Speyer Konkrete Hilfe für Flüchtlinge

Waldsee. Zurzeit leben 84 Asylbewerber in der Verbandsgemeinde Waldsee. Schon jetzt ist kaum Platz für die Flüchtlinge und die Lage wird sich noch verschärfen. Im nächsten Jahr erwartet der Rhein-Pfalz-Kreis rund 500 weitere Asylbewerber, die auf die Gemeinden verteilt werden. „Auf einen solchen Ansturm ist keine Kommune vorbereitet. Wir haben auch keine Ad-hoc-Lösung dafür“, sagte Wolfgang Kühn (SPD), Beigeordneter der Verbandsgemeinde Waldsee, der zu einem ersten Treffen des „Netzwerks Asyl“ eingeladen hatte. Denn Handlungsbedarf besteht, die Menschen brauche Hilfe, um hier zurecht zu kommen. 54 Personen aus Waldsee, Otterstadt, Altrip und Neuhofen waren am Mittwochabend ins Waldseer Rathaus gekommen und diskutierten gut zweieinhalb Stunden mit Kühn. Am Ende stand fest, wie es vorerst weiter gehen soll. Anfang Januar werden alle, die sich für eine Mitarbeit im Netzwerk Asyl interessieren, auf Ortsgemeindeebene eingeladen. Denn, das hatte sich in der Diskussion herauskristallisiert, die Helfer möchten sich zunächst gerne als Paten für die einzelnen Asylbewerber oder Familien zur Verfügung stellen. Diese Paten sollen sich untereinander regelmäßig austauschen können. Gleichzeitig sollen aber fünf Arbeitsgruppen gebildet werden, die dann auf Verbandsgemeindeebene ein Netzwerk bilden. Eine Gruppe kümmert sich um Sprachunterricht, eine weitere hilft bei Fragen zur medizinischen Versorgung, eine dritte soll versuchen, Asylbewerber je nach deren Interessen in die örtlichen Vereine zu integrieren. Hilfe im Umgang mit den Behörden soll eine andere Arbeitsgruppe gewährleisten. Außerdem soll es noch eine Gruppe geben, die sich um die Versorgung mit Kleidern und Hausrat kümmert. Die Arbeitsgruppen waren von Kühn vorgeschlagen worden. Er ließ sich aber schnell davon überzeugen, dass Asylbewerber auch feste Ansprechpartner vor Ort brauchen und sich schwer täten, sich bei unterschiedlichen Anliegen an verschiedene Arbeitsgruppen wenden zu müssen. Ansprechpartner vor Ort sollen daher die Paten sein. Man fange ja auch nicht bei Null an, denn in Waldsee und Otterstadt gebe es schon seit vielen Jahren den Arbeitskreis Asyl der protestantischen Kirchengemeinde und ein Bündnis in Altrip. Mitglieder dieser Gruppen erklärten auch, was das Netzwerk Asyl beachten sollte. Pfarrer Andreas Buchholz aus Waldsee hält es für sinnvoll, Menschen, die sich als Paten engagieren möchten, auf diesem Gebiet fortzubilden: „Paten brauchen Austausch untereinander und Rüstzeug.“ Inge Link aus Otterstadt, die selbst schon viel Erfahrung auf diesem Gebiet hat, sagte: „Die Menschen kommen mit allen Problemen zu ihrer Vertrauensperson, da muss ad hoc reagiert werden. Dafür brauchen wir Ansprechpartner bei der Verwaltung und Unterstützung im Schriftverkehr mit den Behörden.“ Markus Lehmann, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes sagte zu, dass er und sein Vorgesetzter Thomas Hauser jederzeit ansprechbar seien. „Wir können helfen, aber wir können zum Beispiel keine Schuldnerberatung machen. Aber wir können dann vermitteln.“ Spontanen Beifall gab es für eine Deutsch-Türkin aus Otterstadt. Sie sagte: „Viele Flüchtlinge haben einen anderen Glauben, einen anderen Gott. Sie wissen nicht, wie Christen leben.“ Viele würden keine Toilette, keinen Stuhl und keinen Tisch kennen. „Sie sind nicht dreckig, sie kennen es nicht, aber sie würden es gerne lernen.“ Dazu müssten sie die Sprache lernen, aber vor der Sprache komme das Vertrauen, das müsse zuerst aufgebaut werden. In Waldsee und Otterstadt gibt es in den protestantischen Gemeindehäusern bereits einmal pro Woche Sprachunterricht. Dorthin kämen Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan oder Russland, erzählte einer der Sprachlehrer. Schön sei es zu sehen, wie sich die Menschen untereinander helfen. Wolfgang Kühn erklärte auch ganz offen, dass es in der Verbandsgemeinde Menschen gebe, die ihn und das Vorhaben, ein Netzwerk Asyl zu bilden, kritisierten. Dem müsse man aktiv mit Argumenten begegnen. Flüchtlinge seien nicht arbeitsscheu, sie dürften anfangs gar nicht arbeiten. Sie bekommen auch keinen teuren Zahnersatz, sondern nur medizinisch unbedingt erforderliche Leistungen. Außerdem solle man so genannte Wirtschaftsflüchtlinge nicht verdammen, sondern fragen, was man selbst machen würde, wenn es in der Heimat keine Möglichkeit gebe, seine Familie zu ernähren.

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