Speyer Wochenchronik:

Was sind das für Zeiten? Dass die Umgangsformen oft zu wünschen übrig lassen, belegen Beispiele aus dieser Woche. Da gibt’s in Speyer-Nord eine Schlägerei unter Nachbarn wegen eines gekappten Strauchs. Da verschließen die einen Badefreunden böswillig die Parkplatz-Schranke am Binsfeld und die anderen Innenstadt-Besuchern die Ausfahrt am Kornmarkt-Parkhaus. Da uriniert einer am Leinpfad nicht nur an eine Steinfigur, sondern beleidigt auch noch eine Joggerin, die ihn dafür kritisiert, „aufs Übelste“. Das meldet die Polizei, die Zeugen und einen braungebrannten Mann Ende 50 als Täter suchte – und gestern einen reuigen, aber offenbar vorgealterten 30-Jährigen fand. Dem Fass die Krone auf setzt der Fall vom Dienstagmorgen. Ein 51-jähriger und ein 25-jähriger Autofahrer wollten auf der B 9 in Richtung Ludwigshafen fahren und gerieten in Unstimmigkeiten, als es vor der Baustelle in Höhe Speyer-Nord ans Einfädeln im Reißverschlussverfahren ging. Es wurde zuerst heftig von Lenkrad zu Lenkrad gestikuliert, dann wollte der Jüngere rechts überholen. Auf selber Höhe angekommen, hat dann der 51-Jährige eine ruckartige Lenkbewegung gemacht und mit seinem Auto den Rechtsüberholer gerammt. 4000 Euro Schaden, zum Glück keine Verletzten – was sind das nur für Zeiten? Es ist einerseits eine Zeit mit zu viel Egoismus, andererseits eine, in der auch jede Menge Wärme verbreitet wird. In der Betreuung von Asylbewerbern oder bei den Special Olympics zeigt Speyer viel Integrationswille – und das sind nur zwei von vielen Projekten. Ganz viele Leute sind für andere da, im Großen wie im Kleinen. Zum Beispiel in der Familie, in der Ehe, in der Lebenspartnerschaft – oder wie das auch immer heißt. In der Diskussion um die Homo-Ehe hat sich diese Woche auch Kirchenpräsident Christian Schad eingelassen und teilweise der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zugestimmt, die als Befürworterin der „klassischen Ehe“ angeeckt ist. Ehe sei Mann und Frau, bestätigte Schad. Mann und Mann oder Frau und Frau könne eingetragene Lebenspartnerschaft sein – damit sei aber keine unterschiedliche Bewertung der Lebensformen verbunden. Ein verbaler Slalomlauf um Fettnäpfchen. Zum Glück ist Schad kein Politiker. Politiker verzweifelt gesucht. Es ist leider nicht mehr so wie in politisierten Zeiten früherer Jahre, dass den Parteien und ihren Nachwuchsorganisationen die Leute in Scharen zulaufen. Nur die SPD und die CDU haben in Speyer noch Jugendgruppen. Aber auch bei diesen Parteien ist das Problem bekannt, unter dem andere leiden: Mittel- und Oberstufenschüler haben heute weniger Zeit als früher, und nach dem Abi geht’s weit hinaus. Dabei waren die Chancen für junge Leute schon schlechter, in der Politik Karriere zu machen. Wer klug ist und es klug anstellt, kann derzeit relativ schnell in Amt und Würden kommen. Stefanie Seiler (31) als Chefin der Speyerer SPD ist ein Beispiel, Christian Lindner (36) hat es bei der FDP sogar zum Bundesvorsitzenden gebracht. Vor Wochenfrist war er beim Spargelessen in Dudenhofen und nicht nur wegen des Geschenks von fünf Kilo des edlen Gemüses beglückt. „Wenn sie nicht geschält sind, weiß ich, was am Wochenende tun werde“, verkündete er noch launig. Der Mann muss Zeit haben … Kommt Zeit, kommt Rat. Aber: Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Es ist richtig, dass die Rufe der Ewiggestrigen, die unter ganz dunkle Kapitel der deutschen Geschichte einen Schlussstrich ziehen wollten, nicht erhört werden. So ist 70 Jahre nach Kriegsende die Gedenkarbeit aktiver denn je, und so ist das Thema Adolf Hitler immer noch nicht unbelastet. Dass die Katze, die die RHEINPFALZ in dieser Woche in ihrer Rubrik „Tiere suchen ein neues Zuhause“ vorgestellt hat, einen schwarzen Fleck unter der Nase hat, hat Scherzkekse im Tierheim dazu veranlasst, das Tier „Adolfine“ zu nennen. Gerufen wird sie meist in der besser klingenden Form „Finchen“, und dabei haben wir es dann auch im Zeitungsbericht belassen. Dass nichts missverstanden wird: Das Kätzchen ist supersüß. Und: Das Tierheim leistet hervorragende Arbeit. Übrigens: Heute feiert es Tag der offenen Tür. Hingehen – es ist Zeit dafür! Noch knapp zwei Wochen – dann ist offizieller Ausmarsch der Speyerer Bundeswehrkompanie über die Maximilianstraße. Die RHEINPFALZ wird darüber informieren, unter anderem mit einem Rückblick über die gut 50 Jahre des Standorts. Für die lange Liste der Kommandeure, die veröffentlicht werden soll, fehlten trotz hartnäckiger Recherche zwei Vornamen. Über die Pressestelle der Bundeswehr suchte die Redaktion Hilfe beim Militärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg. Er habe die Herren in den Akten gefunden, so ein Referent nach zweiwöchiger Recherche vergnügt: „Der einzige Vorname, den ich Ihnen nennen kann, ist Oberstleutnant.“ Apropos vergnügt: Wie sagt der Soldat, dem der Stabsarzt besorgt verkündet, sein Puls gehe zu langsam? „Macht nix, Herr Doktor, ich habe Zeit …“

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