Speyer Orgelkonzerte mit Jean-Baptiste Monnot

Im Technik Museum Speyer vor der Raumfähre Buran: ein Astronaut? Nein, es ist der französische Organist Jean-Baptiste Monnot, de
Im Technik Museum Speyer vor der Raumfähre Buran: ein Astronaut? Nein, es ist der französische Organist Jean-Baptiste Monnot, der hier am Sonntag die Musik zu dem Stummfilm »Nosferatu« auf seiner Reiseorgel live improvisieren wird.

Die Raumfahrthalle im Technik Museum ist am Sonntag Konzertsaal und Kino. Jean-Baptiste Monnot improvisiert dort live auf seiner Reiseorgel zum Stummfilm „Nosferatu“. Am Abend zuvor spielt er an der Orgel im Dom.

Der Dom zu Speyer ist ein Marien- und ein Stephansdom. Ein anderer berühmter Stephansdom ist der in Wien. Dort ist heute Abend ein Orgelkonzert mit dem französischen Organisten Jean-Baptiste Monnot aus Rouen in der Normandie. Er spielt im „Steffel“ Marcel Duprés Präludium und Fuge op. 7 Nr. 1, Johann Sebastian Bachs Triosonate aus dem „Musikalischen Opfer“ BWV 1079, von Jean Guillou Saga 1 und 6 aus op. 20 und Franz Liszts Symphonische Dichtung „Prometheus“ in einer Orgelfassung.

Am nächsten Dienstag spielt der Organist auch Dupré, Guillou und Liszt (dazu Brahms und Schumann), dann in der Kathedrale in Belgiens Hauptstadt Brüssel in einem Programm „Psyche“. Und dazwischen?

Dazwischen gibt der 38-jährige Musiker, der Titularorganist der Abteikirche St. Quen in Rouen ist, zwei Konzerte in Speyer. Bei dem einem am Samstag im Rahmen des Orgelzyklus im Dom erklingen die oben erwähnten Werke von Dupré, Bach und Guillou. Auch Liszt kommt vor, hier aber mit den Variationen über den Chor „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ aus Bachs Kantate BWV 12, der später zum Crucifixus der h-moll-Messe wurde und durch den absteigenden Quartgang im Bass, den Passus duriusculus, den harten oder schweren Gang, gekennzeichnet ist.

„Was Gott tut, das ist wohlgetan“

Dieses gewaltige, wie Jean-Baptiste Monnot sagt, in tiefe Abgründe führende 20-minütige Orgelwerk endet mit dem Choral „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, der nach dem dramatischen Höhepunkt und einer kurzen Überleitung ganz leise einsetzt.

Dieser Choral kommt auch in der Trauerode von Max Reger aus dessen sieben Orgelstücken op. 145 in ganz ähnlicher Weise als Erlösungsmoment vor. Jean-Baptiste Monnot spielt diese Ode zu Beginn seines Konzertes im Dom zu Speyer.

Dieser ist übrigens gerade mal vier Meter länger als die Abteikirche in Rouen, an deren Monnot auf der letzten großen Orgel des legendären französischen Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll von 1890 spielt.

Auf der Orgel im Dom spielt er zum ersten Mal – und er war schon zu Beginn dieser Woche am Rhein, um in einer sonntagabendlichen Probe das Instrument und seine Möglichkeiten näher kennenzulernen.

„Eine Symphonie des Grauens“

Doch nicht nur deshalb war er schon in Speyer: Er lernte am Montag seinen anderen Aufführungsort hier kennen. Am Sonntag, 23. Juli, um 19 Uhr wird Jean-Baptiste Monnot nämlich in der Raumfahrthalle des Speyerer Technik Museums live zu dem Stummfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ von Friedrich Wilhelm Murnau improvisieren. Nun gibt es im Technik Museum in Speyer bekanntermaßen viele mechanische Musikinstrumente und auch Orgeln, aber doch keine, auf der man in üblicher Weise spielen kann?

Kein Problem, Jean-Baptiste Monnot bringt seine eigene Reiseorgel mit. Diese aus unterschiedlichen Modulen bestehende Reiseorgel hat er selbst konzipiert und gebaut. Sie wird aus Rouen nach Speyer gebracht und dann im Umfeld der Raumfähre Buran aufgebaut.

Wir treffen den Organisten am Montag im Technik Museum, wo er von dem Ambiente und der Besonderheit des Ortes sehr beeindruckt und begeistert ist. Mehrmals im Jahr macht er Improvisationskonzerte zu Filmen. Auch im Pariser Louvre hat er schon solche gegeben und wird er wieder geben. Zu „Nosferatu“ improvisiert er zum ersten Mal. Zur ebenfalls rund 100 Jahre alten Stummfilmversion von Victor Hugos „Der Glöckner von Notre-Dame“ hat er schon live improvisiert. Ihn beeindrucken, wie er sagt, diese Stummfilme vor allem durch die expressive Mimik der Darsteller, die allein durch ihren Gesichtsausdruck große Gefühle vermittelten. „Nosferatu“ sei ja ein regelrechter Klassiker, Regisseur Murnau gleichsam ein Bach der Filmkunst.

Frei sein

Der Organist hat sich natürlich den Film angeschaut, aber er hat bewusst keine andere Musik dazu wahrgenommen. Er will, wie er sagt, ganz frei sein und eine zu dem Film und seiner Ästhetik passende Musik ganz aus dem Augenblick heraus entwerfen.

Seine dreimanualige Reiseorgel hat nicht 8000 Pfeifen, wie die Orgelanlage im Dom, sondern 800, aber eine große Palette an Farben. Von der Akustik in der Raumfahrthalle ist der Organist angetan, diese sei trocken, aber nicht ohne Resonanz. Er sieht dem Konzert am Sonntag in freudiger Erwartung entgegen und nennt es das „Highlight“ seiner gegenwärtigen Tour. Damit findet nur neun Tage nach dem planetarischen Konzert der Staatsphilharmonie in der Raumfahrthalle abermals ein ganz außerordentliches Musikereignis an dem außerordentlichen Ort statt.

Neue Wege der Orgelmusik

Sehr einprägsam und eindrucksvoll äußert sich der schon früh ausgezeichnete Organist auch über die Werke seines Programms im Dom. Er erklärt den Rahmen mit Reger und Liszt, verweist auf die Modernität der Komposition von Marcel Dupré, die der Orgelmusik neue Wege gewiesen habe. Nicht nur bei dessen Präludium und Fuge, auch bei der Orgelbearbeitung der Triosonate aus dem „Musikalischen Opfer“ von Johann Sebastian Bach – Monnot nennt sie eine Meta-Triosonate, also eine ultimative Über-Triosonate – spielt er technisch extrem anspruchsvolle Werke.

Bei einem Meisterkurs in der Züricher Tonhalle habe er ehedem Jean Guillou diese Triosonate in Guillous Fassung vorgespielt – und dieser habe daraufhin zu ihm gesagt, nun könne er alles spielen. Monnot war zehn Jahre lang der Assistent des 2019 verstorbenen Komponisten und Organisten. Er spielt in Speyer von Jean Guillon zwei der Saga (Erzählungen). Die eine sei, so erklärt Monnot, ein ruhiges und sphärisches Stück, das zur Raumfahrt passe. Die andere ist rhythmisch geprägt und eigentlich eine freie Improvisation, die nach dem Höreindruck aufgezeichnet wurde.

Info

  • Der Orgelabend im Dom beginnt am Samstag, 22. Juli um 19.30 Uhr. Ein Gespräch mit dem Organisten ist um 18.45 Uhr auf dem Königschor. Karten im Vorverkauf unter www.reservix.de. Die Abendkasse ist ab 18.30 Uhr geöffnet.
  • Im Technik Museum heißt es „Film ab“ am Sonntag, 23. Juli, um 19 Uhr. Karten im Vorverkauf sind ausschließlich über technik-museum.de/stummfilm zu beziehen. An der Abendkasse sind zudem ab 18 Uhr Karten erhältlich.
Ortstermin in der Raumfahrthalle: Museumsleiter Andreas Hemmer, Organist Jean-Baptiste Monnot und Domorganist Markus Eichenlaub,
Ortstermin in der Raumfahrthalle: Museumsleiter Andreas Hemmer, Organist Jean-Baptiste Monnot und Domorganist Markus Eichenlaub, der für den Orgelzyklus im Dom zuständig ist (von links).
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