Zweibrücken Wie ein Nachhall aus dem Jenseits

Mit Werken von Johann Sebastian Bach und seinem Sohn Carl Philipp Emanuel Bach entführte Kantor Christoph Andreas Schäfer aus Heidelberg am Montagabend etwa 40 Musikinteressierte an der Ott-Orgel der Alexanderskirche in die Welt des geistlichen Barock.

Machtvoll strömten die Klänge in Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Präludium, Adagio und Fuge G-Dur, in markanten Themen und zügigen, leider nicht immer ganz sauber abgesetzten Tempi. Zu stiller Andacht und Reflexion riefen die langsamen, weich gedämpften Klänge des Adagio auf, die der Gastorganist aus Heidelberg in einem versunkenen, verinnerlichten Spiel mit subtil schattierten, durchgeistigten Nuancen präsentierte. Im kraftvollen Fluss des kontrapunktisch verschlungenen Klanggeflechts der Fuge allerdings verloren die Themen zunehmend an Kontur, vor allem in den schnellen Läufen des Presto, die Klänge überlagerten sich stellenweise, so dass die Struktur nicht mehr klar erkennbar war. Hier hätte man sich mehr rhythmische Präzision gewünscht. Sowohl im Klang als auch in der Struktur von Carl Philipp Emanuel Bachs (1714-1788) Sonate a-Moll waren Einflüsse des empfindsamen Stils der Mannheimer Schule unüberhörbar: Nach den etwas unscharf umrissenen Themen des wenig differenziert gestalteten ersten Satzes formte Christoph Andreas Schäfer das liedhaft-lyrische Thema des Adagio melodiös, in einfacher Stimmführung, doch sehr ausdrucksvoll phrasiert. Im temperamentvollen Schlusssatz fielen aber Ungenauigkeiten in der rhythmischen Präzision seines stellenweise überhastet wirkenden Spiels auf, das Klangbild verwischte manchmal. Höhepunkt des Konzertes war Johann Sebastian Bachs Partita über den Choral „O Gott, du frommer Gott“: Die gerade in ihrer Einfachheit umso ergreifendere, tiefgründige Melodie des Chorals spielte Schäfer schnörkellos, in tief empfundener Andacht. Kunstvolle Umspielungen in klar voneinander abgesetzten Stimmen, die doch immer eine homogene Einheit bildeten, zeichneten in diesem Werk seine Interpretation aus, die den wechselnden Charakter der einzelnen Teile der Partita stilsicher hervorhob. Subtil umrissene Phrasierungsbögen und ungemein präzise Tempi unterstrichen den nuancenreich schattierten Ausdruck des packenden, mitreißenden Spiels. Wie ein Nachhall aus dem Jenseits wirkte die in dunklen Klängen gehaltene Melodie des Chorals „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ aus den Sechs Schübler-Chorälen, 1748/49 in Zella von Johann Georg Schübler gedruckt, einem Spätwerk von Johann Sebastian Bach. Das zur Transzendenz hin orientierte Lebensgefühl des barocken Menschen, wie es Matthias Claudius in seinen Gedichten so treffend eingefangen hat, wurde hier in Tönen lebendig. Jubilierend dagegen wirkte der Choral „Meine Seele erhebt den Herren“, in der Schäfer die Klanggewalt der Ott-Orgel zum Einsatz bringen konnte. Trotz des einfachen, liedhaften Themas entfaltete sich das Stück in tiefen, dunklen Klängen zu einer Mehrstimmigkeit voll atmosphärischer Dichte. Zum Abschluss trug Schäfer Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge d-Moll vor; ein Werk, das mit machtvollen, harmonisch so dichten Akkorden einsetzte, dass es an moderne Cluster erinnerte. Über dunklen Liegetönen entfaltete sich dann in zügigen, fast schon überhasteten Tempi und gelegentlich etwas harten Registerwechseln das Thema in mehreren Stimmen und steigerte sich zu einem immer machtvolleren, brausenden Klangstrom – ein eindrucksvolles Werk, dessen Vortrag ungeachtet des fast zu forschen Charakters die Zuhörer mitriss. „Mir hat es sehr gut gefallen“, meinte Ruth Wenzel, die selbst Klavier und Flöte spielt. „Vor allem die Partita war großartig und überwältigend, aber auch das letzte Stück.“

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