Speyer Wie aus der Wundertüte

Schon zum zweiten Mal hat der Kultur- und Heimatverein in Harthausen jungen Comedy- und Kabarett-Talenten der Region eine Bühne geboten. Was dabei am Samstag im nahezu voll besetzten Historischen Tabakschuppen herauskam, war ein Abend wie aus einer Wundertüte.

Das erste Comedy-Talent war nicht ganz so neu: Kättl Feierdaach alias Jutta Hinderberger mischt schon seit einigen Jahren die Fastnachts- und andere Bühnen in und um Speyer auf. „Isch bin ä Professionelle“, outete sie sich. „Ich soll hier uffreiße, äh anwärme.“ Das war die zweite Stufe des „Anwärmprogramms“, vorher hatte schon Moderator Gabriel „Gabs“ Salzmann die Regeln des Abends geklärt: „Immer wenn ich ,Glocke’ sage, antwortet das Publikum mit ,Dingdong’.“ Das hielten die Zuschauer tatsächlich bis zum Ende durch, mit fortgeschrittenem Schorle-Genuss auch mal ohne Glocke. Kättl Feierdaach erzählte anschließend von der Pflege ihrer inneren Schönheit („Die Anti-Aging-Hautcremes ham awer net gschmeckt“) und ihrem lateinischen Kosenamen tyto alba (Schleiereule). Bertram von Freispitz aus Darmstadt hatte es mehr mit dem modernen englischen Popsong und übersetzte als eine Art Professor mit Sprachfehler und Knoten im Hirn Britney Spears’ „Oops, I Did It Again“ und Joe Cockers „You Can Leave Your Hat On“ und lieferte die „tiefe Botschaft der Künstler“ dazu: Die war bei Britney Spears die Warnung vor den korrupten Ärzten im weißen Kittel, und Joe Cocker sang über eine sehr alte, schwerhörige („Cocker muss daher mehrfach wiederholen“) Dame in der Arztpraxis. Die Zuhörer mussten beim gemeinsamen Ausarbeiten dieses Ergebnisses so sehr kichern, dass auch Bertram von Freispitz vorübergehend die ernste Fassung verlor. Nicht weniger gefährlich für den Ernst des Lebens wurde es mit Ilse Schwätzer-Hauser aus Neustadt, „Ihrer sympathischen Beraterin für alle Lebensfragen“, derzeit beschäftigt mit ihrer Doktorarbeit zum „Happy-Aging-Coaching“. „Vom Alter ist fast jeder betroffen, und es fängt ja so früh an“, rechnete sie sich Erfolg mit ihrer Praxis aus. Vorerst coachte sie Bürgermeister Harald Löffler in der ersten Reihe. Nach der Pause führte Semira Karg, die „Lola vun de Palz“ aus Frankenthal ihr „Burlesque-Enterteesement“ vor, in einer Art gut ausgefülltem Bauchtanz-Dirndl-Kostüm, „Strip-tease und dann wieder Strip-on“. Es blieb jugendfrei dank des Trikots drunter. Andreas Heck und Vanessa Banasch aus Harthausen lasen aus den Büchern des Berliner Kabarettisten Horst Evers. Dann kam der große Auftritt von Billy Flamingo und dem Orchester der Liebe aus Darmstadt. Billy Flamingo – mit Sonnenbrille, kunstvoll schlechtem Gesang und der ganz großen Show – karikierte den deutschen Schlagersänger dritter Klasse. Passend dazu spielte sein „Orchester“ aus Gitarre, Bass und Percussion – mit Hawaiblumenkette geschmückt, versteht sich.

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