Pirmasens Urlaubsreise endet vor dem Kadi

Das erste eigene Strafgesetzbuch auf deutschem Boden war die Constitutio Criminalis Carolina, die „Peinliche Halsgerichtsordnung
Das erste eigene Strafgesetzbuch auf deutschem Boden war die Constitutio Criminalis Carolina, die »Peinliche Halsgerichtsordnung« Karl V. aus dem Jahr 1532.

Mit einer „nebulösen Geschichte“ verteidigte sich am Dienstag ein 31-jähriger Pirmasenser vor dem Schöffengericht gegen den Vorwurf des Betruges. Er war aus einem Hotel in Österreich abgereist, ohne die Rechnung zu bezahlen – aus gutem Grund, wie er behauptet.

Im vergangenen Sommer hatte der Mann mit seiner Freundin und deren drei Kindern einen Urlaub in einem Wellness-Hotel in Österreich verbracht. Den 15-tägigen Familien-Aufenthalt habe ihm sein bester Freund finanziert und auch über das Internet gebucht, erzählte der 31-Jährige. Der Freund habe dazu zwei Kredite über insgesamt 14.000 Euro aufgenommen. Mit dessen EC-Karte habe er in mehreren Tranchen insgesamt 9810 Euro abgehoben. Außerdem habe ihm der Freund 1000 Euro in bar für Reisekosten mitgegeben, und er habe 1000 Euro Gespartes gehabt. Er hätte die Hotelrechnung über 9300 Euro also bezahlen können und wollen, versicherte der Mann, der seit 2018 von Hartz-IV lebt.

Nach einer Massagebehandlung im Hotel habe seine Freundin über starke Rückenschmerzen geklagt und sich kaum noch bewegen können. Deshalb hätten sie den Urlaub abgebrochen. Er habe an einen Behandlungsfehler, Schmerzensgeldansprüche und Minderung der Hotelrechnung gedacht und sich erst rechtlich beraten lassen wollen. Der Vize-Hotelmanager sei mit ihrer Abreise einverstanden gewesen und habe gesagt: „Das klären wir später. Da wird man sich schon einig“.

Vor den Augen des Personals habe er spät abends mehrmals Gepäck zum Auto getragen. Auf der Rückfahrt hätten er und seine Freundin sich beim Fahren abgewechselt. Noch am Tag der Rückkehr habe er seinem Freund 9000 Euro in bar zurückgegeben. Sein Freund habe sich um alles kümmern wollen, sagte der Angeklagte. Das Hotel habe ihn nach seiner Abreise nicht wegen der Rechnung kontaktiert.

Richter Alexander Kolb wunderte sich, dass der genannte Freund einen teuren Urlaub spendierte, obwohl der selbst „keine Kohle“ hatte. Und er hatte über Monate einen Leihwagen finanziert, den der 31-Jährige mit seiner Familie im Urlaub nutzte. „Die Sache ist sehr nebulös“, sagte Kolb.

Der Angeklagte erklärte das so: Sein „bester Kumpel“ sei eine „treue, liebe Seele“. Er habe den Freund gefahren, als dieser sechs Monate ohne Führerschein gewesen sei. Außerdem habe er ihm ein Jahr zuvor bei einem Streit die Nase gebrochen. Es sei also auch Schmerzensgeld gewesen. Kolb erklärte, dass ein Zivilgericht erheblich weniger Schmerzensgeld zugesprochen hätte.

Wieso der Freund ein Auto anmietete und die Freundin des Angeklagten im Mietvertrag als Fahrerin angab, obwohl er und die Frau je ein eigenes Auto besitzen, blieb offen. Vor Gericht war auch die Rede davon, dass die Hotel-Buchung über die E-Mail-Adresse des Angeklagten erfolgt war. Er und sein Freund hätten öfter die E-Mail-Adresse des anderen benutzt, erklärte der 31-Jährige dazu.

Der Mann ist auch angeklagt, im August 2019 mit den Personalien seines fast blinden Großvaters eigenmächtig einen Handyvertrag abgeschlossen und ein Mobiltelefon bestellt zu haben. Außerdem soll er mit der EC-Karte des Seniors mehrfach unberechtigt Geld abgehoben haben. Der Angeklagte bestreitet dies.

Die Verhandlung wird am Dienstag, 27. April, vor dem Pirmasenser Schöffengericht fortgesetzt.

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