Zweibrücken Fair-Play-Liga ohne Schiri und ohne Meister

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Ralf Klohr heißt der Erfinder der 2012 beim Amateurkongress des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beschlossenen und dann peu à peu in allen Landesverbänden umgesetzten Fair-Play-Liga bei den G- und F-Junioren (bis neun Jahre). Klohr, selbst Vater und inzwischen vom DFB mehrfach ausgezeichneter Jugendleiter, hatte 2005 ein Schlüsselerlebnis. Eine Schiedsrichterentscheidung hatte bei einem Jugendspiel eine Schlägerei unter Eltern ausgelöst. Das Spiel musste abgebrochen werden. Für Klohr war klar: So kann das nicht weitergehen. Sein Lösungsvorschlag: die Fair-Play-Liga. Sie hat drei wesentliche Regeln: •Die „Schiedsrichterregel“ besagt, dass ohne Schiedsrichter gespielt wird. Die Spieler sollen selbst regeln, ob es Freistoß, Einwurf, Ecke oder Abstoß gibt. •Die „Trainerregel“ bindet Trainer und Betreuer in ihre Coaching-Zone an der Mittellinie. Nur wenn die Kinder mal nicht klar kommen, dürfen sie helfen. Die klare Botschaft an sie: Ständiges Kritisieren oder gar Beschimpfungen sind beim Kinderfußball tabu. Die Kinder sollen vor den überbordenden Emotionen siegorientierter Ausbilder geschützt werden. •Die „Fanregel“ wendet sich an die Zuschauer, in diesem Alter zumeist Eltern. Ihnen wird ein Mindestabstand von 15 Metern zum Spielfeldrand „verordnet“. „Kinder vermissen Tabellen nicht“ Für Spielsystem-Erfinder Klohr ist die Schiedsrichterregel das zentrale Element der Fair-Play-Liga. „Da im Kinderfußball die Spielregeln vereinfacht sind, es nicht um Aufstieg oder Abstieg geht, sondern um die persönliche und sportliche Entwicklung der Kinder, fördert man mit der Schiedsrichterregel die Konfliktfähigkeit und Entscheidungskompetenz der Kinder“, argumentiert er, fügt aber auch hinzu: „Den Wegfall der Ergebnisse habe ich nie gewollt. Jedes Kind kämpft, um zu gewinnen. Ergebnisse weg? Das ist Gift für den Fußball.“ Die „Elternzone“ wiederum sorge bei Kindern wie Coaches für großen Jubel. Endlich herrsche Stille. „Ich habe festgestellt, dass es nicht die Kinder sind, die Ergebnisse oder Tabellen vermissen. Das sind eher die Eltern. Einen großen Vorteil sehe ich im Aufarbeiten von Niederlagen. Da das ja völlig folgenlos ist, tun sich die Kinder viel leichter damit“, berichtet Thorsten Eschmann aus Clausen über seine Erfahrungen, die er in drei Jahren als Kreisspielleiter bei den F-Junioren gesammelt hat. Ein Spielbericht gehe nach jeder Partie online und könne dort vom Staffelleiter zu Kontrollzwecken eingesehen werden. Eschmann: „Mir sind keinerlei Probleme bekannt geworden. Ich bin ein totaler Fan dieser Fair-Play-Liga.“ Er rät sogar dazu, das System auch auf die E-Junioren (U11) auszuweiten. „Meine Erfahrung ist, dass bei den F-Junioren, der U9, eine unparteiische Autoritätsperson auf dem Platz von Vorteil wäre“, sagt der Ernstweilerer Sven Schönborn, der seit vier Jahren für die VB Zweibrücken die Kleinen trainiert. Sohn Lennard spielt in der G-Jugend (U7), Sohn Marlon in der F-Jugend. „Das mit der elternfreien Zone funktioniert bei einigen Vereinen überhaupt nicht. Was aber an den jeweiligen Eltern liegt. Wenn ich mich als Trainer um zwölf rumhupsende Kinder kümmern muss, kann ich mich nicht auch noch um die Eltern kümmern“, übt er deutlich Kritik. Die Kinder seien das kleinste Problem: „Die wollen einfach spielen und Spaß haben. Ein Foul gewinnt erst an Bedeutung, wenn von den Eltern lauthals ,Foul’ hineingerufen wird“, glaubt Schönborn. Dass die Ergebnisse im Internet bei www.fussball.de „genullt“ werden und es keine Tabelle gibt, findet er weniger gut. „Die Kinder sind ja nicht blöd. Wenn die alles gewonnen haben, dann wissen sie schon, dass sie Erster sind. Außerdem halten sich die Eltern per Whats-App sofort auf dem Laufenden.“ Die Fair Play-Liga sei vom Grundgedanken her eine gute Sache – wenn sich alle an die Regeln halten. Ohne Schiri klappt es ganz gut Mit den Contwigern haben die VBler eine Spielgemeinschaft. Bei der Palatia trainiert Daniel Reichmann den Nachwuchs von den Bambini bis zur F-Jugend, wo auch Sohn Bastian (9) kickt. „Spätestens im zweiten F-Jugend-Jahr sollte es auch eine Tabelle geben. Kinder, die dann bei fussball.de nachschauen und sehen, dass da 0:0 steht, obwohl sie wissen, dass das Spiel ganz anders ausgegangen ist, können das Warum nur schwer nachvollziehen“, findet er. Auch müssten die Kinder lernen zu verlieren. Das gehöre dazu. Aber wenn alles auf Null steht? Im zweiten F-Jugend-Jahr sollten auch die Fußballregeln, wie der richtige Einwurf, ernsthafter an die Kinder herangebracht werden. „Denn dann kommen sie in die E-Jugend, und jeder erwartet von ihnen, dass sie das beherrschen“, sagt Reichmann. Den Unterschied zu seiner Kinderzeit im Fußball sieht der Contwiger darin, dass das spielerische Niveau und die Koordinationsübungen besser geworden sind. „Heute wird auch mehr auf die Kinder eingegangen.“ Durch seinen Sohn Jakob (9 Jahre) ist Steffen Käfer vor vier Jahren zur JSG Knopp/Wiesbach gekommen und trainiert dort aktuell die F-Junioren. „Spitzenspiele wird es immer geben, weil sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen wissen, wo ihre Kinder stehen. Da wird es auch mal etwas hitziger zugehen. Fußball ohne Emotionen? Das geht nicht“, glaubt er. Das sei auch mit einer speziellen Fair-Play-Liga nicht zu ändern. Fußball sei nun mal auch Ergebnissport. Ohne Schiedsrichter? „Wenn man die Jungs lässt, kriegen die das wunderbar hin. Wir sind hier ein fairer Sportkreis. Das läuft alles in fairen Bahnen“, gilt sein Lob allen Vereinen, gegen die sein Team gespielt hat. Käfer gibt aber auch zu, dass das mit der elternfreien Zone nicht bei allen Vereinen so toll funktioniert. „Dass da gar keiner pfeift, das ist nicht gut geregelt“, findet Lütfi Haliloglu, Trainer von 23 F-Jugendlichen des TSC Zweibrücken. Wenigstens ein Neutraler vonseiten der Eltern wäre ein Vorteil auf dem Platz, gerade wenn es um Fouls geht. „Denn da haben die Kinder so ihre Schwierigkeiten, das eine vom anderen zu unterscheiden und sich zu einigen“, ist seine Erfahrung. Haliloglu schließt sich auch der Meinung an, dass im zweiten Jahr der F-Jugend die Regeln etwas strenger angewandt werden müssten. „Unsere Eltern halten sich dran“, freut sich der TSC-Trainer aber, dass seine Elternschaft den 15-Meter-Abstand zum Spielfeld akzeptiert. Seinen Kindern seien Tabelle und Ergebnisse ziemlich egal. „Die schauen nicht auf die Tabelle. Die haben nach jedem Spiel beim Neunmeterschießen ihren Spaß. Das zählt mehr“, sagt der 19-Jährige nach drei Jahren Erfahrung als Trainer bei den Kleinen. Schöne Geste bei VB-Auswärtskick Ein tolles Fair-Play hat VB-Trainer Sven Schönborn beim Spiel in Fehrbach erlebt. „Es war bitterlich kalt beim Spiel dort. Die Eltern haben sich als super Gastgeber erwiesen, indem sie in der Pause und nach dem Spiel für alle Kinder und die Erwachsenen einen warmen Tee gereicht haben“, erzählt er. Durch die Freude über die Gastfreundschaft sei die Kälte wie weggeblasen gewesen.

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