Schwetzingen Michael Form wieder beim Winter in Schwetzingen

Wieder in Schwetzingen: der Blockflötist und Dirigent Michael Form.
Wieder in Schwetzingen: der Blockflötist und Dirigent Michael Form.

Im letzten Konzert des laufenden Barockfestes kommt am 31. Januar der Blockflötist und Dirigent Michael Form mit seinem Ensemble Aux Pieds du Roy zum Winter in Schwetzingen ins Schloss.

Vor ziemlich genau einem Jahr war der Blockflötist, Dirigent und Musikwissenschaftler Michael Form zuletzt beim Winter in Schwetzingen im Rokokotheater des Schlosses. Er war einer der drei Orchesterleiter beim Jubiläumskonzert, denn das Festival wurde 15 Jahre alt.

Michael Form gehört dabei zu den „Gründungsvätern“ des Barockfestes, denn er dirigierte in den ersten Jahren immer die Opernproduktionen, die damals den Opern von Antonio Vivaldi gewidmet waren.

Vivaldi steht auch am 31. Januar um 19.30 Uhr auf dem Programm des Konzerts mit dem Ensemble Aux Pieds du Roy, das Michael Form zusammen mit dem Cembalisten Dirk Börner leitet. Doch der „rote Priester“ ist nur ein Bezugpunkt für die eigentliche Hauptperson des Programms, nämlich Johann Sebastian Bach. „Bachs Labyrinth. Lost and found? Verschollene Urfassungen der Kammerkonzerte von Johann Sebastian Bach“ steht über dem Konzert im Mozartsaal. Es bringt den dritten Teil einer Trilogie von Rekonstruktionen Bach’scher Kammermusik, der auch auf CD eingespielt wurde und von dem die ersten beiden Silberlinge schon vorliegen.

Horn statt Trompete

Schlusspunkt des Programms wird eine Wiedergabe der Urfassung des zweiten Brandenburgischen Konzertes in F-Dur sein, bei dem im Unterschied zur bekannten Version statt der Trompete ein Horn mitwirken wird und jedes Streichinstrument nur einzeln besetzt ist. In den anderen Teilen des Programms spielt dann kein Horn, spielen aber immer Blockflöte, Oboe, die Solostreicher und das Cembalo.

Im Vorfeld hat uns Michael Form die Idee zu diesem besonderen Bach-Programm erklärt. Es geht um die Rekonstruktion von Kammermusikwerken, die Bach während seiner Zeit am Weimarer Hof geschrieben haben muss, die aber nicht überliefert sind.

250 Werke, so schätzt der Bach-Forscher Christoph Wolff, sind aus Bachs Zeit in Weimar 1708 von 1717 (1703 war er nur kurz dort) verloren gegangen. Wie Michael Form erklärt, schied der Komponist im Unfrieden von der thüringischen Residenz, war am Ende gar kurzzeitig hinter Schloss und Riegel. Seine Noten blieben also dort. Ein verheerender Schlossbrand, dem auch die „Himmelsburg“ genannte Schlosskirche zum Opfer fiel, und andere widrige Umstände sind Ursache für die herben Verluste.

Von Leipzig zurück nach Weimar

Ab 1731, nach harten ersten Jahren als Thomaskantor in Leipzig – das wurde Bach vor 300 Jahren – mit der Komposition von Kirchenwerken, widmete sich der Meister als Leiter des studentischen Collegium musicum mit den Musizierstunden im Café Zimmermann wieder stärker der Instrumentalmusik. Und bei den dort gespielten und erhaltenen Werken kam schon früh der Verdacht auf, dass diese Umarbeitungen früherer und verschollener Stücke sind.

Michael Form erklärt es am Beispiel des Konzertes für drei Cembali und Orchester. Die Cembalostimmen verweisen auf Urbilder für Melodieinstrumente, auf Blockflöte, Oboe und Violine. Also hat er eine Rekonstruktion geschaffen, die das Tripelkonzert quasi in seinen Urzustand zurückversetzt. Da es in Weimar kein Streichorchester gab, gibt es in seiner Fassung (im Unterschied zu früheren Unternehmungen) auch keine Tutti, nur Solisten. Und da der langsame Satz für Leipzig neu gefasst wurde und keine Vorlage aus Weimar mehr zu eruieren ist, ließ er einen neuen langsamen Satz im Stil Bachs nachkomponieren.

Wichtig für Bachs Kontakt mit der italienischen Kammer- und Konzertmusik, eben besonders auch der von Vivaldi, war einer von Bachs Dienstherren in Weimar, Prinz Johann Ernst IV., der von seiner Kavalierstour in Italien viele Musikalien mitbrachte.

Der Prinz war Geiger und Komponist sehr eindrucksvoller Violinkonzerte. Er starb schon 1715 im Alter von 18 Jahren. Bach hat in Weimar, inspiriert von der italienischen Musik der Zeit, so erklärt es Michael Form auch die Werke der südländischen Kollegen bearbeitet, da er ein großes Orchester nicht zur Verfügung hatte. Bach hat dabei, so Michael Form, die Vorlagen ebenso intensiv wie geistreich umgearbeitet. Auf diese Weise kommt nun auch das Stück von Vivaldi ins Programm.

Bach besser verstehen

Hat die Arbeit an den Rekonstruktionen sein Bach-Bild verändert, frage ich Michael Form. Ja, antwortet er – und betont, dass er dadurch weitergehende und tiefere Einblicke in dessen Musik und Kompostionsweise gewonnen habe.

Beim Konzert im Schloss wird Michael Form Blockflöte spielen, er tritt aber auch vielfach als Dirigent auf. Er möchte beide Tätigkeiten nicht missen – und er sagt, dass sich die Arbeit mit dem Instrument und am Pult gegenseitig befruchteten. Wobei er, wie er berichtet, als Dirigent im Repertoire auch weit über die Barockzeit hinausgehe.

Das Festival Winter in Schwetzingen sieht er als einen produktiven Ort der Beschäftigung mit der Barockoper. Rund 50 Kilometer von Karlsruhe entfernt, wo es ja die Händel-Festspiele gibt, bei denen er auch mehrfach gearbeitet hat, würden hier andere wichtige Facetten der Gattung vorgestellt, so wie zu seiner Zeit die Opern Antonio Vivaldis. Dass nun auch nach neapolitanischen Opern die deutsche Barockoper in den Blick genommen werde, sieht er positiv.

Info

www.theaterheidelberg.de
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