Speyer Männer, Matrosen und der Mond

Seit 20 Jahren auf der Bühne: Aquabella.
Seit 20 Jahren auf der Bühne: Aquabella.

Vom arabischen Marktplatz über die Berge Mazedoniens bis an die irische Küste – diese Reise versprechen die Sängerinnen von „Aquabella“. Sie waren aus Berlin angereist, um am Samstag beim Kulturbeutel-Festival in der Speyerer Heiliggeistkirche zu singen. Haben sie ihr Versprechen gehalten?

Ein Abend mit deutschem Schlager ist das sicher nicht. Im Gegenteil: Bis zu 20 Sprachen sollen im Innenraum der Heiliggeistkirche erklingen. Weltmusik: Musik aus allen Ecken der Welt. „Jubilee“ heißt das Programm. Es feiert das 20-jährige Bestehen von Aquabella. Aquabella – das sind an diesem Abend Bettina Stäbert, Nadja Dehn, Anett Levander und Nina Rotner. Alle sind ausgebildete Sängerinnen und Schauspielerinnen. Um die Kirche zu klanglich zu füllen und die zahlreichen Kulturbeutel-Besucher zu bezaubern, haben sie vor allem ihre Stimmen. Ein Orchester gibt es nicht. Nur wenige Instrumente kommen zum Einsatz wie eine Cajon oder eine arabische Trommel. Spanisch, Finnisch, Hebräisch, Arabisch – Aquabella singt ausländische Lieder. Aber auch Lieder, die das Ensemble von seinen Reisen mitgebracht hat, wie Stäbert im RHEINPFALZ-Interview berichtete. „Für jedes Lied arbeiten wir mit einem Muttersprachler zusammen“, sagte sie. Einzige Ausnahme ist „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen als Zugabe. Den Zuhörern wird also etwas vorgesetzt, das sie noch nie gehört haben und auch nicht verstehen. Das macht zwei Dinge notwendig: eine Anmoderation und eine Performance. Wie im Musical setzt Aquabella deshalb auf Gestik und Mimik. Und sie bauen eine Bildergeschichte ein, als sie ein Lied aus Schweden anmoderieren: „Die Jungfrau soll einen König heiraten, ist aber in einen Matrosen verliebt und mit ihm flieht.“ Sie entrollen Bild für Bild eine Banderole, sodass der Zuhörer versteht, über was sie singen. Zum Programm gehört auch ein Lied aus dem 17. Jahrhundert „in hebräischer Sprache mit arabischem Akzent“. Andere Lieder sind „Mas que nada“, „Aisha“ oder „Hijo de la Luna“. Obwohl sie auch hierzulande bekannt sind, präsentieren Aquabella ein neues Hörerlebnis. Die vier Stimmen fragmentieren den Song, lassen ihn mehrdimensional wirken. Die Abstinenz von Instrumenten lenkt die Aufmerksamkeit auf Text und Inhalt. „In Hijo de la Luna bittet eine Frau den Mond, ihr einen Mann zu schenken. Der Mond willigt ein, unter der Bedingung, dass das erste Kind ihm gehört.“ Die Geschichte geht dramatisch aus: „Das Kind kommt zur Welt und hat eine weiße Haut und graue Augen. Der Vater vermutet deshalb Ehebruch, tötet die Mutter und bringt das Kind ins Gebirge. Wenn Halbmond ist, schaukelt der Mond es in der Sichel.“ Verstaubt klingt Aquabella nicht, obwohl es die Gruppe seit 20 Jahren gibt und seine Lieder noch älter sind. Den vier Sängerinnen aus Berlin gelingt der Spagat, professionell zu sein – alle Lieder mit den komplizierten Texten im Kopf zu haben, hat Jahre gedauert – und dennoch die Lieder so frisch zu präsentieren, als hätten sie sie soeben erst entdeckt. Am Ende tanzen sie zu einem bulgarischen Volkslied, sodass man die Kirche mit bester Laune verlässt.

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