Speyer Waldbestattungen in der Kritik

91-84547723.jpg

Hintergrund: Ein Friedhofsplaner aus Hamburg greift die Betreiber des Friedwaldes in Dudenhofen an und sagt: Urnenbestattungen schaden der Umwelt. Bezahlt wird er allerdings von einem Verband, in dem sich Leute sammeln, die mit klassischen Friedhöfen Geld verdienen. Trotzdem ist seine Argumentation nicht aus der Luft gegriffen.

Dudenhofen. Andreas Morgenroth ist ein Freund klarer Worte, er will schließlich eine Botschaft unter die Leute bringen: „Die letzte schlechte Tat, die man in seinem Leben begehen kann, ist seine Asche in einem Friedwald vergraben zu lassen, anstatt auf einem Friedhof, wo sie hingehört“, sagt er. Warum? „Krematoriumsaschen sind schwermetallbelastet. Wenn die Urnen sich auflösen, gelangen diese Schadstoffe in Grund und Boden und schaden der Umwelt.“ Der Friedhofsplaner aus Hamburg hat sich mit diesem Anliegen bei der RHEINPFALZ und beim Rhein-Pfalz-Kreis gemeldet. Er wollte über den Friedwald in Dudenhofen sprechen, auf dem 1877 Menschen seit der Eröffnung im April 2008 ihre letzte Ruhe gefunden haben. Pro Urne werden laut Friedwald-Sprecherin Corinna Brod durchschnittlich 2,5 Kilo Asche beigesetzt. Das heißt: Mehr als viereinhalb Tonnen Asche sind in dem Wald bereits vergraben worden. Und je nach Bodenbeschaffenheit dauert es etwa zwei bis fünf Jahre, bis sich die biologisch abbaubaren Urnen aufgelöst haben und die Asche in direkten Kontakt mit dem Boden kommt. Morgenroth sagt: „Die Friedwald GmbH wirbt sogar damit, dass man in einem sogenannten FFH-Naturschutz-Gebiet bestattet wird. Das steht aber unter dem besonderen Schutz des EU-Naturschutzrechts, es herrscht das sogenannte ,Verschlechterungsverbot’.“ Erschwerend komme hinzu, dass „im Fall Dudenhofen“ im Mittelabschnitt des Waldes mehr Asche als üblich vergraben werden soll: „Bei sogenannten Basisbäumen kann bereits nach 20 Jahren nachbestattet werden“, sagt Morgenroth. „Im Unterschied zur einmaligen Nutzung, wie sie eigentlich üblich ist und genehmigt wurde.“ Verstößt die Friedwald GmbH also gegen das Verschlechterungsverbot? Und warum interessiert sich ein Friedhofsplaner aus Hamburg für den Friedwald in Dudenhofen? Professor Jens Utermann vom Umweltbundesamt sagt dazu: „Es wird eine massive Lobbyarbeit betrieben, um Friedwälder zu bekämpfen.“ Von wem? „Da stecken Verbände dahinter, die gutes Geld mit klassischen Bestattungen verdient haben, Steinmetze und Landschaftsgärtner zum Beispiel.“ Einer sei dabei besonders aktiv: Andreas Morgenroth aus Hamburg. Tatsächlich findet man im Internet Artikel aus ganz Deutschland, in denen Morgenroth als Kritiker von Urnenbestattungen auftritt. Morgenroths Arbeit wurde laut einem Bericht des „Pinneberger Tagblattes“ früher vom Verband Deutscher Natursteinverarbeiter finanziert, indem sich Grabsteinhändler, -produzenten und Verarbeiter organisierten. Und heute? „Der ,Verband der Natursteinverarbeiter’ besteht in dieser Form nicht mehr, sondern ist in den ,Verband für Gedenkkultur (VfG)’ aufgegangen, einem Fachverband nicht nur für Steinmetze. Dieser vertritt übergeordnet die Interessen der Traditionsfriedhöfe“, sagt Morgenroth. Der Verein habe „dankenswerterweise“ auch die Prozesskosten übernommen, als sich Morgenroth im vergangenen Jahr einer Reihe von Unterlassungsklagen der Bestattungswald-Gesellschaften ausgesetzt gesehen habe. Eine der Klägerinnen war die Friedwald GmbH, bei der auch heute die Alarmglocken klingeln, wenn man den Namen Morgenroth erwähnt. „Sein Kampf ist uns schon lange bekannt“, sagt Corinna Brod. „Herr Morgenroth, der sich als Landschaftsplaner auf die Gestaltung von Friedhöfen spezialisiert hat, operiert seit einigen Jahren mit gezielter Desinformation und Falschbehauptungen und greift damit Bestattungswälder, Krematorien und auch die Urnenbestattung auf traditionellen Friedhöfe an.“ Gegen diese „wettbewerbswidrigen Falschbehauptungen“ sei man 2015 auch mit juristischen Mitteln vorgegangen. „Überwiegend mit Hilfe einstweiliger Verfügungsverfahren ist es gelungen, die Veröffentlichung und Verbreitung der entsprechenden Falschbehauptungen weitestgehend zu unterbinden. Seit einiger Zeit verschickt Herr Morgenroth nun wieder Mails und Anschreiben mit dem Ihnen bekannten Inhalt. Diese Informationen gehen auch an Kommunen, die bereits einen Bestattungswald betreiben oder planen einen zu eröffnen“, sagt Brod. Morgenroth ist ein bezahlter Lobbyist, die Frage bleibt aber trotzdem: Hat er mit seiner Argumentation recht? Stefan Kopf, Sprecher des Rhein-Pfalz-Kreises, teilt auf Anfrage mit: „Uns liegen keine Hinweise und Erkenntnisse vor, dass der Friedwald negative Auswirkungen auf das FFH-Gebiet hat.“ Die Kreisverwaltung begrüße die Einrichtung eines Friedwaldes vor dem Hintergrund, dass die entsprechend genutzte Waldfläche aus einer forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung ausgenommen werde und dadurch im Sinne des Naturschutzes „eine auf viele Jahrzehnte naturbelassene Waldfläche geschaffen wird“. Grundsätzlich gelte, dass auf der gesamten Bestattungsfläche laut Genehmigung aus dem Jahr 2008 an jedem (zuvor vom Förster ausgewählten) Baum bis zu zehn Urnen bestattet werden dürften. Kopf sagt weiter: „Die Urnen müssen biologisch abbaubar und frei von Schwermetallen und organischen Schadstoffen sein.“ Das sind sie allerdings nicht, sagt Professor Jens Utermann vom Umweltbundesamt: „Untersuchungen haben eindeutig ergeben, dass in Krematoriumsaschen nicht unerhebliche Mengen an Schwermetallen enthalten sind.“ „Hochtoxisch“ sei zum Beispiel das nachgewiesene Chrom VI, das beim Verbrennen durch Abriebe einer Chrom-Nickel-Beschichtungen in den Krematoriums-Öfen entstehe. Fraglich sei allerdings, ob der giftige Stoff ins Grundwasser gelangen könne, wenn sich die Urnen auflösen. „Das ist noch nicht abschließend untersucht“, sagt Utermann. Es gibt allerdings eine Studie der Universität Freiburg, die von der Friedwald GmbH in Auftrag gegeben und 2015 veröffentlich wurde. Zur Bestimmung der Schwermetallgehalte wurden dafür Bodenproben von Urnenstellen aus verschiedenen Friedwald-Standorten entnommen. Untersucht wurden Bodenproben, die in rund 95 Zentimeter Tiefe direkt unterhalb der Urnen entnommen worden waren. Das Ergebnis? „In einem Zeitraum von bis zu 13 Jahren nach der Beisetzung hat keinerlei Verlagerung von Schwermetallen aus Krematoriumsasche in den darunterliegenden Boden stattgefunden“, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie. Friedwald-Sprecherin Corinna Brod sagt: „Nach dem gegenwärtig wissenschaftlich fundierten Kenntnisstand ist von der Unbedenklichkeit der Totenasche für das Ökosystem auszugehen.“ Alles gut also? Professor Utermann sagt: „Nein. Wir müssen das weiter untersuchen und werden neue Kriterien entwickeln, nach denen Standorte für Friedwälder ausgesucht werden.“ Er findet zum Beispiel, dass es „nicht ideal“ sei, wenn in 80 Zentimeter Tiefe eine Urne vergraben werde, und in 90 Zentimeter Tiefe das Grundwasser beginne. Außerdem könne man sich überlegen, ob es nicht vielleicht ausreichend sei, um einen Baum herum acht Urnen zu vergraben. Sein Fazit? „Ich halte die Einrichtung von Friedwäldern grundsätzlich für okay“, sagt Utermann. „Aber die Bedingungen müssen wir uns noch mal genauer anschauen. Und daran arbeiten wir gerade.“

x