Pirmasens Von Woche zu Woche:

Der Niedersimter Ortsvorsteher Kurt Sennewald ähnelt in seinem Kampf für eine Ortsumgehung ein wenig dem Ritter Don Quichotte. Da hilft es auch nichts, wenn Sennewald die ganze Hackmesserseite von Hilst bis Kröppen um sich schart, um einen Brückenschlag zwischen Blocksbergstraße und Obersimten zu erreichen, wie er diese Woche nochmal betonte. Um es ganz offen zu sagen: Das Interesse in Mainz, wo die Entscheidung fällt, ist mehr als bescheiden. Sennewald sollte in seinem Kampf gegen die ignorant vor sich hin mahlenden Mainzer Windmühlen ganz andere Mitstreiter gewinnen, den Rahmen kräftig erweitern und ganz einfach europäisch denken. Das haben die Zweibrücker vorgemacht. Wenn die VG Zweibrücken damals eine Umgehung für Hornbach gefordert hätte, würden die Autos sich heute noch durch die Klosterstadt quälen. Da wurde der Bogen gleich vom Flugplatz bis nach Saargemünd und Bitsch gespannt. Dann war das Thema interessant und es floss Geld. Solange es Sennewald nur um die Entlastung der Lothringer Straße geht, bleibt der Verkehr im Dorf. Die regionale Fernverbindung Pirmasens-Lothringen muss das Ziel sein. Und mit solch einer Fernverbindung hätte der Niedersimter auch gleich für die ganze Stadt ein Problem gelöst, das in dieser Woche wieder mal Thema im Innenstadtforum war. Wie kann Pirmasens mehr Kundschaft für den hiesigen Einzelhandel anlocken? Andere Städte haben nicht das Problem, dass wenige Kilometer von der Stadtgrenze entfernt eine Landesgrenze den Einzugsbereich kappt. Andernorts können die Planer einen Zirkel nehmen und einen 50-Kilometer-Radius ziehen. Hier gibt es einen stark angeknabberten Kreis wegen der Grenze und der immer noch rudimentär vorhandenen Wege, diese zu überqueren. Da fehlen Zehntausende potenzieller Kunden. Es geht eben nur durch das Nadelöhr Vinningen-Kröppen und anschließend die Dörfer bis Bitsch. Wer die Fahrt auf sich nimmt, braucht schon einen richtigen Anziehungspunkt, um nicht doch lieber gleich bequem über die L 700 nach Zweibrücken und das Outlet zu fahren. Dort sind die Franzosen zu finden. Im Innenstadtforum konnte diese Woche ein interessanter Mentalitätswandel der Stadtspitze beobachtet werden. Während in früheren Jahren nur in Beton gegossene Wahrheiten wie Messehallen, Brücken, Gewerbegebiete und Fernstraßen zählten, entdeckt Pirmasens die weichen Standortfaktoren und entwickelt einen Glauben an wirtschaftsfördernde Wirkungen von Kunst und Kultur. Die Kreativwirtschaft vom Game-Entwickler über Musiker bis zum Architekten, Fotografen und Kunstmaler soll der siechenden Innenstadt neues Leben schenken. Remmidemmi statt Friedhofsruhe sorgt für Frequenz und dann auch wieder für Umsatz in den Läden. So wie in der Vergangenheit die Begriffe „Demografischer Wandel“ oder „Nachhaltigkeit“ eine Weile brauchten, bis sie in den Köpfen der Kommunalpolitik ankamen, so scheint das Wort „Gentrifizierung“ jetzt langsam einen verlockenden Klang in den Ohren der hiesigen Politik zu erhalten. Damit gemeint ist der Wandel herunter gekommener Stadtviertel durch Kreative, die, von niedrigen Mieten und illustrem Volk angelockt, sich ansiedeln. Im zweiten Schritt folgen die „Hipster“ mit Geld und guten Jobs. Irgendwann ist das Viertel so angesagt, dass die Investoren auftauchen, sanieren und die Künstler sich die Mieten nicht mehr leisten können. Vor 20 Jahren tönte der damalige OB Karl Rheinwalt noch: „Wir brauchen keine alternative Kunstszene sondern Arbeitsplätze.“ Jetzt setzt sich im Rathaus die Erkenntnis durch, dass die Arbeitsplätze oder zumindest die Fachkräfte dorthin gehen, wo auch die Kultur ist.

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