Speyer Modellprojekt bringt Japan und Speyer an einen Tisch

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Wie kann das letzte Quäntchen Energie aus jedem Sonnenstrahl als Strom genutzt werden? Das wird in Speyer in einem bisher einzigartigen Modellprojekt über drei Jahre erprobt. Partner von Stadt, Stadtwerke und Gewo ist Nedo, die größte öffentliche Forschungs-Organisation in Japan. Gestern wurde der Vertrag unterzeichnet. Die Japaner investieren 20 Millionen Euro.

Die Mieter in 32 Wohnungen der Gewo Wohnen in einem Haus in Speyer-Nord und einem in Speyer-West bekommen die Auswirkungen zuerst zu spüren. Sie seien bereit, die „Versuchkaninchen“ in dem Experiment zu machen, sagte Gewo-Geschäftsführer Alfred Böhmer gestern bei der Vertragsunterzeichnung im Historischen Ratssaal. Worum es geht, ist einfach gesagt, aber wohl schwer und aufwendig zu realisieren. Es geht darum, die Energie aus Photovoltaik komplett in den Eigenverbrauch zu bringen. Was nicht genutzt wird, soll in Batterien gespeichert und über Wärmespeichertechnologien mit Pufferspeichern für den Abruf etwa als Heizenergie zur Verfügung stehen. Konkret werden in den beiden Experiment-Häusern die notwendigen Anlagen (Photovoltaik-Anlagen, Energieterminal und Wärmepumpen) eingebaut. Gesteuert wird die Energienutzung über ein sogenanntes Hems – ein Haus-Energie-Management-System. Das alles im Mehrparteienhaus. Denn das Ergebnis soll in „normalen Häusern, preiswert , nachhaltig und sicher einsetzbar sein“, betonte SWS-Geschäftsführer Wolfgang Bühring. Das Projekt heißt „lokale Energieproduktion für den lokalen Verbrauch (Smart Community)“. Es geht weit über das von den SWS schon angewandte smart metering, die „intelligente Stromverbrauchsmessung“ (wir berichteten), hinaus. Es sei eine Herausforderung, aber auch eine Zukunftschance für Energieversorger in einem „transformierten Energiemarkt“, so Bühring. Es sei zu erkennen, dass die Nachfrage nach solchen Eigenverbrauchslösungen stark zunehme – weil es keine nennenswerte Vergütung auf Stromproduktion mehr gebe. Fremde Wettbewerber und Energiedienstleister treten verstärkt auf. SWS und Gewo wollten auf dem Sektor gemeinsam tätig werden. Er sei „emotional tief bewegt“, nach langer Vorbereitung den Vertrag mit dem Global Player Nedo unterzeichnen zu dürfen, gestand Bühring vor Hiroshi Kuniyoshi, dem Geschäftsführer von Nedo, und einem Vertreter des japanischen Botschafters, der aus Berlin gekommen war. Auch die Japaner nehmen das Vorhaben sehr ernst. „Es ist ein technisches und ein soziales Experiment“, sagte Kuniyoshi. Die Laufzeit ist von 2015 bis 2017. Entscheidend sei, wie die Technologie funktioniere, die sein Unternehmen entwickle, und wie es die Menschen in den Wohnungen annähmen. Die Japaner investieren im Projektzeitraum nach seinen Angaben 20 Millionen Euro in Speyer. Es ist das erste derartige Nedo-Projekt in Deutschland. Der Geschäftsführer bedankte sich für die „hervorragende Zusammenarbeit“ mit allen Partnern in Speyer. Nedo versuche weltweit, neue Technologien zu entwickeln unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse und Gegebenheiten. In der Domstadt erhoffe er sich als Ergebnis ein „Speyerer Modell von Smart Communities“, das in Deutschland, in Europa und weltweit genutzt werden könne. Bühring betonte, dass SWS und Gewo für das Experiment „den Rahmen stellen“ und die Anlagen nach dem Projektzeitraum behalten dürfen. Die sächlichen Investitionen von Gewo und SWS direkt für das Projekt bezifferte er auf rund 250.000 Euro. Die Gewo hat ihre Häuser weitgehend vorbereitet. Im Frühjahr beginnt die Installation der Photovoltaik-Anlagen. (ell)

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