Zweibrücken Ein Meister an der Feder: Warum Erich Kästner „unkaputtbar“ ist

Erich Kästners Bücher in der Stadtbücherei: Der Autor verfasste auch Erwachsenenromane.
Erich Kästners Bücher in der Stadtbücherei: Der Autor verfasste auch Erwachsenenromane.

Seine Romane machten Erich Kästner weltberühmt. Am Freitag, 23. Februar, wäre er 125 Jahre alt geworden. Aber was ist von ihm geblieben? Wir haben Zweibrücker Bücherexperten gefragt. Ein Verlag hat sich zum Geburtstag etwas einfallen lassen.

Ja, es gab auch schon vor „Harry Potter“ tolle Geschichten für junge Menschen. Jene von Erich Kästner gehören zweifelsohne dazu. Als er starb, war „Harry Potter“-Autorin J. K. Rowling gerade mal neun Jahre alt. Jener Erich Kästner macht auch heute noch mächtig Eindruck, obwohl er seit 50 Jahren tot ist. Ein Schüler, der von Kindern der feindlichen Realschule entführt wird. Kinder, die zu Detektiven werden und einen Dieb jagen. Es sind wundersame Gedanken, die Kästner in Kinderbücher verpackt hat.

Die stellvertretende Leiterin der Zweibrücker Stadtbücherei, Christine Gieseler, hält Kästner für „unkaputtbar“. Der erste Titel, der ihr zu ihm einfällt, ist „Emil und die Detektive“, sagt sie. Kein Wunder, hat sich dieses Werk doch alleine in Deutschland mehr als 2,2-Millionen-mal verkauft. Damit gilt es als das bekannteste Kinderbuch des in Dresden geborenen Schriftstellers, der auch Drehbuchautor und Kabarettdichter war.

Später dann die Erwachsenenromane

Bei Gieseler hat das aber auch ganz persönliche Gründe, wie sie erzählt: Als 2001 die aktuellste Filmadaption des Romans in die Kinos kam, „war ich genauso alt wie die Protagonisten. Und da habe ich als Kind immer den Film geguckt und fand das immer super, weil die genau in meinem Alter waren. Ich fand es cool, wie die immer zusammengehalten haben und für Gerechtigkeit gesorgt haben“. Zum ersten Mal hat sie den Film im Kino gesehen – zusammen mit ihrer Mama. Damals war Christine Gieseler zehn Jahre jung. Gieseler schmunzelt. Es ist ihr anzumerken, dass sie sich gerne an diese Zeit zurückerinnert.

Durch diesen Film kam sie zum ersten Mal mit dem Namen Erich Kästner in Berührung – „das muss ich zu meiner Schande gestehen“, sagt sie augenzwinkernd. Viel später las sie dann auch die Erwachsenenromane des Autors. „Als Kind habe ich Kästner tatsächlich nur gesehen und nicht gelesen.“ Schullektüre waren seine Werke bei ihr nicht.

„Emil und die Detektive“ ist der Spitzenreiter

Auch, wenn ihr gefällt, wie er sich ausdrückt, so findet sie Kästner doch „ein bisschen schwierig“. Er habe eine eher pessimistische Weltanschauung in seinen Büchern. Während in seinen Kinderbüchern alles immer gut wird, sei das bei seinen Erwachsenenbüchern „eher nicht so“. Als Beispiel nennt sie „Interview mit dem Weihnachtsmann: Kindergeschichten für Erwachsene“.

29 von 35 Kästner-Werken sind im Bestand der Jugend- und Stadtbücherei. „Die werden auch noch ausgeliehen.“ Mit 109 Ausleihen ist „Emil und die Detektive“ der Spitzenreiter – allerdings seitdem die Jugendbücherei das Buch 2001 im Bestand hat. „Es wird immer wieder mitgenommen“, sagt Gieseler. „Till Eulenspiegel“ ist in den 23 Jahren 106-mal ausgeliehen worden. Anders als in der Jugendbücherei greifen in der Stadtbücherei, in der vor allem Kästners Lyra und Romane ausgeliehen werden können, nicht mehr so viele Leser zu.

„Er ist ein ganz besonderer deutscher Autor.“ Deshalb glaubt Gieseler nicht, dass sein Name aus Büchereien oder Buchhandlungen in absehbarer Zeit verschwinden wird.

Buchcover haben sich kaum verändert

2023 kam eine neue Verfilmung des „Fliegenden Klassenzimmers“ in die Kinos – 90 Jahre, nachdem Kästner die Feder geschwungen hatte. Das zeigt: Der Autor ist noch immer ein Star. Der Atrium-Verlag würdigt ihn ganz besonders: Er hat im Februar fast alle Ausgaben neu aufgelegt, wie Martina Steinbeck berichtet. Die Filialleiterin der Zweibrücker Thalia-Buchhandlung findet es bemerkenswert, „dass die Buchcover im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger gleichgeblieben sind“. Im Thalia in Zweibrücken, das alle Kästner-Werke vorrätig hat, würden diese „nach wie vor nachgefragt“, so Steinbeck.

„Seit ich lesen kann, habe ich Bücher verschlungen. Natürlich war auch Erich Kästner dabei“, sagt die Literaturliebhaberin. Die Schulbücherei diente ihr in der Kindheit als Quelle, manche von Kästners Romanen hatte auch ihre Familie daheim im Bücherregal stehen. Einige der mittlerweile mehr als 40 Romanadaptionen flimmerten in ihrer Kindheit über den Fernsehbildschirm.

Kästners Bücher fallen nie aus der Zeit

Steinbeck verbindet auch noch eine ganz persönliche Geschichte mit Erich Kästner: Eine Freundin von ihr, die ebenfalls Buchhändlerin ist, hat zwei Söhne, die Anton und Emil heißen – wie in Kästners „Emil und die Detektive“ und „Das fliegende Klassenzimmer“. Die Motive, die in seinen Büchern immer wieder vorkommen – Armut, Freundschaft, Zusammenhalt –, wurden ihr erst bewusst, als sie älter wurde. Denn: „Als Kind liest man solche Bücher natürlich ohne Hintergedanken, aber man erkennt sich oder Mitschüler in einzelnen Figuren wieder.“

Kästners Bücher „werden meiner Meinung nach nie aus der Zeit fallen, da die Themen bleiben, auch wenn sich das Setting immer wieder ändert“, sagt die Zweibrücker Thalia-Chefin. „Auch heute gibt es – wie im ,Fliegenden Klassenzimmer’ zum Beispiel – Kinder, die arme Eltern haben, Kinder, die verrückte Sachen machen, mittlerweile mit Youtube und so weiter. Tolle Lehrer gibt es auch heute noch, und auch Außenseiter wird es immer geben.“

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