Die Wochenend-Meinung Die Dörfer leisten Widerstand, aber es geht gar nicht um die Leinenpflicht

In der Gefahrenabwehrverordnung geht es nicht nur um eine Leinenpflicht für Hunde.
In der Gefahrenabwehrverordnung geht es nicht nur um eine Leinenpflicht für Hunde.

Die Dörfer in der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land mucken auf. Das ist bemerkenswert. Weil es selten vorkommt. Weil der Auslöser unspektakulär ist. Weil es zeigt, wie es in den Gemeinderäten gärt.

Am Anfang stand die Frage, ob Hunde im Dorf an die Leine sollen. Die Mehrheit der Bürgermeister war dafür. Geregelt wird so etwas in einer Gefahrenabwehrverordnung, die in der gesamten Verbandsgemeinde gelten würde. Aber in der Mustersatzung des Gemeinde- und Städtebundes geht es nicht nur um die Leinenpflicht. Sie listet eine Menge weiterer Punkte auf, die verboten sein sollen, vom Wildpinkeln übers Betteln, Johlen und Flaschen Rumliegenlassen bis zum Taubenfüttern.

Dietrichingens Bürgermeisterin Ulrike Vogelgesang gehen die Regeln zu weit. Sie hält sie für viel zu kleinteilig und bürokratisch. „Im Prinzip regelt doch der gesunde Menschenverstand alles, was da drin steht“, sagte sie, nachdem ihr Gemeinderat die Verordnung einstimmig abgelehnt hatte. Ähnlich äußerte sich der Großbundenbacher Bürgermeister Dieter Glahn: „Zu viele Regeln, das ist typisch für den Städte- und Gemeindebund. Da meint man, dass man da alles regeln muss.“

Solch ein Widerstand ist selten

Dieser Widerstand ist bemerkenswert. Denn es kommt selten vor, dass die Gemeinderäte eine Vorgabe von oben ablehnen. Auch, weil sie oft gar keine andere Wahl haben. Genau das ist mit ein Grund, dass sie es jetzt tun. Anders als bei den Steuererhöhungen, die das Land dieses Jahr in allen Dörfern durchdrücken ließ, haben sie hier keine Konsequenzen zu befürchten. Bei der Grundsteuer hieß es, Steuern rauf, oder es gibt keine Zuschüsse mehr. Damals haben die Gemeinderäte zwar laut gegrummelt, aber trotzdem der Mehrbelastung für ihre Einwohner zugestimmt. Dass sie nun die Leinenpflicht ablehnen, ist ein Signal: Wir können auch nein sagen. Dass das nun die Verbandsgemeinde abbekommt, ist sogar ungerecht: Die Vorgaben, Forderungen und Gesetze, mit denen die Dörfer oft geradezu gegängelt und wie kleine Kinder behandelt werden, kommen nämlich vom Kreis und vom Land.

Dass die Dörfer nun nein sagen, ist eine gute Sache, unabhängig davon, ob man für oder gegen eine Leinenpflicht, Wildpinkler und das Taubenfüttern ist. Der Widerstand zeigt nämlich, dass sich die Ratsmitglieder Gedanken machen und abwägen. Rosenkopf war zwar nicht besonders glücklich über die Vorlage, sagte am Ende aber ja. Andere waren dagegen: Dietrichingen sorgte sich um die Kerwe. Kleinbundenbach verwies auf die Hunde. Großbundenbach bemängelte, dass solche Mustersatzungen für Städte gemacht sind, nicht für Dörfer. Es tut richtig gut zu sehen, wie hier in verschiedene Richtungen diskutiert und argumentiert wird. Sowas ist Demokratie. Fast schon schade, dass es nur um Johlen und Erbrechen auf offener Straße geht.

Woanders gibt es sowas schon seit 20 Jahren

Denn eine allzu große Sache ist die Gefahrenabwehrverordnung am Ende ja nicht. Thaleischweiler-Fröschen hat so etwas schon vor 20 Jahren beschlossen und nach der Fusion mit Wallhalben eins zu eins übernommen. Der frühere Verbandsbürgermeister Thomas Peifer hatte gut zehn Jahre später mal eingeräumt, dass sie nur selten angewandt werden müsse.

Das heißt nicht, dass die Leute im Wallhalbtal keine Hunde frei rumlaufen lassen, nicht hin und wieder gegen eine fremde Hauswand pinkeln oder nie grölend mit zwei Schoppengläsern in der Hand durch die Straßen ziehen. Aber meistens ist sowieso niemand da, der das ahnden könnte, und wenn sowas mal vorkommt, tun es oft ein paar Worte, dass es jetzt reicht. Die Gefahrenabwehrverordnung dient trotz ihres Namens weniger dazu, eine Gefahr abzuwehren. Sie ist eher eine Handhabe, allzu grobe Verstöße im Nachhinein ahnden zu können, und als solche sogar sinnvoll, auch wenn sie selten gebraucht wird.

Das zeigt sich in Zweibrücken. Die Stadt hat seit 20 Jahren eine Gefahrenabwehrverordnung, die vergangenes Jahr um die Leinenpflicht und ein Fütterungsverbot ergänzt wurde. Auch hier wird sie nicht allzu oft angewandt und schon gar nicht voll ausgeschöpft.

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