Pirmasens Skizzenblock gegen I-Pad getauscht

91-71114867.jpg

Er hat eine Leidenschaft für Farben. Am liebsten mag er sie kräftig, dicht und lebendig. In Torsten Hennigs kleinem Ausstellungsraum in seiner Wahlheimat Fischbach kann man einige der I-Pad-Malereien besichtigen. Doch der gebürtige Stralsunder, Vater zweier erwachsener Söhne und stolzer Großvater, hat künstlerisch noch mehr zu bieten.

Hennig arbeitet als Lehrer für Bildende Kunst, Deutsch und Religion in Karlsruhe – eine Arbeit, die er liebt. Doch das Herz des 1959 geborenen Pädagogen, Malers und Grafikers schlägt in seinem Atelier im Obergeschoss seines Hauses in Fischbach, in dem er jede freie Minute verbringt. Die Wahlheimat Fischbach hat er sich gemeinsam mit seiner Frau Petra gesucht, weil sie hier die Ruhe und Erholung schätzen und Frankreich nahe ist. Hennig hat eine Vorliebe für alles Französische und liebt es, mit seiner Frau im Elsass unterwegs zu sein. Besonders angetan hat es ihm der Isenheimer Altar in Colmar. „Einmal im Jahr muss ich dort hin und vor diesem einzigartigen Bild meditieren. Jedes Mal bin ich zutiefst ergriffen von diesem Abbild des Leidens. Die Passion lässt mich nicht los“, so Hennig. Aus seinem großformatigen Kreuzweg-Zyklus, Acryl auf Leinwand, spricht diese Betroffenheit. In plakativen Farben, realistischen Darstellungen und aufwühlenden Linien hat Hennig seine Hoffnungen und Zweifel, sein Unverständnis, seine Fragen und Gefühle in Acryl auf Leinwand gepackt. Der Schrecken des Leids und des Todes verstört den Betrachter. Weder Erlösung noch Trost sind auf den ersten Blick zu finden. Torsten Hennig ist ein religiöser Mensch. Schon als Jugendlicher engagierte er sich in der Kirche. Dies und sein Engagement in der Friedensbewegung geriet ihm bei seinem Kunst- und Germanistikstudium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald zum Nachteil. Der Lehramtsstudent der Kunst und Germanistik musste unterschreiben, dass er nach Abschluss seines Studiums auf eine Lehrtätigkeit verzichten wird. Seinem Lehrer und Professor Armin Münch, der als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Zeichner und Grafiker Mecklenburg-Vorpommerns gilt, hat er es zu verdanken, dass er nicht exmatrikuliert wurde. Münch erkannte Hennigs Talent, Wesentliches in schnellen Zügen zu erfassen und herauszuarbeiten. Bei Münch lernte Torsten Hennig sein Handwerk von der Pike auf. Linien und Rahmen sind ihm von jeher wichtig in seiner künstlerischen Arbeit. In allen seinen Werken fällt es leicht, die Form zu erkennen und erst auf den zweiten Blick wird die Tiefe sichtbar, wird der Blick hineingezogen in Form und Farbe. Nach dem Studium schloss er ein Fernstudium in Theologie an und arbeitete als Diakon in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit des Kreises Stralsund. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde er 1990 rehabilitiert und konnte eine Lehrtätigkeit an einem Gymnasium in Stralsund aufnehmen, bis er 2006 mit seiner Frau in Karlsruhe sesshaft wurde und seither an der Europäischen Schule Kunst und Deutsch unterrichtet. Hennig war schon immer mit dem Skizzenblock unterwegs. Der Linkshänder liebt es, Menschen und Szenen als Skizzen festzuhalten. Vor sieben Jahren sah er eine Ausstellung der I-Pad-Malerei von David Hockney. Von diesem Zeitpunkt an tauschte er den Skizzenblock gegen das I-Pad. Bei Festlichkeiten in und um Fischbach kann man ihm schon mal begegnen, wie er mit dem Stift aufs Tablet zeichnet. Diese Bilder entstehen aus dem Augenblick, sind Momentaufnahmen, die er hinterher auch nicht mehr verändert. Es macht ihm sichtlich Freude, das Leben um ihn herum auf dem I-Pad festzuhalten. „Es macht Spaß und nebenbei trainiert es meine Fingerfertigkeit. So roste ich nicht ein“, bemerkt er schmunzelnd. Ein Ersatz für Pinsel und echte Farbe sei es nicht. Der Vorteil sei, dass man frei wählen könne, auf welchem Material das Motiv letztendlich gedruckt werde. Von Leinwand über Folie bis Glas sei alles denkbar. Hennig experimentiert gerne. Mit Farbe, mit Licht, mit übereinandergelegten Ebenen. Musik, vor allem Klassik, inspiriert ihn und setzt Kreativität frei. Viele seiner I-Pad-Malereien kann man in seiner Garagen-Galerie in Fischbach, Bitscher Straße 23c, anschauen, der Eintritt ist frei, geöffnet ist nach Vereinbarung oder wenn er zu Hause ist, Besucher sind ihm herzlich willkommen. Auch seine Homepage www.torstenhennig.com bietet einen guten Überblick über sein Schaffen.

x