Speyer Prickelnd wie Champagner

Lebt und liebt geradezu das „schwere Leichte“: das „Johann-Strauß-Orchester Kurpfalz“.
Lebt und liebt geradezu das »schwere Leichte«: das »Johann-Strauß-Orchester Kurpfalz«.

Ein mitreißendes musikalisches Feuerwerk hat das „Johann-Strauß-Orchester Kurpfalz“ am Donnerstag in der Speyerer Stadthalle entzündet. Unter der Leitung von Wolfram Koloseus begeisterten Instrumentalisten und Gast-Sänger Liebhaber gehobener Unterhaltungsmusik unter dem diesjährigen Motto „Wo die Citronen blüh’n“ mit berühmten Walzer-, Opern- und Operetten-Kompositionen und italienischen Raritäten.

„Amateur-Moderator“, professioneller Kontrabassist und Orchestergründer Frank Ringleb führte sehr beredt und mit viel Lokalkolorit durch den Abend. Das Publikum entließ das ausschließlich aus Berufsmusikern bestehende Orchester erst nach drei Zugaben. Zuvor hatte Ringleb angesichts der fortgeschrittenen Zeit schon aufs Tempo gedrückt. Koloseus ließ sich davon nicht beeindrucken. Einmal fiel er sogar Ringlebs Moderation mit seiner Klaviatur in Wort. Er setzte dramatische Schlussakkorde und gönnte Mitwirkenden, Zuhörern und Mitklatschern zum Abschluss des Neujahrskonzerts einen traditionell ausgedehnten „Radetzky-Marsch“. Koloseus, früherer Wiener Sänger-knabe, heute Dozent an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität, dirigierte vom Klavier aus. Zu Walzer- und Polka-Takten von Johann Strauß ließ er die Frackschöße fliegen und Orchester und Instrumente tanzen. Nach gelungenen Gesangeinlagen von Koloratur-Sopranistin Nikola Hillebrand und Tenor Christopher Diffey, beide Ensemble-Mitglieder am Nationaltheater Mannheim, applaudierte auch der Dirigent frenetisch. Die Besucher reisten auf dem Weg dahin, wo die Zitronen blühen, mit dem Orchester von Venedig nach Verona und San Remo. Sie lauschten dem Klang der Mandoline, mit der Konzertmeister Sorin Strimbeanu Alberto Pestalozzas „Ciribiribin“ zu einem Konzerthöhepunkt steigerte. Aus Gaetano Donizettis am 3. Januar 1847 uraufgeführten Oper „Don Pasquale“ hatte sich Sopranistin Hillebrand die Arie „Quel guardo il cavalliere“ ausgesucht und damit Begeisterungsstürme in der Stadthalle ausgelöst. Mit Leidenschaft und warmer Klangfülle stimmte Diffey ins gefühlvolle Duett „Tornami a dir“ aus Donizettis Oper ein. Aus Franz Lehars Operette „Paganini“ sang der Tenor überaus überzeugend „Gern hab ich die Frau’n geküsst“. Für Josef Rixners „Pizzicato“ mussten und konnten die Streicher ohne den Dirigenten auskommen. Souverän zupften sie ihre Geigen, Celli, Bratschen und den Kontrabass. Mit dem „Florentiner Marsch“, den der böhmische Kapellmeister Julius Fucik 1907 unter dem Titel „La Rosa di Toscana“ geschrieben hatte, beschäftigten sich die Bläser des „Johann-Strauß-Orchesters Kurpfalz“ grandios. Das Ensemble lebte und liebte das „schwere Leichte“ der Musik zwei Stunden lang in allen Facetten. Seine Spielfreude prickelte wie Champagner im Walzertakt.

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