Speyer Osteuropa verliert seine Jugendlichen

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Hohen Besuch bekam die elfte Klasse des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums gestern: Im katholischen Religionsunterricht hat Erzbischof Dura Hranic aus Kroatien, der derzeit auf Einladung des Hilfswerks Renovabis die Diözese Speyer besucht, von der Situation der Jugendlichen in seinem Erzbistum Dakovo-Osijek erzählt.

Der Erzbischof spricht ausgezeichnet deutsch und hatte einen kleinen Vortrag vorbereitet. Renovabis ist das Osteuropa-Hilfswerk der katholischen Kirche und ist in 29 östlichen Ländern aktiv. Die diesjährige Pfingstaktion, die am Sonntag im Dom eröffnet wird, steht unter dem Motto: „Jung, dynamisch, chancenlos?“ und nimmt die Jugend in den Diözesen Osteuropas in den Blick. Es sind besonders die Jungen, oft die gut ausgebildeten Eliten, die nicht zu Hause bleiben, weil es dort keine Arbeit für sie gibt. „Zwischen 30.000 und 50.000 junge Leute sind in den vergangenen anderthalb Jahren aus meiner Diözese verschwunden“, berichtete der Erzbischof. Einige hätten sich offiziell umgemeldet, aber von vielen wisse man nichts Genaues. Viele seien nach Deutschland gegangen, aber auch Irland sei ein Ziel. „Ich bekam neulich eine Anfrage vom Erzbischof von Dublin: 8000 kroatische katholische junge Menschen leben mittlerweile dort, und er bat mich um einen kroatischen Priester für sie“, sagte Hranic. Berücksichtigt man die Gesamtzahl der Katholiken in seinem Bistum (547.285 nach dem päpstlichen Jahrbuch von 2013), ist der Abgang ein empfindlicher Aderlass. Die jungen Leute sind gegangen, weil die Wirtschaft des Landes zerschlagen ist und sie für sich keine Hoffnung in absehbarer Zeit sehen. „Unsere Wirtschaft beruhte zum guten Teil auf Landwirtschaft und die daran angeschlossene Nahrungsmittelproduktion. Der Krieg, der im Nordosten 1991/92 am schlimmsten war, hat alles kaputtgemacht. Ich habe hier in der Pfalz die schönen grünen Felder mit Folien und Beregnungsanlagen bewundert. Das haben wir alles nicht“, sagte Hranic. Wie im ganzen Ostblock, gehörten die Produktionsstätten dem Staat, der handlungsunfähig und oft korrupt war. „Es gibt Leute, die kaufen nun alles, aber nicht um aufzubauen, sondern um regelrecht zu plündern. Nach kurzer Zeit ist die Firma am Ende und Löhne wurden nicht bezahlt“, so der Erzbischof. Die Erzdiözese macht viel für die Jugendlichen. Eine Diözesanstelle mit zwei Abteilungen für Jugend- und Studentenpastoral kümmert sich um die Belange der jungen Leute. Es gibt zwei katholische Gymnasien, ein Jugendzentrum in Beli Manastir, das sich vor allem um Roma-Jugendliche kümmert, eine Einrichtung für Drogenabhängige, intensive Schulungen für Ehrenamtliche, viele Treffen auf Diözesanebene – vom Chorfest über eine Fußball-Liga bis zum Jugendkreuzweg, der jedes Jahr Tausende Jugendliche auf eine Wanderung von 25 Kilometern bringt. Die Fotos des Erzbischofs zeugten davon. (adö)

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