Speyer Früherer Papst sieht Speyer an Wegscheide

In Speyer leutselig: Joseph Kardinal Ratzinger vor dem Dom.
In Speyer leutselig: Joseph Kardinal Ratzinger vor dem Dom.

Das Bistum Speyer trauert um den am Silvestertag verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. Als Joseph Kardinal Ratzinger war er 1987 und 1990 zweimal im Dom zu Gast.

Als Speyer 1990 sein 2000-jähriges Bestehen feierte, durfte die religiöse Komponente in der Stadt der Kirchen nicht fehlen. Höhepunkt der kirchlichen Beiträge zum Jubiläum war die Feier des Pfingstfestes, die ganz auf den Europa-Gedanken ausgerichtet war. Ein Festgottesdienst aus dem Dom wurde live in mehrere Länder übertragen. Joseph Kardinal Ratzinger als damaliger Präfekt der römischen Glaubenskongregation war der höchstrangige von 18 Kardinälen und Bischöfen am Altar. Von 2005 bis 2013 war er als Papst Benedikt XVI. Oberhaupt der katholischen Kirche.

Bereits am Vorabend hatte Ratzinger einen großen Auftritt in der Stadt, die er drei Jahre zuvor als Mitglied der Vatikan-Delegation beim Besuch von Papst Johannes Paul II. schon kennen gelernt hatte. Ratzinger sprach vor fast 1000 Zuhörern, darunter der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), über den Auftrag der Christen beim Aufbau eines geeinten Europa. In seinem Vortrag „Europa – Hoffnungen und Gefahren“ hob der Theologe das gemeinsame kulturelle und religiöse Erbe als einheitsstiftende Kraft in der Nachkriegszeit hervor.

„Erneuerte Stadt“

Am Ende ging Ratzinger auch auf die Gastgeberstadt ein. Er bezeichnete sie in seiner Rede als „das 2000-jährige Speyer, das im Auf und Ab seiner Geschichte ein Spiegel Europas ist, seiner tragenden wie seiner zerstörenden Kräfte, seiner Hoffnungen und seiner Gefahren“. Es sei „an der Wegscheide zwischen Gallien und Germanien gelegen“. Der Rhein sei in der Pfalz schon lange keine Grenze mehr, „sondern Straße und Weg der Begegnung“. Mit der Verbreitung des Christentums sei die Stadt als Heimat gestaltet worden, „in der niemand mehr ein Fremder ist“. Ratzinger: „So konnte im neunten Jahrhundert aus dem alten Tempelberg ein Domhügel einer erneuerten Stadt werden.“

Begegnungen mit der Speyerer Stadtspitze und Einträge ins Goldene Buch gehörten bei dem Besuch 1990 ebenso dazu wie ein „Bad in der Menge“. Der oft als abgehoben beschriebene frühere Theologieprofessor Ratzinger zeigte sich dabei leutselig. Das Bistum will ab Mitte dieser Woche im Dom ein Kondolenzbuch aus Anlass von Ratzingers Tod auslegen.

Mit der damaligen Stadtspitze (von links): Roland Kern, Hanspeter Brohm, Ratzinger, Christian Roßkopf, Werner Schineller.
Mit der damaligen Stadtspitze (von links): Roland Kern, Hanspeter Brohm, Ratzinger, Christian Roßkopf, Werner Schineller.
Besuch im Juni 1990: Eintrag ins Goldene Buch des Doms.
Besuch im Juni 1990: Eintrag ins Goldene Buch des Doms.
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