Zweibrücken Kraftvolle Schlingen

Sogleich wenn man die Galerie Beck im Schwedenhof in Homburg-Schwarzenacker betritt, fallen auf links die ruhigen Bilder von Verena Vernunft ins Auge, rechts sind die kraftvollen Gemälde von Bert Düerkop zu sehen – eine Raumaufteilung, die als Konzept die ganze Ausstellung prägt.

„Mit Verena Vernunft arbeiten wir bereits seit 25 Jahren zusammen,“ erzählte Geschäftsführer Christopher Naumann. „Für Bert Düerkop ist es die dritte Ausstellung hier bei uns.“ Anlässlich ihrer runden Geburtstage stellt das Hamburger Künstlerpaar Verena Vernunft (geboren 1945) und Bert Düerkop ( geboren 1935) Werke aus den Jahren 2010 bis 2014 aus. Kräftige und doch gedeckte Erdfarben prägen Verena Vernunfts Bilder „A casa IV“ und „Irrigazione IV“. Die Beschäftigung der Malerin mit der Fotografie und der abbildhaften Landschaftsmalerei hat in diesen Bildern noch Spuren hinterlassen. Sie wirken, als ob Vernunft Details daraus aufgegriffen hätte, um sie in neue Farben zu kleiden. Das reizvolle flächige Formenspiel zwischen gegenständlich und und abstrakt lässt Landschaften, und die Muster mediterraner Terrazzo-Mosaiken erahnen. Verfremdungseffekte unterstreichen den fragmentarischen Charakter von „Irrigazione IV“, in dem ein blaugrauer Senkrechtstreifen dem Bild eine aufstrebende Komponente hinzufügt, die gegen den flächigen Zug nach unten gerichtet ist. Die Gemälde „Campo I“ und „Campo II“ – das Paar lebt abwechselnd in Hamburg und in Conio in Italien – heben sich durch ihre hellere Grundstimmung und den luftigen, ruhigen Charakter deutlich ab. Ein Fischerdorf mit Ruinen ist als Grundmotiv noch erkennbar. Es wird aber durch Spiegelungen mit verwischten Konturen verfremdet. Eine freundliche Grundstimmung aus übergroß wahrgenommenen Blättern mit Lichtreflexen und Vögeln als Details in hellen, lebhaften Frühlingsfarben zeigt „Concime VI“. Im oberen Stockwerk stellt „A casa“ mit seiner Mosaik-Struktur einen Bezug zu Vernunfts Bildern im Eingangsbereich her. „Autumno“ ist eine Landschaftsstudie in warmen Herbstfarben. Wie eine durch 90-Grad Drehung perspektivisch verfremdete Hafenszenerie wirkt „Tubo I“, der Zug des Schiffsbuges nach unten in dunklen Erdfarben erhält durch einen nach oben gerichteten hellgrauen Mittelstreifen einen dynamischen Kontrapunkt. Einen markanten Kontrast dazu bilden die Werke von Bert Düerkop mit ihrer geradezu explosiven Farbigkeit. Sehr wirkungsvoll im Raum platziert ist „Fletscher“ : direkt rechts neben dem Eingang. Einflüsse von Graffiti und Urban Street Art sind unverkennbar. Durch die Komplementärfarben erhält das lebhafte Bild eine unaufdringliche Dreidimensionalität. Ein Charakteristikum von Düerkops Bildern ist ihre Expressivität: Die Farbstriche wirken wie Gedankenblitze und Gefühle, denen gefolgt werden muss. Seine Gemälde „Presto I“, „Presto III“ und „Presto IV“ rechts neben der Treppe leben aus dem Kontrast der gedeckten Erdfarben zu den organischen dunklen Rottönen und scheinen den Betrachter in einem magischen Sog anzuziehen. Besonders auffällig ist „Im Spiegel“, zentral im Treppenaufgang zu sehen. Auch dieses Bild ist eine bunte Farbsinfonie, die keine Angst davor hat, dass die Brüche der Farben auch wehtun können. Das beherrschende Motiv sind kraftvolle Schlingen, die sich in dahinter liegende Räume zu öffnen scheinen. Die Fließwirkung dieses Bildes hat einen Charakter, der sich in keine Form pressen lässt, organisch-natürlich entwickeln sich die wellenförmigen Schlingen. Erstaunlich ruhig wirkt „Geräte in Blau“ mit den Grundfarben gelb und blau. Von höchster Intensität und einer für Düerkop ungewohnten Statik sind die „16 Kreuze“, die in einer dunklen Welt von amorphen Farbsprengseln die Grenze zwischen Leben und Tod markieren. Wie ein Clash of colours wirkt dagegen „Großes Geheimnis“ mit seinen gewundenen Schlingen und Farbwelten, in denen Orange und Magenta gegen helles Grün um die optische Dominanz ringen. Surreal-magisch wirken auch die grell-bunten „Mondblumen“. So bezieht diese Ausstellung ihre Spannung und ihren Reiz aus den gegensätzlichen Charakteren der Werke der beiden Künstler und ihrer stilistischen Gestaltungsprinzipien, die dem Betrachter viel Raum für die eigene Fantasie lassen.

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