Zweibrücken Und es geht ab

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Das vierte Album der hiesigen Formation Tin Pan Alley mit dem Titel „Blue(s)Hour“ ist noch backofenwarm. Eine Backofenhitze hingegen herrschte am Freitagabend im dicht besetzten Cotton Club des Kulturzentrums Kammgarn bei der CD-Release-Party, bei der die elf Tracks voller Spannung, Klasse und Abwechslung rüber kamen und besonders die sechs eigenen Titel der Band gefeiert wurden.

Warum? Weil jeder der sechs Musiker seine Fähigkeiten ausspielen durfte und seinen musikalischen Neigungen frönen konnte. Klassischer Blues à la Robert Johnson? Bitte schön: Werner Steiner ließ keine Zweifel, dass er die harte Saitensprache beherrscht. Bluesrock? Nichts leichter als das: „Hamster Wheel“, Steiners federnde Eigenkomposition, ging gleich zu Beginn ab wie der Teufel. Vom Affen gebissen schien sogar der Schlagzeuger Helmut Koch, der einen derart komplexen Rhythmusteppich schlug, dass sich der Hörer im Schnellzug wähnte. Der energetisch pulsende Bass von Franz Schreiber war die Hauptschlagader für die faszinierende Klangkonstruktion. Das groovte ohne Ende. Dazu sang Albert Koch mit ungekünstelter Intensität, und als dann der Pyrotechniker auf der Bluesharp brillierte, legte die Band noch einiges an Schlagzahl drauf. Schwerelos segelte sie so auch durch die Themenwolken von Albert Kochs Titel „She’s Moving Money“ oder über die von Drummer Helmut Koch und Bassist Franz Schreiber aufgeschütteten Rhythmusgebirge. Ein Feuerwerk der swingenden Lässigkeit waren Steiners Eigenkompositionen „In The Fields“ und „Bad Dreams“, die ebenso heftig und hell aufzulodern wie sanft zu flackern verstanden. Besonders bei dem Instrumental „In The Fields“ entwickelten die sechs Meister eine enorm dichte, fetzige und intensive Musik, die von dem mitreißenden Gitarrenspiel des Komponisten und dem extrovertierten Harpspiel Kochs getragen wurde. Steiner entpuppte sich als Saitenzauberer, der sein Publikum mit einer besonderen Mischung unterschiedlichster Stile durch ein weit gespanntes Spektrum von Emotionen und Erlebnissen führte. Und wenn sich sein satter Sound mit Kochs Harpspiel verwob, klang das Gemenge wie ein intensives, kleines Orchester. Dabei erwies sich Keyboarder Knut Maurer nicht nur als brillanter „Begleit-Service“, sondern auch als exzellenter Solist. Schreibers präziser, durchdringender Bass und das filigrane Power-Drumming von Helmut Koch waren dabei die treibenden Kräfte. Schlechte Träume vertreibt man am besten durch Action. Deshalb ging auch die Nummer „Bad Dreams“ gleich einer Initialzündung ab wie eine Rakete, wobei die sechs Musketiere sich blind zu verstehen schienen. Was in seinen flinken Fingern steckt, präsentierte Knut Maurer auf den Tasten so richtig in seiner Komposition „Maisy“. Mit Fingern, Händen und Fäusten traktierte er die Tastatur und erzeugte dabei ein kaleidoskopartig wirbelndes Pianogeflimmer aus ekstatischen Glissandi und Clustern. Intensiv sang er dazu mit rauer Stimme und changierte dabei effektsicher mit seiner Schwester Reni Ulmer, die mit sirenenhafter Stimme gefallen konnte. Eine höchst intensive Nachlassverwaltung betrieb die Formation auch mit Robert Johnsons „Crossroads“ mit dem schleppenden, aber dichten Rhythmus, wobei Gastmusiker Dennis Brezinski zeigte, dass er mit heulenden und jaulenden Sounds seine Gitarre bestens geschmiert hatte. Die Post ging ab, als sich Brezinski und Steiner den Fehdehandschuh mit musikalischen Extravaganzen zuwarfen. Zusammen mit den knackigen Keyboardsounds und den zungenakrobatischen Bluesharp-Mäandern ergab sich eine Choreographie, die verwirrend war wie die eines Ameisenheeres, aber gestochen scharf und luzide. Das Publikum im aufgeheizten Kammgarn-Club war schlichtweg begeistert. CD & Konzerte —CD: Tin Pan Alley: „Blue(s) Hour“, elf Tracks, 58 Minuten, erhältlich für 15 Euro bei den Konzerten und für ein paar Euro mehr im Handel und per Mail an info@tin-pan-alley.com —Konzerte: Saarbrücken: 24. September, 20 Uhr, Nilles Saabrooklyn Kaiserslautern, Samstag, 10. Dezember, 20 Uhr, Irish House

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