien sind in Deutschland zum Glück vorbei. Allerdings gibt es auch bei der Freilandhaltung große Unterschiede. Das lässt sich auf dem Hof der Familie Schmitt im Lingenfelder Schlittweg recht gut beobachten. Bislang hatten die Schmitts das Federvieh in einem konventionellen Hühnerhof untergebracht. Der zählt zwar auch als Freilandhaltung und tatsächlich haben die Tiere auch reichlich Platz, doch weil die Hühner immer auf dem gleichen Fleckchen Land unterwegs sind, wächst dort keine Pflanze mehr und auch zum Scharren gibt es nicht viel. Die Vögel, die die Schmitts im vergangenen Sommer bekommen haben, sehen ziemlich gerupft aus: „Die Hühner picken sich gegenseitig die Federn aus“, erklärt Bernd Schmitt, dessen Familie in der vierten Generation Landwirtschaft betreibt. Ein ganz anderes Bild bietet sich auf der Wiese einige Meter weiter. Hier stapfen Hühner mit vollem Gefieder durch sattes Grün. Damit es hier nicht bald so aussieht wie vor dem alten Stall, ziehen die Tiere regelmäßig um. Der Stall hat Räder und lässt sich an einen Traktor hängen. Einmal pro Woche versetzen die Schmitts ihn samt Elektrozaun an eine andere Stelle der rund ein Hektar großen Wiese. „Die Hühner haben auf diese Weise immer frisches Gras. Die Tiere sind robuster und weniger krankheitsanfällig“, sagt Bernd Schmitt. Außerdem könne sich die vorher genutzte Fläche erholen. „Diese Haltungsform ist tiergerechter“, ist Sohn Georg Schmitt, der seinen Vater in seiner Freizeit auf dem Hof unterstützt, sicher. In dem mobilen Stall, in den die Familie einen mittleren fünfstelligen Betrag investiert hat, leben die Schmitt’schen Hühner auf zwei gut durchlüfteten Stockwerken. Oben gibt es einen Wasserbehälter, mit ihren Schnäbeln können die Tiere Ventile öffnen und sich am kühlen Nass laben. Auf der anderen Seite des Stalls ist der Futtertrog. Stangen, auf denen das Federvieh nächtigen kann, gibt es ebenfalls. Kot fällt durch das Bodengitter auf ein Förderband darunter. Im Winkel unter dem schrägen Dach sind mit Dinkelspelz gefüllte Nester, in die die Hühner ihre Eier legen. Das Dach lässt sich an dieser Stelle aufklappen, sodass die Schmitts die Eier bequem von außen herausholen können. Im „Erdgeschoss“, das die Hühner durch zwei Öffnungen im Zwischenboden erreichen können, ist Platz und Material zum Scharren und Picken. Außerdem geht es hier über Klappen ins Freie. „Die Klappe schließt sich nachts automatisch“, erklärt Bernd Schmitt. „Der Stall ist so ausgelegt, dass er autark ist“, ergänzt Sohn Georg und zeigt auf das Fotovoltaikmodul auf dem Dach. Hier wird auch der Strom für die Beleuchtung und das Kot-Förderband produziert. Draußen gibt es weitere Annehmlichkeiten für die Tiere: zum Beispiel ein „Staubbad“ mit Sand und Gesteinsmehl, das ausgiebig genutzt wird. Unter halbrunden Wellblech-Elementen können die Hühner Schutz suchen, wenn zum Beispiel ein Habicht auftaucht. Raubvögel sind der Hauptgrund dafür, dass sieben Hähne als Aufpasser über die Hühner wachen. Die Hühnerschar für die mobile Freilandhaltung haben die Schmitts vor einigen Wochen bekommen. Zunächst legten die Tiere nur wenige und kleine Eier. Diese lässt die Familie zu Nudeln verarbeiten, die es auf dem Hof zu kaufen gibt. Mittlerweile produzieren die Hühner rund 230 Eier am Tag. Der alte Stall wird noch einige Monate weiter betrieben – solange die Hühner noch Eier legen – und dann geschlossen. Der Arbeitsaufwand für die Schmitts ist durch das Hühnermobil zwar gestiegen. Doch die Familie hofft, sich damit zusätzlich neue Käuferschichten zu erschließen, die auf artgerechte Tierhaltung Wert legen. Auch dass nur gentechnikfreies Futter verwendet wird, betont die Familie. Bio-Eier kann sie aber nicht anbieten. „Dazu müssten wir den gesamten Betrieb umstellen“, sagt Bernd Schmitt. Außer Eiern hat der Landwirt auch Kartoffeln und Gemüse im Angebot. Auch bei der Vermarktung dieser Produkte wollen die Schmitts zukünftig mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche der heutigen Kundschaft eingehen: Bald soll es auf dem Schmitt’schen Anwesen einen richtigen Hofladen geben. Ein großes Werbebanner am Ortseingang soll auf den Betrieb aufmerksam machen – ein weiterer Blickfang neben dem Stall auf Rädern.

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