Zweibrücken Zweibrückerin Lyrikerin performt am Vorabend der Berlinale

Die Ausnahme-Lyrikerin Monika Rinck, 1969 in Zweibrücken geboren, gab in der Berliner Volksbühne eine grandiose Performance.
Die Ausnahme-Lyrikerin Monika Rinck, 1969 in Zweibrücken geboren, gab in der Berliner Volksbühne eine grandiose Performance.

Mit einem Sprachfeuerwerk, in dem sie alle drei, vier Wörter zwischen Deutsch und Englisch wechselte, ohne Bruch in Satzmelodie und Rhythmus, gab die Ausnahme-Lyrikerin Monika Rinck, 1969 in Zweibrücken geboren, am Vortag der Berlinale in der Berliner Volksbühne eine grandiose Performance. Am Sonntag moderiert sie bei der Berlinale eine Podiumsdiskussion, wo es um Film, Sprache und Übersetzen geht. Das klassische Leben einer Dichterin ist das eigentlich nicht.

Sie war müde, am Mittwoch in der Volksbühne. Ihr Vortrag beim Verband der deutschen Filmkritik zum Thema „Intensivstation Kino – Bitte eine Dosis Schlingensief – oder warum mit braver Kunst die Welt nicht zu retten ist“ begann erst kurz vor 22 Uhr. Aber kaum stand sie am Mikro, war sie hellwach und verblüffte alle mit ihrem nahezu perfekten Englisch (sie war gerade mit einem Stipendium drei Monate in Los Angeles) bei ihrem „Prosagedicht“ (Rinck), das nur zufällig zweisprachig war. Die Vielbeschäftigte schaffte es nicht, das Manuskript so früh abzugeben, dass es andere für die Ausländer im Publikum ins Englische übersetzen konnten, deshalb beschloss sie, es von vornherein zweisprachig zu machen. Der Titel „Eine fahrende Seele im Durcheinander der Hereinversetzung/A Travelling Soul in the Muddle of Immersion“ klingt etwas sperrig, war jedoch eine wunderbare Assoziationssammlung zum Nachdenken über Sprache. Ein Beispiel: „Komm her bitte, please come here. Im Gegensatz zu her drückt hier die Richtung vom Ort des Sprechers oder der Sprecherin weg auf ein anderes genanntes oder implizit gegebenes Ziel aus, insofern it should definitly be Hineinversetzung.“ Sie kommt auf Hinausversetzung zu sprechen, irgendwann auch das Auto und die Motorkraft (Thema ihres 2018 erschienen Buches) und endet damit, dass zwei Menschen nichts mehr einfällt. Die überforderten Zuschauer klatschen. Die Dichterin lächelt glücklich und hört den anderen Vortragenden zu, informierte sich über die Volksbühne und diskutierte, auch mit jungen Leuten, ob linke Provokationen à la Schlingensief heute noch wirken, wo es viele Provokationen von rechts gibt. Sie selbst will nicht unbedingt provozieren, vor allem „will ich nicht immer dasselbe machen“.

Thema Übersetzen ist essentiell

Vorträge hält sie häufiger, erzählt die Lyrikerin am Morgen danach beim Interview. Sie sagte zu, weil sie schon zwei Theaterstücke von Schlingensief sah, Bücher von ihm gelesen hatte. „Ich habe das vor Jahren mal gemacht, da ging es auch um Übersetzung.“ Zusammen mit einer ungarischen Freundin übersetzt sie auch aus dem Ungarischen, verrät sie. Und dass sie amerikanische Lyrik interessiert. Aber auf Englisch schreibt sie nur, „wenn ich das muss“. „Das Englische nehme ich als Vermittlung dazu, als eine Brücke. Meine eigenen Gedichte würde ich nicht ins Englische übersetzen, höchstens um jemanden mal schnell zu zeigen, was ich mache. Ansonsten würde ich das Übersetzern überlassen.“ Das Thema Übersetzen ist ihr essentiell. So bekommt sie im Mai den Poesiepreis der Stadt Münster, der an den russisch-amerikanischen Lyriker Eugene Ostashevsky und seine Übersetzerinnen (Monika Rinck und Uljana Wolf) geht. Vorher, im März, erscheint eine Art Best-of ihrer Texte: „Champagner für die Pferde: Ein Lesebuch“ (528 Seiten, Fischer Verlag). Gleichzeitig erscheinen ein neuer Lyrikband, „Alle Türen“ (Kook Books) und ein Buch, das sie übersetzt hat. Ein Hörbuch mit ihr gibt es leider nicht – obwohl sie so lebhaft und mitreißend vorträgt. „Es gibt keine Verlage, die sich dafür interessieren“, meint Monika Rinck. Im März ist sie Mitkuratorin des Rahmenprogramms des Festivalkongresses „Fokus Lyrik“ in Frankfurt, dann kommt die Buchmesse, „und dann fängt in Wien das Semester wieder an, an der Universität für angewandte Kunst, da gebe ich ein Seminar über Essay.“ Ihr Terminkalender ist voll, so voll, „dass man manchmal keine Zeit hat, nachzudenken“, meint sie mit einem gewissen Bedauern.

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