Zweibrücken Musik mit Glasharmonika und Ölfässern

16 Trommler bilden die Truppe Les Tambours du Bronx, die nicht aus New York, sondern aus Nièvre kommt und in Meisenthal auftritt
16 Trommler bilden die Truppe Les Tambours du Bronx, die nicht aus New York, sondern aus Nièvre kommt und in Meisenthal auftritt.

Es gibt Jazz: mit dem French Quarter Orchestra: Das Konzert in der Fabrikhalle in Schweyen findet am 7. September, freitags um 11 Uhr, statt, dauert nur eine halbe Stunde, kostet keinen Eintritt und die Besucher stehen. Keine Frage: Das ungewöhnlichste Konzert des Festivals Euroclassic findet in Lothringen statt.

Das sechsköpfige French Quarter Orchestra aus Poitiers spielt Musik aus dem French Quarter in New Orleans, dem französischen Viertel am Ufer des Mississippi, also Stücke von Louis Armstrong, Sidney Bechet, Fats Waller & Co. Mit Sousafon, Banjo, Trompete, Posaune, Trompete, Schlagzeug, und gesungen wird auch. Das Konzert findet in einer der beiden 1800 Quadratmeter großen Fabrikhallen von CMS Automatisme in Schweyen, Rue Ampère, direkt am Ortseingang, statt. Mit dem Kultursommer in Rheinland-Pfalz und dessen Thema „Industrie-Kultur“ hat Frankreich eigentlich nichts zu tun. Doch ausgerechnet in Lothringen, im Bitscher Land, schafft man das, was man in Zweibrücken, Pirmasens und Umgebung nicht hinbekam: Konzerte in Industriebetrieben. „Die Organisatoren vom Espace Cassin haben bei uns angerufen “, sagt Nina Ziehmer von der Marketingabteilung der Sondermaschinenbau-Firma CMS Automatisme. Die Marketingfrau spielt jetzt Klarinette, fand die Idee gut, und so kam das Konzert zustande. So einfach kann es sein. Da die Kapazität begrenzt ist, muss man sich anmelden unter Telefon 00333/ 87276750 (man spricht deutsch). Zu der neue Industriehalle kommt eine alte, die schon seit einigen Jahren für Kunstausstellungen und Konzerte genutzt wird: die ehemalige Halle Verrière, Glasbläserhalle, in Meisenthal, Place Robert Schuman. Sie ist etwa 3000 Quadratmeter groß. Dort ist am Samstag, 15. September, mit den Tambours du Bronx aus dem Département Nièvre ein 16-köpfiges Ensemble zu Gast, das auf leeren Ölfässern trommelt. Das muss man sich als Mischung aus Rock, Afrobeat, Techno und Weltmusik vorstellen. Dazu kommen Synthesizerklänge und Samples. So ergeben sich energiegeladene, laute Rhythmen, die sich zum Tanzen eignen. Hier gibt es Sitzplätze und Stehplätze, ganz nach Wunsch. Danach geht es an normalen Orten weiter – aber mit einem Instrument, das mit der Glasindustrie des Bitscher Landes zu tun hat: Cristal Baschet nennt sich die Orgel, auf der Michel Deneuve am 22. September in der Kirche von Gros-Réderching mit dem Ensemble Sprezzatura spielt. Statt auf Tasten wird auf langen dünnen Glasröhrchen mit feuchten Fingern gespielt. Durch die Vibration entstehen zarte Klänge, wie man sie selten hört. Deneuve spielt keine klassischen Stücke, sondern improvisiert. Zum Programm gehören auch mittelalterliche Werke mit Viola da Gamba, Theorbe (besondere Laute), barocker Gitarre und Percussion sowie Gesänge des Countertenors Sébastien Fournier aus Lyon: gregorianische Choräle, Lieder von Santa Maria Alfonso el Sabio und Henry Purcell. Die Glasharmonika ist das besondere Instrument beim Konzert am 28. September in der Kirche von Saint-Louis-lès-Bitche, wo 1781 die erste Bleikristallmanufaktur auf dem europäischen Festland ihren Betrieb aufnahm. Thomas Bloch aus Paris spielt die Glasharmonika. Sie klingt so ähnlich wie die Glasorgel (siehe oben) und wird auch mit feuchten Fingern gespielt, ist aber anders aufgebaut: Sie besteht aus großen, ineinandergeschobenen Glasglocken, die auf einer waagerechten Achse lagern, die durch ein Pedal in Rotation versetzt werden kann. Bloch spielt im Trio Amadeus zusammen mit Pauline Haas (Harfe) und Marc Grauwels (Flöte) Stücke von Mozart, Beethoven, Gaetano Donizetti (1797-1848), Johann Friedrich Reichardt (1752-1814) und Holt Sombach (geboren 1962). Das Requiem in c-Moll von Luigi Cherubini (1760-1842) sowie gleich mehrere Werke des Lothringer Komponisten Théodore Gouvy (1819 in Saarbrücken geboren, der Vater war Gießereibesitzer, also auch ein Industrieller, 1898 in Leipzig gestorben), darunter „La Gloire du seigneur“ stehen auf dem Programm des Konzerts am 13. Oktober in der Kirche von Walschbronn: Das 50-köpfige Vokalensemble des Konservatoriums von Saargemünd ist zusammen mit einem Kammerorchester zu hören. Musik aus Kolumbien – es gibt da einen Künstleraustausch Lothringen-Kolumbien – steht im Mittelpunkt des Konzerts der Jeunes Symphonistes Mosellans. Die Musiker stammen aus Schul- und Testorchestern der Region. Zu hören sind „Goyas“ von Artur Marquez (geboren 1950), „Guerra de secciones“ von Felix Mendoza (geboren 1984), „Huapango“ von José Pablo Moncayo (1912-1958) sowie zwei Werke von den noch nicht mal 20-jährigen Komponisten Christian Camilo Galindres aus Kolumbien („Triptico“) und Simon Clausse aus Frankreich („Haegan Ouverture“).

Les Jeunes Symphonistes Mosellans spielen in Bitsch.
Les Jeunes Symphonistes Mosellans spielen in Bitsch.
Pauline Haas spielt die Harfe im Trio Amadeus, das am 28. September in der Kirche von Saint-Louis-lès-Bitche zu hören ist.
Pauline Haas spielt die Harfe im Trio Amadeus, das am 28. September in der Kirche von Saint-Louis-lès-Bitche zu hören ist.
Musik und Industrie: In dieser 1800 Quadratmeter großen Halle von CMS Automatisme in Schweyen spielt das French Quarter Orchestr
Musik und Industrie: In dieser 1800 Quadratmeter großen Halle von CMS Automatisme in Schweyen spielt das French Quarter Orchestra.
Welches Musikinstrument ist das? Thomas Bloch spielt es in der Kirche von Saint-Louis-lès-Bitche am 28. September.
Welches Musikinstrument ist das? Thomas Bloch spielt es in der Kirche von Saint-Louis-lès-Bitche am 28. September.
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