Speyer Der doppelte Michael

Namensgleichheit: Bernhard Kaas an der Bernhardsglocke. Im Hintergrund die drei anderen Glocken.
Namensgleichheit: Bernhard Kaas an der Bernhardsglocke. Im Hintergrund die drei anderen Glocken.

Bernhard Kaas hat schon viele Führungen durch die Kirche St. Bernhard gemacht, zu deren Ensemble ein kleines Spiritaner-Kloster, der Friedhof des Domkapitels und der freistehende Glockenturm gehören. Mit den Details zu den Glocken habe er sich aber nur wenig beschäftigt gehabt, gesteht der Vorsitzende des Pfarreirats der Speyerer Pfarrei Pax Christi ein; er hat es noch rechtzeitig gemacht, bevor er ins oberste Stockwerk des Turmes hinaufsteigt.

Vier Glocken hängen dort, zwei unten, zwei oben. Die größeren unten sind dem heiligen Bernhard und dem Erzengel Michael gewidmet, die oben der Gottesmutter Maria und dem Heiligen Ludwig. Die Auswahl hat wohl auch mit der besonderen Geschichte der Kirche zu tun: Sie ist 1954 als deutsch-französische Friedenskirche geweiht worden; französische Katholiken hatten das vom Speyerer Domkapitel beschlossene Projekt mitfinanziert, hochrangige Geistliche aus dem Nachbarland standen mit am Altar. Zur Grundsteinlegung im Jahr zuvor – und damit gerade acht Jahre nach Ende des Krieges – war der frühere französische Außenminister Robert Schuman an den Rand des historischen Stadtkerns gekommen. Der Namenspatron ist also Bernhard von Clairvaux, ein französischer Ordensgründer. „Seine“ Glocke ist die größte und hängt in der unteren Reihe neben der Michaelsglocke. Diese könnte Kaas zufolge den „deutschen Michel“ symbolisieren, die darüber hängende Ludwigsglocke dagegen eine Widmung für Frankreich sein: Der heilige Ludwig, 1270 verstorben, war der französische König Ludwig IX. Dazu kommt eine Marienglocke, die einerseits zur Patronin des Bistums passt. Andererseits sei der heilige Bernhard ein großer Marienverehrer gewesen, so Kaas. Sein eigener Vorname habe nichts mit den Glocken zu tun. Er sei erst 2000 nach Speyer gezogen, so der 46-jährige Geschichts- und Religionslehrer, Fortbildungsleiter in der Bistumsverwaltung. Auch wenn er sich die Geschichte der Glocken anlesen musste – an sich kennt er das Geläut gut. Die elektronische Steuerung in der Sakristei hat er auf Bitte von Pfarrer Matthias Bender programmiert: „Die Technik ist nicht die Jüngste, sie funktioniert aber reibungslos.“ Vor den Gottesdiensten, je eine Minute lang täglich um 12 und um 18 Uhr und zu besonderen Ereignissen wie Weihnachten oder Neujahr („14 Minuten ab 0.01 Uhr“) erklingen sie. 1954 sei darauf geachtet worden, dass sie mit dem Domgeläut harmonieren, sagt Kaas. An Sonntagen rufen alle vier zu den Messen, an anderen Tagen nur die drei höchsten. Das Totenglöckchen im Giebeltürmchen gegenüber, an der Kirche, wird bei Beerdigungen nur allein geläutet. „Zusammen klingt es nicht schön.“ Zwei der Glocken seien eigentlich gar nicht für Speyer bestimmt gewesen, sondern für die Dürkheimer Ludwigskirche, erzählt Kaas noch, als er – vorbei an brandschutzbedingt nicht mehr genutzten Jugendräumen – die Turmtreppe wieder hinabsteigt. „Es lag aber eine Fehlplanung vor, in Bad Dürkheim wäre das eine Kakophonie gewesen.“ So sei, mitinitiiert von der für beide zuständigen Frankenthaler Glockengießerei Hamm, umgeplant worden. Einen Einschnitt gab es 1987 wegen eines Sprungs in der Michaelsglocke: Sie wurde ersetzt. Die Nachfolgerin ist in Karlsruhe gegossen und schlichter in der Beschriftung, hat anders als die älteren Glocken auch keine kunstvoll gesetzten Bibelverse. Bei Bernhard und Ludwig sind etwa zwei Stellen zitiert, die beide auf den Heiligen Geist als Handelnden verweisen. „Das finde ich ganz schön“, sagt Kaas. Die alte Michaelsglocke ist am Zugang zum Friedhof zu besichtigen. Sie sind vorzeigbar, die Glocken von St. Bernhard, aber sie werden nicht mehr vorgezeigt: Der Pfarreirat habe entschieden, im Turm keine Führungen mehr anzubieten, sagt Kaas: Die Balkone oben seien baulich angegriffen. Offene Türen wie 2016 beim „Fest der Kulturen“ könne es also im Glockenturm nicht mehr geben. Zitiert Die Glocken der Bernhardskirche zu hören, ist für mich wie … „ ... eine Aufforderung zum Mitsingen.“ Bernhard Kaas, Pfarrei Pax Christi . Die Serie Die RHEINPFALZ stellt jede Woche ein Geläut vor, das in der Domstadt regelmäßig Gläubige zum Gebet ruft.

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