Zweibrücken Comedian Serhat Dogan in der Zweibrücker Feuerwache

Serhat Dogan bei einem Auftritt in Kaiserslautern.
Serhat Dogan bei einem Auftritt in Kaiserslautern.

Die Zweibrücker Feuerwache ist in Dunkelheit gehüllt. Ein Spotlight schaltet sich ein. Aus dem Off wird der byzantinische Böhmermann“ angekündigt, der „osmanische Otto“. Wer sich dahinter verbirgt? Serhat Dogan, der Kölner mit türkischen Wurzeln.

Der Mann, der da die Bühne betritt, passt in kein Klischee. Er trägt kein Goldkettchen und keinen Schnurrbart, spricht akzentfrei Deutsch und sieht auch so aus. Dabei kam Dogan erst 2004 im Alter von 30 Jahren nach Deutschland. Er liebe das Land, bekennt er später. Serhat Dogan hat über seine ersten Deutschland-Eindrücke ein Tagebuch geführt. Daraus liest er einige Passagen vor.

Bayern ist nicht Deutschland

Es beginnt mit seiner Ankunft auf dem Münchner Flughafen. Nach einer Odyssee gelangt er ins Zentrum. Hunger treibt ihn in eine Bäckerei. „Grüß Gott“, schallt es ihm entgegen. Zögernd, aber freundlich erwidert er: „Grüß Allah“, Die Verkäuferin ist beleidigt. Ansonsten versteht er nichts. „Die sprechen hier kein Deutsch“.

Mehmet in der Dönerbude klärt ihn auf: „Hier ist Bayern.“ Nicht Deutschland? Ein Muss: das Hofbräuhaus. „Die trinken aus Gläsern, in denen ein Kind ertrinken könnte.“ Dogan schlägt sich tapfer. „Der Himmel über München ist grau. Ich bin blau.“ Er landet in einer Ausnüchterungszelle – „in der Türkei sieht so ein Hotelzimmer aus“.

Der Künstler wendet sich ans Publikum: „Habt ihr Spaß?“. Prompt fragt eine Frau zurück: „Hast du gewählt?“. Dogan schaut etwas konsterniert. Nein, er dürfe nicht wählen, sagt er nach kurzer Pause. Er habe einen deutschen Pass. Aber sicher würde er nicht Erdogan wählen, schiebt er nach. Meggy lässt nicht locker. Er könne ja wählen, wen er wolle. Nach dem munteren Plausch muss der Comedian erst wieder die Spur finden.

Nächste Station in Dresden

Weiter geht die Deutschlandtour. Dresden. „Die reden dort, als hätten sie einen Krampf im Unterkiefer. Gut, sie durften 40 Jahre lang gar nichts sagen.“ Dogan erspäht das große, schöne Haus, das er vom Fernsehen kennt. „Komisch, da steht gar nicht Radeberger, sondern Don Carlos.“ Nun aber Hoyerswerda. Bedauernd meint er: „Da haben schon die jungen Leute Glatzen.“ Die Jungs mit ihren Baseballschlägern erklären ihm, dass sie jetzt Türken klatschen gingen. Das findet Dogan seltsam. Wenn er Türken klatschen wollte, würde er das in der Türkei tun. Fazit: „In Ostdeutschland ist eine ganz andere Kultur als hier.“

In Hamburg, wundert er sich über die überdimensionale Elbphilharmonie – „da wäre Platz für ein freies Kurdistan“ –, um Musik darin zu machen. Wer in der Türkei musizieren wolle, gehe einfach mit seinem Instrument in eine Kneipe. Zum Schieflachen sind seine Erlebnisse auf der Reeperbahn, „das größte Puff Deutschlands“. Die Beschreibung wird nur übertroffen von der des ersten Rosenmontagszugs und Christopher-Street-Days in Köln sowie seinem Besuch in einem Amsterdamer „Café“.

Klischees über die Deutschen

Gern spielt Serhat Dogan mit Klischees: Seine erste Freundin, Sabine, Sozialpädagogin in der Montessori-Schule, rettet in Südeuropa einen dreibeinigen, halbblinden Hund. Diesen will sie auf vegane Ernährung umstellen. Weil er das ablehnt, sucht sie mit ihm für viel Geld diverse Therapeuten auf, geht zum Hunde-Yoga und verabreicht Bachblüten. Typisch deutsch?

Der Comedian bilanziert: Deutsche halten Verkehrsregeln ein, sind pünktlich, machen im Urlaub Sport, und das schon frühmorgens, kritisieren viel, trennen Müll und geben auf alle Fragen eine Antwort. Aber sie zeigen wenig bis keine Emotionen. Herrlich schildert er die krassen Unterschiede, die ihm bei Besuchen in der Türkei wieder bewusst werden.

Mit einer Einspielserie deutscher Schlager will der Künstler nochmals beweisen, wie die Deutschen ticken. Kommentarlos oder von Kopfschütteln begleitet erklingen „Dieser Weg wird kein leichter sein“, „Mit 66 Jahren“, „Neue Männer braucht das Land“, „Mein Hund ist schwul“ oder „ich bin solo“ und schließlich „Du hattest Pipi in den Augen“ – dem Land der Dichter und Denker nicht würdig.

Mit kräftigem Applaus bedanken sich am Ende die Zuschauer. Schade, dass nicht mehr Deutsche mit und ohne türkische Wurzeln dem lustigen Comedian ihr Ohr geschenkt haben.

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