Zweibrücken Nichts Veganes außer Bier

Herrlich komisch: Detlev Schönauer als Bistro-Besitzer Jacques.
Herrlich komisch: Detlev Schönauer als Bistro-Besitzer Jacques.

Endlich kann er ans Rednerpult: der Jacques „aus die Fronkreisch“. Und gleich legt er los. Der Kabarettist Detlev Schönauer war am Freitagabend Gast bei der Feier zum 150-jährigen Bestehen des Unterhaltungsverein Amicitia Zweibrücken im Stadtmuseum.

Der Festakt dauert schon eine Weile, gerade sind etliche Grußworte gesprochen worden. Doch Jacques versteht es mit seiner charmanten Art und seinen Pointen, nicht zuletzt mit seiner Fähigkeit, auf sein Publikum einzugehen, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Wer ihn schon öfter gesehen oder gehört hat, weiß, dass Jacques aus der Region um Paris stammt. „Keine Sau kommt freiwillisch her“, betont er. Aber ihn habe es nun mal – war es der Liebe wegen? – „in die Saarlande“ verschlagen. „Sind eigentlich Saarländer hier?“, fragt er in den Raum. Einer hebt zögerlich die Hand. „Egal, wo du hinkommst, die sind immer da.“ Sicher, räumt der Bistrobesitzer ein, die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn sei nicht weit – bei Einöd nämlich. Es folgt ein längerer Vergleich zwischen den Bewohnern der Bundesländer diesseits und jenseits der Grenze. „Die Saarländer machen die Pfalz viel größer, als sie ist“, hält der Kabarettist fest. „Die Pälzer können sich also gut und gern als Nabel der Welt fühlen, von vorne, von hinten nicht.“ Aus der Sicht seiner selbst gewählten Landsleute lebten Pfälzer, wie alle anderen Deutschen, „im Reich“. Diesen Begriff würde ein Franzose nie in den Mund nehmen. Ja, im Saarland sei alles etwas anders, plaudert Jacques aus dem Nähkästchen. In Wirtshäusern und Kneipen, auch in seinem Bistro, stehen die Leute in drei bis fünf Reihen hintereinander „am Büfett“. Und warum? Weil sie in der Nähe des Zapfhahns sein möchten. „Nur die Pälzer sitze an die Tische. Die wollen weiter weg sein, damit der bestellte Wein noch etwas älter werden kann.“ Den Nebenraum des Bistros stellt der Wirt Vereinen zur Verfügung. „Von denen gibt es mehr als Saarländer. Denn jeder ist Mitglied in mindestens 2,4 Vereinen.“ Bei den meisten wisse er, was sie machten, wie beim Gesang- oder Sportverein; die einen übten Lieder, die anderen Fußball. „Doch was trainieren die im Hasenzuchtverein?“ Jo, auch einen Jungfrauenverein gebe es, „der hat aber keine Mitglieder mehr“. Und hier, „der Unterhaltungsverein, der unterhält sich und andere?“, will Jacques schmunzelnd wissen. Die Frage, ob die Amicitia wie andere Nachwuchsprobleme habe, wird positiv beantwortet. Und keiner wolle mehr ein Amt übernehmen, spricht Jacques Vereinsmenschen aus der Seele. „Aber alle sind nur ewig am Motzen.“ Jacques räumt ein, dass es ein Neuling in keinem Verein leicht hat. Er berichtet vom Karl-Heinz aus Böhl-Iggelhoim, der „s Tanja“ aus seinem Bistro geheiratet hat. „S Tanja“ wiederum stammt aus dem Hochwald, „wo die Leut spreche wie in Afrika“. Gern ist der Karl-Heinz nicht gekommen, aber nach den drei entscheidenden Worten „vom Tanja“, „eisch sin schwanger“, sei ihm nichts anderes übrig geblieben. Und nun ist Karl-Heinz im Theaterverein Thalia „Haschborn“. Als Pfälzer muss er dort ganz unten, nämlich als Souffleur anfangen. Bei der Kreuzigungsszene – der Verein spielt jedes Jahr die Passion – hat sich Karl-Heinz erdreistet, den Hannes zu korrigieren: „Es heißt ,mich dürstet’ und nicht ,eisch han Dorschd’.“ Wüste Beschimpfungen gab’s: „Pälzer halt’s Maul: Bisch du de Jesus oder eisch?“ 150 Jahre, kehrt Schönauer zu seinem Gastgeber zurück, seien eine lange Zeit. „Sie haben drei Kriege erlebt. Aber Gründungsmitglieder gibt es keine mehr, oder?“ Träte er dem Verein bei, wäre er, wenn er so in die Runde gucke, das Küken“, sagt er grinsend. Dabei sei er auch schon alt, wäre früher in diesem Alter längst tot gewesen. Überlebt habe er immerhin schon Jesus, Mozart und Amy Weinflasch. Nach eigenen Worten hört Jacques auf, sich gesund zu ernähren. „Bei mir kommt nichts Veganes – das sind doch alles Modeferz – auf den Tisch, außer Bier.“ Außerdem möchte er nicht den Tieren das Essen wegessen, wie es Vegetarier tun. „Wusstet Ihr übrigens, dass Vegetarier aus dem Indianischen kommt? Das heißt ,zu blöd zum Jagen’.“ In epischer Breite lässt er sich weiter aus über alle, die auf Fleisch verzichten. „Die haben keine Schmetterlinge, sondern Brennnesseln im Bauch.“ Zu den Höhepunkten von Schönauers Auftritten zählen seine Einlassungen über das Saarländische. Statt „wie geht’s“ heiße es „un?“, was einfach Zeit spare. Da der Saarländer sich ungern festlegt, antwortet er nie mit ja oder nein, sondern mit „och pff“. Seltsam für Auswärtige klingt das mit Inbrunst gerufene „oh legg“. Das sei aber nichts anderes als eine Denkpause. Reflexionen zu früheren Zeiten, als zum Telefonieren nicht gewischt, sondern gewählt wurde, als die Leute miteinander sprachen statt schrieben, als es noch Mohrenköpfe gab, weil nicht jeder politisch korrekt reden musste, dürfen nicht fehlen. Mit viel Beifall bedenken am Ende die Vereinsmitglieder der Amicitia den Auftritt des Mainzer Saarländers, der herrlich komisch die Rolle des französelnden Bistro-Besitzers Jacques spielt.

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