Speyer Baustelle Salierbrücke: Speyerer Einzelhandel fürchtet Umsatzeinbußen

Die Innenstadt am Dreikönigstag im vergangenen Jahr: Die Speyerer Einzelhändler hoffen, dass die badischen Kunden ihnen auch wäh
Die Innenstadt am Dreikönigstag im vergangenen Jahr: Die Speyerer Einzelhändler hoffen, dass die badischen Kunden ihnen auch während der Brückensanierung treu bleiben.

Am Montag wird es ernst an der Salierbrücke. Die Baustelle wird eingerichtet. Der Speyerer Einzelhandel befürchtet schmerzliche Umsatzeinbußen durch die zweijährige Sperrung. Mit Unterstützung der Stadtverwaltung steuert er in einer Marketingkampagne dagegen.

Für Speyers Einzelhandel ist die Salierbrücken-Sperrung reine Nervensache. Den meisten Geschäftsinhabern fehlen konkrete Zahlen, aber alle schwärmen von der Bedeutung der badischen Kunden, die oft viel lieber in Speyer als in Schwetzingen oder Hockenheim einkaufen. „Gewisse Umsatzeinbußen wird es geben“ – wie Andrea Veth (Hut-Beisel), die Vorsitzende der Innenstadt-Leistungsgemeinschaft „Das Herz Speyers“ mit knapp 50 Mitgliedern, denken viele. Aber: Wie „schlimm“ es genau wird, das weiß (noch) niemand. Abwarten ist angesagt.

Reine Nervensache

Veth spricht von 30 bis 40 Prozent Kunden aus dem Badischen in ihrem Fachgeschäft am Altpörtel, ist aber guter Dinge, dass diese bereit sind, von 2019 bis 2021 Umwege bei der Anfahrt in Kauf nehmen: „Ich arbeite aber in einer Nische, da gibt es nicht so viele Alternativen. Schwieriger dürfte es für die Branchen werden, die es überall gibt.“ Michael Schmitt ist mit seinem Modegeschäft im Bereich der Alten Münze eine der ersten Anlaufstellen für viele Badener, die am Festplatz parken – und ebenfalls recht guter Dinge: „Die Leute werden uns finden“, sagt er. Er habe ein großes badisches Einzugsgebiet und werde seine Werbung dort beibehalten. Anders als Veth sieht er jedoch das Drittel beim Anteil seiner badischen Kunden nicht erreicht. Beim Kaufhof und beim Schuhhaus Bödeker war von „bis zu 30 Prozent“ die Rede. Inhaber Peter Bödeker war einer derjenigen, die für städtisches Gegensteuern geworben hatten.

Marketingkampagne startet mit 50.000 Euro Umfang

Bödekers Wunsch, in der Sperrungszeit auf den kommunalen Parkplätzen keine Gebühren zu erheben, ist zwar nicht erhört worden, doch die Stadt nimmt mit Unterstützung der Geschäftsleute eine noch nicht bezifferte Summe für eine Marketingkampagne in die Hand. Zielmarke sind Stadt-Pressesprecher Matthias Nowack zufolge 100.000 Euro pro Jahr, wobei es zuletzt erst Zusagen für rund 50.000 Euro gegeben hatte. Unter anderem sollen von der Leistungsgemeinschaft „Das Herz Speyers“, der Sparkasse oder dem Verkehrsverein zugesagte Mittel für die Tourismusförderung dafür umgewidmet werden. Ende November hat nach einem Ideenwettbewerb die Mannheimer Agentur Pozzi7 dafür ein Konzept – Motto: „Speyer. Viel zu erleben!“ – vorgestellt. Im Grundsatz gab es grünes Licht. Im Detail ist noch einiges zu klären. Kurz vor Weihnachten hat Koordinator Nowack von Pozzi7 Entwürfe für eine alternative Farbgebung vorgelegt bekommen, weil das dominierende Gelb nicht allen zusagte. Auf Bitte des eigens konstituierten Beirats für Stadtmarketing soll Pozzi7 aus der langen Liste an Vorschlägen für Werbeaktionen in der Sperrungsphase auch erste 15 für eine konkrete Umsetzung empfehlen. „Wenn der Beirat am 25. Januar wieder tagt, soll er darüber entscheiden“, so Nowack. Im Februar sei eine Auftaktveranstaltung geplant.

Rikschahdienst und Baustellen-Dinner

„Speyer bietet den Wohlfühlrahmen für ein ganzheitliches Erleben“, so der Befund der Werbe-Experten. Sie wollen konsequent und auf möglichst vielen Kanälen für die Einkaufs- und Tourismusstadt werben und dabei stets deren Vorzüge betonen. Die Motive sollen jahreszeitlich wechseln, jedoch wiedererkennbar sein. Die Vorschläge reichen von geklebten Botschaften auf dem Boden über einen Fahrrad-Rikschadienst zu besonderen Anlässen bis hin zum Dinner auf der gesperrten Brücke. „Wir sitzen in einem Boot, die Stadt braucht einen lebhaften Handel“, begründet der Pressesprecher das Engagement der Verwaltung für „ihre“ Unternehmen. Er geht soweit, das bisherige Vorgehen als „Meilenstein“ zu loben: „Das gab es in Speyer meines Wissens noch nie, dass so viele einzelne Interessengruppen, die oft unterschiedlicher Meinung sind, an einem Strang ziehen.“ Auch Händlerin Andrea Veth hat ein „sehr gutes Gefühl“. Die Werbeagentur habe einen sehr guten Eindruck gemacht und stelle Ideen zur Verfügung, die sie für ihre eigene Werbung nutzen werde: „Das ist effektiv für mein Geschäft, für die Leistungsgemeinschaft und für die Stadt.“

Speyer will nicht ins Radio

Eines dürfe es nicht geben, hofft Veth: „Speyer darf nicht Radio-berühmt werden, nicht in jeder Staumeldung vorkommen.“ Wenn Kunden nicht nur den Umweg über die Autobahnbrücke nehmen müssten, sondern auch noch im Schneckentempo vorankämen, könnte es für den Handel doch schmerzhaft werden. Dann würde auch der Versuch der städtischen Wirtschaftsförderung, das Bauchgefühl bezüglich der badischen Kunden zu objektivieren, nicht mehr helfen: Sie hat im November parkende Autos erfassen und Kunden in der Innenstadt zählen lassen, will das im neuen Jahr wiederholen und die Zahlen abgleichen. Ergebnisse gibt es noch nicht. Das Nervenflattern geht weiter ...

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