Zweibrücken Janine hat Bock auf Rock – und zwar immer

91-71984464.jpg

Es könnte einer durchaus erfolgreichen deutschen Rockgruppe schon ein wenig den Spaß verderben, wenn sie an einem Samstagabend gerade mal die Hälfte der schon geteilten Neunkircher Gebläsehalle füllt. Wer nun aber eine trostlose Luxuslärm-Show erwartete, der hatte die Rechnung ohne Janine Meyer und ihre Jungs gemacht.

Es gibt in Deutschland derzeit zwei Gruppen, denen eine Frau voran steht, die aber eigentlich nie jemand live gesehen haben will. Was oft über Glasperlenspiel im deutschen Elektropop behauptet wird, gilt für Luxuslärm im Bereich des Rock. Warum ist das so? „Paris“, die erste Single aus der aktuellen Glasperlenspiel-CD, ist zum Beispiel ein melancholischer Ohrwurm, der sich zuckersüß ins Gedächtnis brennen könnte. Wenn man ihn nur da rein lässt. Auf der vierten CD von Luxuslärm gastiert wiederum sogar Culcha Candela, was nun wirklich alles andere als uncool ist. „Mehr Gewicht“ heißt das Ergebnis einer außergewöhnliche Kollaboration, die auch in der Gebläsehalle zum Konzertprogramm gehört. Wie ernst Luxuslärm das Thema live nimmt, beweist die Band, indem sie auf einen mittlerweile beliebten Trick bei Liveauftritten verzichtet. Anstelle Culcha Candela aus der Konserve in die Show einzubinden, versucht sich Bassist David Müller vor etwa nur 400 Besuchern als verantwortlicher Rapper. Das tut er zwar weniger gut, als er sein Instrument beherrscht. Doch der wiederum nicht völlig untaugliche Versuch kommt bei den Schnuckis, so nennt Sängerin „Jini“ ihre Fans, verdammt gut an. Überhaupt dürfen sich die Fans glücklich schätzen, Zeugen eines nahezu intimem Luxuslärm-Konzerts zu werden. Die Akustik in der Gebläsehalle ist wie immer hervorragend, die Beleuchtung auf der Bühne exquisit. Nur das mangelnde öffentliche Interesse an dem Ereignis kann schon ein wenig erschrecken. Dafür ist man aber näher an der Lieblingsband dran, als sonst üblich. Klar, Luxuslärm sind nicht Led Zeppelin, sind nicht Heart, sind nicht Evanescence. Aber Janine Meyer hat ein Organ und ein Stimmvolumen, das in Verzückung versetzen kann. Fast jeder Ton sitzt, und wenn die von ihrem Leben als Sängerin begeisterte Knutschkugel wie ein Wirbelwind über die Bühne fegt, ist eines klar: Hier hat eine Rockröhre auch nach neun Jahren Bandgeschichte noch jede Menge Spaß am Leben. Mittlerweile hat die Band für ihre Fans auch ausreichend Hitmaterial geschrieben, sodass ein Kracher dem Anderen folgt. Klar, „1000 Kilometer bis zum Meer“ ist nicht gerade die Offenbarung in der Textdichtung der Rockmusik. Aber „Highway to Hell“ von AC/DC ist auch nicht wegen seiner literarischen Dichte zur weltweit verehrten Rockhymne geworden. Da mischt sich nun in Neunkirchen „Ein neuer Morgen“ unter älteres Material, wie das unverzichtbare „Liebt sie dich wie ich“. Das ist wohl eine der kreativsten Abgesänge einer Frau an ihre Nebenbuhlerin, vorgetragen im Aggro-Sound, den die Band und ihre Sängerin übrigens bestens beherrscht. Ja, Luxuslärm-Konzerte sind laut, manchmal sogar sehr laut. Und wer sich darauf einlässt, kann eine Menge Spaß dabei haben. Was sonst noch an Musik kommt, ist nicht viel Neues. Luxuslärm arbeitet gerade an der fünften CD. Wenn die Gruppe im April in die Saarbrücker Garage kommt, wird sie bereits erschienen sein. Wer sich bis dahin noch nicht wirklich in ein Konzert von Janine und ihren Jungs getraut hat, sollte das einfach mal wagen. Denn die Musik rockt höllisch. (thof)

x