Speyer Vogel, Fisch und Löwe im Klassensaal

Mehr Selbstvertrauen: Elisabeth Paltz-Ast und FSJler Ruzhdi Hyuseinov motivieren die Vorschüler.
Mehr Selbstvertrauen: Elisabeth Paltz-Ast und FSJler Ruzhdi Hyuseinov motivieren die Vorschüler.

Elisabeth Paltz-Ast bereitet Schulanfänger, die mehr Zeit und Förderung brauchen, im Schulkindergarten der Woogbachschule auf die erste Klasse vor. Im Klassenverband bekommen sie eine Extra-Portion Zeit und Aufmerksamkeit. In Speyer gibt es diese Einrichtung darüber hinaus nur noch an der Zeppelinschule.

Bunte Schulranzen stehen neben Schulbänken, die zu einem Quadrat zusammengestellt sind. Rama, Oana, Yousef, Sandra, Maxim, Matilde und ihre Klassenkameraden können sich so gegenseitig beim Tun und Lernen beobachten. Behände malen sie ein Blatt mit einem Sonnenmandala in bunten Farben aus. „Jetzt kommt Ihr bitte zum Ende. Legt die Blätter auf den Ablagetisch, die Schnipsel kommen in den Papierkorb“, weist Elisabeth Paltz-Ast an. Jeder Schulanfänger braucht das. Doch im Schulkindergarten der Woogbachschule, der im Pavillon in einem Klassenraum neben den Erstklässlern untergebracht ist, wiederholt die Lehrerin besonders oft und behutsam, was zu tun ist. Als Nächstes sollen die Kinder einen Stuhlkreis bilden. Heute ist Tiere-Tag. Am Morgen waren die Sechsjährigen mit einem Therapiehund am Woogbach unterwegs, haben Ängste überwunden, ihn gestreichelt und gefüttert. Seit Anfang des Schuljahres lernen sie anhand eines Bilderbuches, Tierformen zu erkennen und sie zu benennen. Auf dem Boden liegen in zwei Teile geschnittene Blätter mit Tieren. „Ich habe hier Tiere versteckt. Wer findet eins?“, fragt die die Pädagogin mit einer Zusatzqualifizierung in Sonderpädagogik ihre Schützlinge. „Elefant“ und „Fisch“ erkennen zwei Kinder direkt. Paltz-Ast freut sich über die Begeisterung, aber erinnert die Schüler daran, dass sie sich melden müssen, „damit ich euch gut hören kann“. Nach zwei Runden gehen nur noch Hände hoch. „Vogel“, sagt Sandra. „Fisch“, sagt Matilde. Nach jeder Antwort folgt ein Lob. Sandra und Matilde strahlen. Danach klatscht die Lehrerin mit der Gruppe die Silben der Tiernamen. Wie viele Silben sind es? Danish erkennt einen Löwen und legt sich auf zwei Silben fest. „Lö-we“ traut der Junge aus Pakistan sich, alleine vor den Mitschülern zu klatschen. Mehr und mehr bekommen die Kinder ein Gefühl für die Worte. Alle Kinder sind bei der Sprachentwicklung verzögert. Drei von ihnen leben erst seit einem Jahr in Deutschland. Manche haben zudem Nachholbedarf bei der Wahrnehmung, Bewegung oder Konzentration. „Der Schulkindergarten gibt uns Zeit, dass sich die Kinder in der altersgleichen Gruppe entwickeln können. Anders als im altersgemischten Kindergarten messen und motivieren sie sich dadurch nur mit Gleichaltrigen“, sagt Paltz-Ast. Damit könne sie und die Förderschul-Lehrerin, die zweimal pro Woche dabei ist, die richtige Entscheidung für den weiteren Weg treffen. „Ich baue die Kinder hier erst mal auf. Sie – und auch die Eltern – lernen, sich etwas zuzutrauen und mir zu vertrauen. Dann erst gehen wir an die Aufgaben.“ Es sind die kleinen Gesten und die leisen Reaktionen, die zählen. Jedes Schrittchen ist ein Fortschritt. Paltz-Ast bricht den Stoff, der in der ersten Klasse behandelt wird, herunter auf Vorschul-Niveau: Die Natur wahrnehmen, beobachten, beschreiben, sich konzentrieren, Mengen erkennen, Buchstaben nachzeichnen. „Wir machen hier systematisch Unterricht, fangen pünktlich um 8 Uhr an – das ist im Kindergarten nicht so streng“, sagt sie. „Ich fordere die Kinder, kitzele heraus, was möglich ist.“ Die Serie Für diese Serie, eine Momentaufnahme aus dem Alltag, sind wir jede Woche gezielt in der Stadt unterwegs.

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