Speyer Glocken von Speyer: Im Dom läuten selten alle neun

Kennt sich im Glockenturm aus: Der gelernte Elektriker Günter Frey kümmert sich um die Technik im Dom.
Kennt sich im Glockenturm aus: Der gelernte Elektriker Günter Frey kümmert sich um die Technik im Dom.

Im imposanten Glockenturm des Speyerer Doms sind insgesamt neun Exemplare untergebracht. Die mächtige Kaiserglocke wiegt stolze 5,3 Tonnen. Der Aufstieg ist mühsam. Die Steuerung der Glocken erfolgt über einen kleinen Kasten, der nicht größer als ein Aktenkoffer ist.

Genau 240 Stufen sind zu erklimmen, dann steht man in der Glockenstube des Doms. Glockenstube, damit ist der achteckige breite Turm direkt oberhalb der Fensterrosette im Westbau gemeint, wenn man auf der Maximilianstraße stehend nach oben Richtung Dom schaut. Der 58-jährige Günter Frey bewältigt die Stufen in flottem Tempo, ohne einen schnellen Atemzug. „Ich war heute schon einmal oben“, meint er. Der gelernte Elektriker ist seit drei Jahren als Techniker im Dom zuständig für alles, was man im weiten Sinn unter diesen Begriff fassen kann, ob ausgefallene Mikrofone oder Glühbirnen, ob Turmuhr oder eben auch all die Leitungen, die dafür sorgen, dass die richtigen Glocken zur richtigen Zeit in der richtigen Weise anschlagen. Außerdem ist er ausgebildeter Ersthelfer für Erste-Hilfe-Leistungen und Arbeitssicherheitsfachkraft. Hundert Stufen sind es zum Kaisersaal. Der liegt unterhalb des Glockenturms und hat in der Mitte im Fußboden ein großes Loch, das „Glockenloch“. Es war wohl ursprünglich von den Erbauern der vorderen Halle zu Beginn des 19. Jahrhunderts dazu gedacht, die Glocken bei Reparaturen nach unten zu bringen. „Tatsächlich passen die aber da nicht durch“, weiß Frey, „zumindest die großen nicht. Müssten tatsächlich Glocken heruntergeholt werden, würde das mit Kränen von außen erfolgen“. Weitere 100 Stufen geht es vom Kaisersaal bis zum Eingang der „Glockenstube“. Auf 33 Metern Höhe kommt man am Rettungsfenster vorbei. Dessen Höhe entspricht der der längsten Feuerwehrleiter. Über diesen Weg würden Menschen in Notfällen von der Feuerwehr geholt. Alles, was man zur Erstversorgung braucht, ist hinter einer Tür gegenüber dem Fenster untergebracht. Vom Eingang der „Glockenstube“ sind es dann noch einmal 40 teils hölzerne, teils metallene Stufen hoch bis zu den Glocken. Sie sind wirklich respekteinflößend, vor allem, wenn dann noch plötzlich die Turmuhr anschlägt. Hölzerne Schall-Leitbretter mit Lamellen sorgen zusätzlich für die Verbreitung des Klangs. Die Viertelstunde, halbe und Dreiviertelstunde zu schlagen ist Aufgabe von zwei der jüngeren, kleinen Glocken, „Bim Bam“ machen sie. Die volle Stunde wird zweimal geschlagen, erst von der zweitgrößten, der Kaiserinnenglocke, dann wiederholt die Kaiserglocke. Nicht größer als eine Aktentasche ist das Gerät, in das die Programmierungen eingegeben sind, die Stundenschlag und Geläut der riesigen Glocken steuern. Kleinigkeiten kann Elektriker Frey selber regeln, den Wartungsdienst für Glocken und Turmuhr versieht die Firma Bose in Rodalben, seit Generationen. „Ich bin nicht besonders musikalisch, aber wenn was mit den Glocken nicht stimmt, etwa eine aus dem Takt ist, das höre ich sofort“, sagt Frey. Das sagt auch der frühere Domschweizer Bernhard Volk, der von 1975 bis 2014 der Hüter der Glocken war: „Wenn irgendwas nicht in Ordnung war, das hab’ ich gleich gehört.“ Einmal musste er sogar mit seinem ganzen, nicht unbeträchtlichen Körpergewicht die große Glocke anschieben. „Das hat mir hinterher keiner geglaubt“, erinnert sich Volk. In der Sakristei hängt die „Läuteordnung“. Darin ist genau festgelegt, zu welchen Gelegenheiten wie geläutet wird. Dort steht dann zum Beispiel: „Einläuten der höchsten Feiertage Glocken 1 bis 9, am Schluss Glocke 1 für zwei bis drei Minuten alleine nachläuten.“ Im Alltag sind alle neun Glocken gar nicht so oft zu hören: Nur beim Stadtgeläut oder in der Silvesternacht, wenn alle neun gemeinsam das alte Jahr verabschieden. Stirbt der Bischof oder der Papst, läutet die Kaiserglocke allein. Das Gesamtgeläut kann man sich sogar im Internet herunterladen und beispielsweise auch als Klingelton für das eigene Handy benutzen. Dazu muss man auf der Webseite des Domes auf www.dom-zu-speyer.de unter der Rubrik „Wissenswert“ auf den Reiter „Glocken“ klicken. Ganz unten wird der Download angeboten. Zitiert „Ich bin ... nicht besonders musikalisch, aber wenn was mit den Glocken nicht stimmt, das höre ich sofort.“ Günter Frey, Techniker im Dom Speyerer Glockenwitz Die Familie fährt zur Taufe. Da fangen die Glocken der Gedächtniskirche an und läuten: „Ein Kind ist uns geboren, ein Kind ist uns geboren“. Die von St. Josef sind neugierig: „Von wem denn, von wem denn“. Da kommt die Kaiserglocke mit ihrer tiefen Stimme: „Vom Domprobst, vom Domprobst“. Und das Arme-Sünder-Glöcklein des St. Magdalenenklosters ist vorlaut auf pfälzisch: „sch` habs glei gewißt, sch`habs glei gewißt“. Der Speyerer Glockenwitz in der Version von Bernhard Volk, ehemaliger Domschweizer. Die Serie Die RHEINPFALZ stellt jede Woche ein Geläut in der Domstadt vor. Klargestellt Zu unserem Artikel über die Glocken von St. Joseph hat uns Leser Karl-Heinz Keppner Korrekturen geschickt, die die Glockensachverständige Birgit Müller bestätigte. Demnach hatte die Josephskirche auch in der Zeit zwischen 1917 und 1960 ein Geläut. 1914 hatte sie vier Glocken mit den gleichen Schlagtönen wie die der jetzigen Glocken bekommen. Die Glocken bo und g1 wurden 1917 eingeschmolzen, die Glocke d1 im Jahr 1942. Bis das neue Geläut 1960 geliefert wurde, läutete noch die alte Glocke f1, die verkauft wurde. Die exakten Gewichte der heutigen vier Glocken sind: St. Joseph, 3890 kg, Schlagton bo; St. Maria 1813, kg, d1; St. Ägidius 1328 kg, f1 und St. Georg, 911 kg, g1.

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