Speyer Doppelschlag des „letzten Einhorns“

Zweimal In Extremo (von oben): Frontmann Michael Rhein bei einem Auftritt kurz nach den Speyerer Konzerten und im vergangenen Ja
Zweimal In Extremo (von oben): Frontmann Michael Rhein bei einem Auftritt kurz nach den Speyerer Konzerten und im vergangenen Jahr.

Kurz vor Weihnachten die geballte Ladung Mittelalter-Mucke – das haben In Extremo dem Publikum in der Speyerer Halle 101 im Dezember 2003 beschert. Gleich an zwei Abenden hintereinander stand die Berliner Band dort auf der Konzertbühne. Auch fürs Vorprogramm der Böhsen Onkelz sind die Musiker sich nicht zu schade.

Nicht erst seit dem „Mittelalterlich Phantasie Spectaculum“, das jedes Jahr an einem August-Wochenende im Domgarten über die Bühne geht, ist Speyer ein gutes Pflaster für alle, die sich von dieser Epoche und ihrer Musik angezogen fühlen. Auch vor 15 Jahren war das schon so. Der Beleg: Am 17. Dezember 2003, einem Mittwoch, pilgerten 1200 Konzertbesucher in die Halle 101, um die wohl beliebteste Mittelalter-Rockgruppe zu erleben. So groß war die Nachfrage, dass es gleich am nächsten Abend noch einen zweiten Auftritt gab. Die sieben Recken auf der Bühne trugen gar seltsame Namen und musizierten auf ungewöhnlichen Instrumenten: „Das letzte Einhorn“ etwa sang und spielte das Zupfinstrument Cister, die Trommeln Darbuka und Davul, die Sackpfeife Binioù, Gitarre, Piccoloflöte sowie Mundharmonika. „Van Lange“ (Gitarre, Cister), „Die Lutter“ (Bass, Trumscheit – ein Streichinstrument, Pauke), „Dr. Pymonte“ (Marktsackpfeife, Schalmei, Hackbrett, Harfe, Trumscheit), „Flex der Biegsame“ (Marktsackpfeife, irischer Dudelsack, Schalmei, Drehleier), „Yellow Pfeiffer“ (Marktsackpfeife, Schalmei, Schlüsselfidel) und „Der Morgenstern“ (Schlagzeug, Percussion) vervollständigten die Gruppe. „Das letzte Einhorn“ heißt bürgerlich Michael Rhein, wurde 1963 in Thüringen geboren und gründete In Extremo 1995 in Berlin. Ursprünglich mit überwiegend akustischen Arrangements im Umfeld von Mittelaltermärkten aktiv, erweiterte die Gruppe unter anderem auf Druck der Plattenfirma ihr Spektrum in Richtung Rockmusik. Nach Speyer kam die Formation mit reichlich Rückenwind: Das Album „Sieben“ hatte Platz drei in Deutschland erreicht, die Lieder „Küss mich“ und „Erdbeermund“ liefen im Radio. Kurz nach 22 Uhr betraten die Musiker in Gewändern, die an mittelalterliche Henker erinnerten, die Bühne – erst kurz nach 0.30 Uhr verließen sie sie endgültig. „Zwar haben Schalmeien, Hackbrett und Dudelsack ein gewaltiges Mitspracherecht in den Stücken, aber auch die rockigen, fast metallischen Gitarren gehören zum festen Bestandteil der Combo“, hieß es damals im RHEINPFALZ-Konzertbericht. Der älteste Liedtext an diesem Abend stammte aus dem achten, der jüngste aus dem 15. Jahrhundert. In Extremo punkteten mit dem Erfolgsrezept, Altes neu zu beleben und trotzdem alt zu erhalten, sowie mit einer eindrucksvollen Bühnenshow. „Wir haben dem Mittelalter viel zu verdanken“, sagte Michael Rhein vor sechs Jahren in einem Interview mit der RHEINPFALZ. Kurz darauf trat die Band, die inzwischen noch erheblich an Popularität zugelegt hatte, beim Festival „Sonisphere“ auf dem Hockenheimring auf. Auch bei „Rock am Ring“ und in Wacken zählten In Extremo in den vergangenen Jahren zu den regelmäßigen Gästen. Als die Böhsen Onkelz vor drei Jahren vier Open-Air-Konzerte hintereinander auf dem Hockenheimring spielten, traten In Extremo als „besondere Gäste“ im Vorprogramm auf. Kontakt —Jetzt sind Sie gefragt, liebe Leser: Waren Sie bei diesen Konzerten dabei? Verbinden Sie eine Erinnerung mit In Extremo? Und wer sollte Ihrer Meinung nach unbedingt einmal (oder vielleicht auch noch einmal) in Speyer auftreten? —Schreiben Sie uns doch mal unter der E-Mail-Adresse redspe@rheinpfalz.de unter dem Betreff „Rock’n’Roll“ oder auf Facebook. Die spannendsten Beiträge greifen wir im Laufe unserer Serie auf.

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