WORMS Weggang der Dominikaner als „herber Verlust“

Große Frage: Was wird aus der Wormser Pauluskirche?
Große Frage: Was wird aus der Wormser Pauluskirche?

Die Gemeinde der Wormser Pauluskirche erhielt die Nachricht beim Gottesdienst: Die Dominikaner verlassen die Stadt. So hat es das Provinzkapitel des Ordens beschlossen – „nach intensiver Beratung“, wie es heißt. Nachdem im vergangenen Jahr schon die Novizen ausgezogen waren, kommt diese Entscheidung nicht mehr völlig überraschend.

„Wir haben bis zuletzt gehofft, aber es war klar, dass der Orden auch Häuser schließen muss“, sagt der Prior des Wormser Dominikanerkonvents, Pater Johannes Zabel. Zeitgleich mit der Paulusgemeinde ging die Information auch an die Gottesdienstbesucher der Dom- und der St. Martinsgemeinde.

Dompropst Tobias Schäfer berichtet von einem Anruf aus dem Provinzkapitel heraus an einem Samstagmorgen. Dort war die Entscheidung gerade gefallen. Eine sehr schwere Entscheidung, die auch viel Enttäuschung, Trauer und Schmerz verursache – dessen seien sich alle bewusst. „Wenn man bedenkt, dass die Dominikaner 1226 nach Worms gekommen sind – übernächstes Jahr wären es genau 800 Jahre - und dass Worms eine der ältesten Niederlassungen in Deutschland ist, ist das schon sehr bitter“, erklärt Schäfer.

„Nahbare Seelsorger“

Für viele Wormser Bürger galten die Bettelorden – die Dominikaner wie die Franziskaner – über die Jahrhunderte als beliebte Seelsorger. „Während der Stiftsklerus eher für die feudalen Strukturen stand, wurden die Dominikaner als nahbare Seelsorger für die ganze Bevölkerung angesehen“, beschreibt Pater Johannes.

Nachdem der Konvent in Folge der Französischen Revolution aufgelöst worden war, entschlossen sich die Dominikaner 1925, wieder nach Worms zurückzukommen. 1929 besiedelten sie das Paulusstift, das zuvor der Altertumsverein als Museum genutzt hatte. Seitdem entwickelte sich das Kloster zur beliebten Beichtkirche. Darüber hinaus brachten die Dominikaner sich intensiv ins gesellschaftliche und kulturelle Leben der Stadt ein – etwa mit Kreuzganggesprächen, Konzerten und Ausstellungen.

Wichtige Rolle

Entsprechend eindeutig fällt die Bewertung des Dompropstes aus: „Ihr Weggang ist ein herber Verlust – gerade in einer Zeit, in der wir uns als katholische Kirche neu aufstellen.“ In deren Konzepten sei dem Kloster als einem geistlichen und kulturellen Zentrum immer eine wichtige Rolle zugedacht gewesen, bedauert Schäfer.

Nach dem Weggang des Noviziats im vergangenen Jahr sind aktuell nur noch drei Patres in Worms stationiert. Erschwerend kommt hinzu, dass Kloster und Kirche nicht dem Orden gehören. Eigentümer ist vielmehr die Wormser Martinsgemeinde. Sie hatte die nach der Säkularisation nicht mehr benötigten Räume zunächst dem Altertumsverein und schließlich, als die Dominikaner 1925 wieder nach Worms kamen, dem Orden zur Verfügung gestellt. Bei einer letzten großen Renovierung in den 90er-Jahren hatten das Bistum Mainz und die Dominikaner noch einmal viel Geld in die Gebäude investiert.

Einstimmiges Votum

Im vergangenen Jahr hatte sich die Pastoralraumkonferenz als entscheidendes Gremium für Worms und Umgebung einstimmig für den Verbleib der Dominikaner ausgesprochen. Umso mehr bedauert der Orden den Angaben zufolge, dass er am Ende zu keiner anderen Entscheidung habe kommen können.

Die große Frage, die sich daraus ergibt, lautet: Was wird nun aus der Pauluskirche? „Für uns in Worms ist es wichtig, St. Paulus dennoch als kirchlichen Ort zu erhalten“, sagt Michael Beermann, der als Koordinator des Pastoralraums die Neuaufstellung der künftigen Großpfarrei moderiert. Dafür sei ein „Plan B“ entwickelt worden, als sich der mögliche Weggang der Dominikaner abgezeichnet habe.

„Plan B“

Propst Schäfer nennt Einzelheiten: „Die Idee ist, dass dort im Kloster das zentrale Pfarramt und Verwaltungszentrum der künftigen Pfarrei angesiedelt wird, zusammen mit dem Dienstsitz des leitenden Pfarrers und Arbeitsräumen für weitere Mitarbeitende.“ Darüber hinaus gebe es die Überlegung, dass das regionale Jugendbüro Rheinhessen-Süd, das momentan im Wormser Martinushaus eingemietet ist, dorthin umziehen könnte.

Als noch weitergehende Vision bezeichnet es Schäfer, das ebenfalls künftig im Martinushaus untergebrachte evangelische Dekanatsjugendpfarramt ebenso dorthin umzusiedeln. Auf diese Weise könnte im Kloster perspektivisch so etwas wie eine ökumenische Jugendzentrale entstehen. „Das wäre ein tolles ökumenisches Pilotprojekt. Die Pauluskirche könnte man dann vielleicht zu einer ökumenischen Jugendkirche entwickeln“, so der Dompropst weiter.

Wirtschaftlich darstellbar

Zunächst gelte es nun aber, in einer Machbarkeitsstudie zu prüfen, ob sich das bisherige Kloster für die angedachte Nutzung eigne und wie hoch der Investitionsbedarf sei. Denn das Projekt müsse sich auch finanziell und wirtschaftlich darstellen lassen – das dürfe dabei nicht aus dem Blick geraten.

Ein genauer Zeitpunkt, zu dem die Dominikaner Worms endgültig verlassen, steht den Angaben zufolge noch nicht fest. Prior und Probst sind sich jedoch einig: „Es wird eine gebührende und sicher auch emotional sehr bewegende Abschiedsfeier geben. Wir haben gemeinsam zu danken für eine 800-jährige segensreiche Geschichte.“

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