Speyer „Gepflegter Rasen bringt der Natur nichts“

Farbenpracht: Natur im Frühling.
Farbenpracht: Natur im Frühling.
Herr Gaggermeier, überall wächst und blüht es derzeit. Ist der Frühling für Sie die schönste Jahreszeit?

Ja, dem stimme ich zu. Aber gleich gefolgt vom Herbst, der Erntezeit. Ich finde im Frühjahr sehen wir das Wunder der Natur der Entstehung neuen Lebens sehr intensiv. Schnell verändert sich die kahle Landschaft zu einem Blütenmeer. Und überall dieses zarte, leuchtende, helle Grün. Das weckt die Lebensgeister und motiviert zur Arbeit in der schönen Natur. Welche Pflanzen passen gut zur Oster- und Frühlingszeit? Schneeglöckchen, Osterglocken, Veilchen, Hyazinthen, Tulpen, Frühlingskrokus und Narzissen fallen mir da spontan ein. Die ersten Salat- und Gemüsepflanzen, Frühlingskräuter wie der Bärlauch bringen auch in der Küche den Frühling. Es ist viel vom Klimawandel die Rede. Spüren Sie als Pflanzenfreund Auswirkungen? Blühen zum Beispiel zur Osterzeit heute andere Pflanzen als vor ein paar Jahren? Da muss man aufpassen, Ostern ist flexibel, mal fällt das Ostereiersuchen in den März, mal liegt es im April. Und ein paar Wochen Unterschied bewirken viel. Ich möchte die Frage aber mit Ja beantworten. Nehmen wir nur die Frühjahrsstürme der letzten fünf Jahre. Diese gab es früher nicht in der Häufung. Generell ist sichtbar, dass sich die Wetterextreme häufen. Sehr deutlich wird der Klimawandel am Befall unserer Natur durch eingewanderte Schädlinge und Krankheiten, die es früher in unserer Region nicht gab. Nehmen wir zum Beispiel die Kirschessigfliege, den Buchsbaumzünsler und die Asiatische Tigermücke. Auch Pilzkrankheiten die vor allem auch unseren Wäldern zu schaffen machen, sind auf dem Vormarsch. Trockenstress, wie im letzten Jahr, verschärft die Situation zusätzlich. Was mögen Sie lieber: Eine gepflegte Rasenfläche oder eine bunte Wiese? Ganz klar, eine Wiese, die ist Insektenfreundlich. Gepflegter Rasen bringt der Natur nichts. Ich möchte ihn aber dennoch nicht verteufeln. Er hat auch seine Daseinsberechtigung, denken wir nur an unsere Fußballplätze, Freizeitflächen, Liegewiesen oder auch nur als gestalterisches Element in einem Gartenkonzept. Was halten Sie von dem Trend hin zu Steingärten? Das finde ich toll, so wäre vor zehn Jahren meine Antwort gewesen. Wenn wir heute von Steingärten reden, meinen wir leider diese steinernen Gärten. Die haben nichts zu tun mit einem schönen, traditionellen Steingarten. Kies und Schotter, in allen möglichen Körnungen und Farben aus Steinen, die teilweise noch importiert werden – einfach nur schlimm. Diesem Trend versuchen wir, wo es geht, entgegenzuwirken. Da ist viel Aufklärung erforderlich. Welche Nützlinge können mit dem Geröll etwas anfangen? Keine Zeit ist kein Argument! Es gibt Bodendecker, auch immergrüne, und Stauden die so gut wie keine Pflege benötigen. Da ist im Herbst auch kein Laubsauger erforderlich, wie er zum Einsatz kommt, um die Blätter von den Schotterflächen zu holen. Das ist sehr schade für unsere Igel. Mit welchen Pflanzen im Garten kann man Insekten etwas Gutes tun? Sehr gut eignen sich Pflanzen, die Pollen tragen. Nicht geeignet sind speziell gezüchtete Hybridpflanzen, man erkennt sie in der Regel an den gefüllten Blüten. Generell empfehle ich einen Kräutergarten, den kann man dann sogar selbst noch nutzen. Es gibt fertige Saatgutmischungen – Wildkräuter, Bienenwiese und so weiter – damit macht man nichts falsch. Auch eine Lavendelfläche sieht nicht nur toll aus und riecht gut, sondern ist ein Festmahl für die verschiedensten Insektenarten. Wenn es doch ein Rasen sein soll, was gilt es bei der Pflege zu beachten? Im Frühjahr vertikutieren, das macht dem Rasen Luft, ergänzend kahle Stellen nachsäen. Den Rasen nicht extrem kurz mähen. Nachdüngen, aber bitte nur das, was der Boden braucht. Eine Bodenanalyse ist bezahlbar und gibt Aufschluss über die reale Nährstoffsituation. Auch Überdüngung kann den Rasen zerstören. Und natürlich Wasser. Intensiv und seltener ist besser als viel und zu wenig.

x