Speyer Stadtgeschichte: Speyerer enttäuscht nach Auswanderung in die USA

Heute weltbekannt: die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika.
Heute weltbekannt: die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika.

Enttäuscht sind heute Menschen von Verschiedenem, was aus den USA kommt oder was dort – nicht zuletzt von der politischen Führung der Weltmacht – geboten wird. Enttäuscht waren Menschen von den Vereinigten Staaten aber auch schon früher. So etwa ein gewisser M. Johann im Jahr 1842. In der „Neuen Speyerer Zeitung“ warnte er vor der Auswanderung in die USA.

„Die Moralität ist hier so weit gesunken, dass es nach meiner Meinung kein Land in Europa gibt, das moralisch so verdorben ist wie die Vereinigten Staaten“, teilte er der sechsmal wöchentlich erscheinenden Zeitung der Kreishauptstadt Speyer mit. Seine auszugsweise abgedruckte Zuschrift beginnt damit, dass der Absender „wegen getäuschter Erwartungen bald wieder nach Europa zurückkehren will“. M. Johann, dessen Vorname unbekannt geblieben ist, war einer von Zehntausenden Bayern (der sogenannte Rheinkreis Pfalz gehörte damals dazu), Badenern, Württembergern und Elsässern, die im 18. und 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten von Amerika ihr Auskommen suchten. Den Anlass dazu gaben wirtschaftliche und politische Zwänge.

„Jeder will hier reich werden“

Er muss sehr enttäuscht gewesen sein, schreibt er doch: „Ein jeder will hier reich werden, aber das ganze Wesen der Leute ist nichts als eine ungeheure Schwindelei, hauptsächlich das Bankwesen. Dieses hat das ganze Land ruiniert. Allein in Philadelphia gingen in einem Jahr 50 Millionen Thaler (offenbar Dollar, die Red.) durch Banken verloren, die bankrott gemacht haben.“ Fabrikanten, aber auch Tagelöhner „versichern von Gericht eidesstattlich, dass sie nichts besitzen. Das nennt man hier ,Benefit’ und damit ist alles bezahlt“.

M. Johann beschwert sich ferner darüber, „dass selbst die Angehörigen der höheren Stände, obwohl feingebildete Leute, nur um den Geldgewinn bekümmert sind, gleich, wie er zustande gekommen ist. Dabei haben die meisten, die auf Besuch nach Deutschland kommen und dort den Großen spielen, vielleicht schon drei- bis sechsmal Benefit gemacht“.

Ob der enttäuschte Auswanderer jemals wieder in die Pfalz zurückgekehrt ist, teilte die Zeitung nicht mit.

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