Zweibrücken Musik für ein kleines Paradies

Da in etwa liegt die Insel Favignana: Giuseppe Scorzelli deutet auf der Weltkarte auf eine Stelle westlich von Sizilien.
Da in etwa liegt die Insel Favignana: Giuseppe Scorzelli deutet auf der Weltkarte auf eine Stelle westlich von Sizilien.

Homburg oder Hamburg? Diese Wahl hatte der Musiktherapeut Giuseppe Scorzelli im Jahr 2016. Der Italiener entschied sich für eine berufliche Zukunft in Homburg. Weil das Leben hier ruhiger und günstiger ist. Aus seiner Zweibrücker „Villa Guilia“ arbeitet der 47-Jährige zudem als musikalischer Leiter des Festivals Florio auf der Insel Favignana.

Schon beim ersten Schritt auf das Grundstück von Giuseppe Scorzelli merkt man, dass hier etwas anders ist. Im August hat sich der Familienvater ein Haus in Zweibrücken gekauft. Ein Schild vor dem Garten identifiziert es als „Villa Giulia“. Sie ist benannt nach Scorzellis Tochter, die gerade fröhlich im heimischen Wohnzimmer herumspringt, zu deutschsprachigen Kinderliedern. Während die Wohnstube noch nicht so viel über die Musikleidenschaft des Besitzers verrät, geleitet Scorzelli den RHEINPFALZ-Mitarbeiter zum Gespräch in sein imposantes Musikzimmer. Einige CDs in kleinen Regalen werden dort von einer beeindruckenden Sammlung von Langspielplatten an die Wand gedrückt. Man sieht auf den ersten Blick: Vinyl ist für den Master in Musiktherapie das einzig Wahre. Neben einem Plattenspieler liegt eine Schallplatte von Grigori Sokolow. Am 19. April 2018 gastierte der Sankt Petersburger Pianist im Homburger Saalbau. Scorzelli ließ die Platte dort vom Pianisten signieren. Seitdem hat sie einen Ehrenplatz. Noch bedeutender für den Master im Klavier ist die Kunst des 1982 im Alter von nur 50 Jahren verstorbenen Glenn Gould. Dessen berühmte Goldberg-Variationen, samt bisher unveröffentlichter Aufnahmen von Proben, nennt Scorzelli seit Kurzem sein eigen. Sie stecken in einem Schuber und sind auf zehn Langspielplatten gepresst. Wer nun so viel über den gebürtigen Römer weiß, wundert sich nicht, dass im Musikzimmer ein Klavier steht. Darüber hängt eine große Weltkarte an der Wand. Hebt der Kammermusiker beim Hauskonzert den Kopf, könnte er darauf auf die Insel Favignana blicken, wo das Festival Florio seit 2012 stattfindet. Nur ist sie nicht auf der Karte abgebildet. Mit ihren 19,8 Quadratkilometern Erde ist Favignana lediglich ein winziger, kaum wahrzunehmender Fleck. Auf der Insel wohnen nicht einmal 4500 Bewohner. In den Sommermonaten beherbergt Favignana aber 30.000 Touristen. Zu diesen gehörte einst Scorzelli. Der schwärmt seitdem von „seiner Insel“, auf der vom 16. bis 23. Juni das Festival Florio zum siebten Mal stattfindet. An jedem Tag, bis auf den 19. Juni, finden dort Konzerte statt, von Kammermusik über italienische Liedermacher bis zum Swing. Das Festival ist nach dem Palazzo Florio benannt. Die Florios brachten der Insel zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert vorübergehend Wohlstand mit der Fischerei ein. Eine ehemalige Thunfischfabrik erinnert heute als Museum daran. 2009 hatte Scorzelli als Journalist über die Musikbiennale in Venedig berichtet. Kurz danach lernte er Favignana bei einem Urlaub kennen. „Ich dachte mir, wir könnten ein solches Festival auch hier veranstalten. Denn Favignana ist für mich Venedig im Kleinen. Ich war mir sicher, dass wir das Festival Florio in der ganzen Welt bekannt machen können. Natürlich, ich hatte nicht an die italienische Wirtschaftskrise gedacht. Italien hat kein Geld mehr“, bedauert Scorzelli. Weil Musiktherapeuten derzeit in Italien nur wenig Geld verdienen, suchte er Arbeit in Deutschland. Er fand sie in der Homburger Victor’s Residenz Pro Seniore. In Zeiten moderner Kommunikation ist es kein Problem, die künstlerische Leitung zu behalten. Beim Festival besteht aber Anwesenheitspflicht. Diese verbindet Scorzelli mit Urlaub, „einige Tage davor und einige Tage danach“.

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