Speyer Flugerlebnis für alle Sinne

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Gegen 15.45 Uhr am Sonntag reihe ich mich ein in die kurze Schlange am Stand der Super Constellation Flyers Association (SCFA) auf dem Flugplatz Speyer. Wie alle anderen Passagiere unterschreibe ich in einer Liste für den letzten Rundflug des Wochenendes mit der Lockheed L-1049 Super Constellation, kurz „Super Connie“, bei den „Airliner Classics“. Um 16 Uhr soll es losgehen. Dass es ein paar Minuten später wird, stört niemanden.

Die Gäste nutzen die Zeit bis zum Einstieg in den Oldtimer, Baujahr 1955, um ihn sich aus nächster Nähe anzusehen, Fotos oder Videos zu machen oder einfach zu staunen über das Flugzeug, das als eines der schönsten der Luftfahrt-Geschichte gilt: Drei Leitwerke am Heck, vier gewaltige Doppelsternmotoren mit jeweils rund 3400 PS, ein hohes Fahrwerk ¬– das sind die unverwechselbaren Kennzeichen des Maschinentyps, mit dem die Lufthansa 1955 ihre Transatlantik-Flüge aufnahm. Die „Super Connie“ in Speyer ist derzeit die einzige weltweit, die Passagiere an Bord nehmen darf. Dafür müssen Interessenten für mindestens ein Jahr Mitglied beim Schweizer Verein SCFA werden – Kosten: 120 Euro. Die Maschine ist bei zahlreichen Flugschauen in fast ganz Europa dabei. Sobald ein Platz frei ist, erhält der Passagier eine Benachrichtigung von der SCFA. Für den gut 30-minütigen Rundflug von Speyer aus sind dafür zusätzlich 200 Euro angefallen. Gegen 16 Uhr gehen die Vereinsmitglieder die Passagiertreppe hinauf, betreten den Veteranen. Die Luft ist heiß in der „Super Connie“, eine Klimaanlage hat sie nicht. Flugbegleiterin Regula Glutz erklärt mir, weshalb die Maschine nicht mehr als 35 Passagiere mitnimmt: „Ansonsten wäre die Versicherung sehr viel teurer.“ Im Linienflugbetrieb fanden rund 100 Reisende Platz. Noch bevor einer der Propellermotoren anläuft, wird es laut. Das Geräusch kommt vom Heck. „Das ist unsere Hilfsturbine. Sie treibt einen Stromgenerator an, mit dem die Triebwerke gestartet werden. Weil die Maschine fürs Militär gebaut wurde, wollte man sich nicht auf die Bordbatterie allein verlassen“, erklärt mit ein Crew-Mitglied. Später flog der „Star of Switzerland“ zwar auch als Zivilflugzeug, diese Sonderausstattung blieb ihr aber erhalten, wie Glutz sagt. Flugkapitän Hans Breitenmoser begrüßt die Passagiere über die Lautsprecheranlage. „Die Thermik ist heute wegen der Hitze speziell“, sagt er. Deshalb werde der Flug nicht besonders ruhig. „Falls Ihnen übel wird, schauen Sie raus. Dann kann sich das Auge anpassen“, rät der Kapitän. Gegen 16.10 Uhr startet das Cockpit-Personal die Triebwerke. Neben Breitenmoser sitzt Co-Pilot Ernst Frei, dahinter zwei Techniker. Ein Mordsgetöse. Erst recht, als alle Motoren bei hohen Drehzahlen auf der Startposition am nördlichen Bahnende noch mal überprüft werden. Gegen 16.20 Uhr werden wir leicht in die Sitze gedrückt. Dann hebt die Maschine ab, gewinnt rasch an Höhe. Über dem Auwald ist der Flug ruhig. Doch auf dem Weg nach Landau wird es turbulent. Sekundenweise sackt die „Super Connie“ ab, für einen Moment fühlen sich der Reisende fast schwerelos. Im nächsten Augenblick wird er in den Sitz gedrückt – oder aber die Knie scheinen weich zu werden, wenn man im Flugzeug gerade geht oder steht. Die „Achterbahnfahrt“ wird heftiger über dem Pfälzerwald. Über der Burg Trifels fliegt Breitenmoser einen großen Bogen, um Neustadt anzusteuern. Im Tiefflug geht es über den Flugplatz Lachen-Speyerdorf. Danach zieht der Kapitän die Maschine gleich wieder hoch. Das wiederholt er bei den Flugplätzen Mannheim, Walldorf und Speyer. Einigen Passagieren wird es speiübel, die Stewardessen kümmern sich um sie. Ich vertrage die laut Breitenmoser „kleinen Turbulenzen“ ohne Schwierigkeiten. Andere Fluggäste jubeln geradezu, wenn es hoch hergeht, etwa über dem Heidelberger Schloss. „Ich habe den Flug von meiner Frau geschenkt bekommen. Es ist super“, sagt Peter Harbusch aus Waghäusel. Er kennt sich als Segelflieger mit Thermik aus. Mein zeitweiliger Sitznachbar Frank Zimmermann aus Kassel war oft bei Kunstflügen mit historischen Maschinen an Bord, wie er mir sagt. Auch für ihn waren es nur kleine Turbulenzen. Nach weicher Landung ist der Flug mit der „Super Connie“ kurz vor 17 Uhr leider auch schon vorbei. Die Serie Für diese Serie, eine Momentaufnahme aus dem Alltag, sind wir jede Woche gezielt in der Stadt unterwegs.

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