Speyer „Immer wieder drängt sich das Sams nach vorne“

Herr Maar, Ist das Sams ein Alt-68er? Sprich: Steckt in ihm der Geist der Rebellion gegen die starren Ordnungsmächte?

Wenn das Sams auch nicht vordergründig gegen die „starren Ordnungsmächte“ rebelliert, merkt man dem Buch doch den Geist der damaligen Zeit an. Schließlich habe ich es 1968 geschrieben, auch wenn es erst 1972 veröffentlicht wurde. Ein bisschen könnte mit der starren Ordnungsmacht auch meine bürgerliche, autoritäre Herkunftsfamilie gemeint sein. Haben Sie Anfang der 1970er-Jahre den dauerhaften Erfolg des ersten Sams-Buches geahnt oder erhofft? Nein, der hat mich selbst überrascht. Waren schon immer mehrere Bücher geplant? Eigentlich war nur der erste Band geplant. Dann kamen so viele Kinderbriefe, in denen die Absender gegen den offenen Schluss protestierten und ein rundes Ende forderten: Das Sams solle wiederkommen und für immer bei seinem „Papa“ Taschenbier bleiben. Diesen Wunsch habe ich ihnen dann erfüllt. Dann kamen begeisterte Briefe: Wie schön, dass Sie Fortsetzungen schreiben! Wann erscheint der nächste Band? Verstehen Kinder die Sams-Bücher heute anders als vor über 40 Jahren? Was sind da Ihre Eindrücke? Die Kinder lachen immer noch bei den selben Szenen wie bei meinen ersten Lesungen vor 40 Jahren. Freut es Sie, dass auch Erwachsene mit Begeisterung Ihre Bücher lesen? Ja, natürlich! Nach meinen Lesungen höre ich von vielen Eltern: Die Samsbücher waren meine Lieblingsbücher als ich ein Kind war. Jetzt lese ich sie meiner Tochter oder meinem Sohn vor und erlebe dabei die gleiche Lesefreude wie damals. Ist die Geschichte vom Sams auserzählt oder gibt es noch Geschichten über es, die Sie noch nicht erzählt haben? Sprich: Kann es dort eine Fortsetzung geben? Nach jedem neuen Sams-Band denke ich „Nun ist die Geschichte wirklich auserzählt“ und wende mich anderen Themen zu. Aber immer wieder drängt sich das Sams vehement in meiner Fantasie nach vorne: „Ich bin immer noch da!“ Gerade habe ich ein neues Samsbuch geschrieben – nämlich „Das Sams und der blaue Drache“ – und das Manuskript an den Verlag geschickt. Das Buch, das Marionettenspiel der Augsburger Puppenkiste, Theaterstück, Musical oder Realfilm – das Sams gibt es in vielen Versionen. Drängt der Stoff zur Szene und zur bildnerischen Darstellung? Sie waren ja auch am Theater und illustrieren Ihre Bücher. Wie ist Ihre Einschätzung der unterschiedlichen Genres? Jedes dieser Genres hat eigene Gesetze, und es reizt mich, sie kennenzulernen und auszuprobieren. Beim Filmdrehbuch denke ich in Bildern und Schnitten, beim Theaterstück gibt es keine beschreibende Details, da muss alles über den Dialog erzählt werden, und beim Musical kommt es zu einer anregenden Zusammenarbeit mit verschiedenen Komponisten. Dass Kinder viel lesen, ist ganz wichtig. Das ist klar. Was können die Eltern tun, damit ihre Kinder viel lesen. Was wir alle, die Gesellschaft? Der beste Weg zum Selberlesen führt über das Vorlesen. Das Kind muss ja erst ein Gefühl dafür entwickeln, was eine Geschichte ist, um das Bedürfnis zu entwickeln, mehr von diesen Geschichten kennenzulernen. Kinderbücher haben meist eine Botschaft, die die Kinder fast immer auch klar erkennen. Welche Botschaften waren und sind Ihnen bei Ihren Kinderbüchern besonders wichtig? Welche Botschaft vermittelt Ihr neues Buch „Der kleine Troll Tojok?“ Nicht jedes Buch muss eine Botschaft haben. Wenn ich bei einer langen Bahnfahrt einen Krimi lese, frage ich mich hinterher nicht: Was war denn jetzt die Botschaft? Ein Buch kann einfach nur spannend oder witzig sein. Wenn man beim kleinen Troll eine Botschaft herauslesen will, dann die, dass Freundschaften wichtig sind. Wie gefällt Ihren die Ausstellung in Speyer? Ganz ausgezeichnet. Man hätte sie nicht besser gestalten können. Und wie gefällt Ihnen Speyer? Eine schöne, alte Stadt mit einem beeindruckenden Dom! Termin und Vorverkauf —Am Samstag, 4. Mai, um 15 Uhr liest Paul Maar im Historischen Museum der Pfalz Speyer aus seinem neuesten Kinderbuch „Der kleine Troll Tojok“. —Eintrittskarten für die Lesung sind an der Museumskasse oder unter www.tickets.museum.speyer.de erhältlich.

x