STADTGESCHICHTE(N) Ein Speyerer Fahrrad-Konzept gab es schon vor 80 Jahren

War wohl eher ein Freund des Fahrrades: Nazi-Funktionär Joseph Bürckel.
War wohl eher ein Freund des Fahrrades: Nazi-Funktionär Joseph Bürckel.

Fahrradkonzepte sind wichtig und aktuell überall in Arbeit oder Umsetzung. Bereits als die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in Russland eingefallen war, machte sich in Speyer ein Politiker Gedanken rund ums Rad. Allerdings mit einem gänzlich anderen Hintergrund.

Der aus Lingenfeld stammende Joseph Bürckel, Reichsstatthalter in der Westmark, zu der die Pfalz, das Saarland und Lothringen damals gehörten, hatte sich gemäß einer Reichsanordnung Gedanken über den Fahrrad-Verkehr gemacht. Das betraf nach den Unterlagen des Stadtarchivs auch das damalige Zweirad-Aufkommen in Speyer.

1943 wurde dem Oberbürgermeister der Stadt unter dem Hinweis „Einschränkung des Fahrradverkehrs“ mitgeteilt, „dass Fahrräder während der Dauer des Krieges nur in dringenden Fällen benutzt werden sollen. Die Schulleiter sind anzuhalten, auf die Durchführung dieser Anordnung dauernd zu achten“.

Bummelfahrten auf der Hauptstraße

Vermutlich schlug der ranghöchste Speyerer, Gau-Propagandaleiter und Oberbürgermeister Ludwig Trampler, die Hacken zusammen und befahl den Leiter der Schutzpolizei Speyer ins Amtszimmer. Dort gab er dem Chef-Polizisten „zur Kenntnis, dass die Schupo zur wiederkehrenden Kontrolle des Radfahrverkehrs zu veranlassen ist. Dabei denke ich auch an die abendlichen Bummelfahrten der Jugendlichen auf der Hauptstraße“.

Den Grund für diese Maßnahme erfuhr die Stadt in einem Schreiben der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Darin wird „eindringlich darauf hingewiesen, dass mit Rücksicht auf die angespannte Rohstofflage auf dem Gummi- und Kautschukgebiet ein unberechtigtes Radfahren von Jugendlichen zu unterbleiben hat“.

Überwiegend Jugendliche?

Nach einer Hochrechnung des deutschen Fahrrad-Handels gibt es im Speyer der 2000er-Jahre etwas mehr als 50.000 Fahrräder. Trotz der inzwischen vielen verfügbaren E-Bikes werden auch heute wohl noch die meisten Fahrräder in der Stadt von Jugendlichen bewegt. Auch bei „Bummelfahrten“ auf der großen, breiten Maximilianstraße zwischen Dom und Altpörtel.

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