Pirmasens Russland ist groß, der Zar ist weit

Was ist wichtig, was bedeutsam? Das ist relativ. Am Seehof in Erlenbach bei Dahn. Die Stille ist ohrenbetäubend, sie ist ungewohnt für Großstadtlauscher. Kein Hintergrundgeräusch der S-Bahn, keine Straßenbahnrumpelei im Minuten-Takt. Kein Sound der Urbanität, der von Straßen, Plätzen, Kneipen ewig schallt. Hier, am Seehof in Erlenbach bei Dahn, bleiben die Augen haften an den Bäumen des Waldes und am Wechsel der Farben, den der dunkle See so spielerisch anbietet. Der siebte Sinn sucht nach Signalen von rücksichtslosen Radfahrern auf dem Gehweg, nach rechthaberischen Kinderwagenschieber im Doppelanflug und nach Hundesch… auf dem Bürgersteig. Er kann abgeschaltet werden, hier ist die Welt entschleunigt. Die Besitzer der Pkw auf dem Parkplatz mit M-, SÜW-, MA-, KA- EMS-, HD-, L- oder PS-Kennzeichen wollen offenkundig teilhaben an dieser Welt, wenigstens am Wochenende. Aber da ist noch was, am Seehof in Erlenbach bei Dahn. Die Aufgeregtheiten des Regierungsviertels, dieser nervösen Zone Berlins, sind emotional plötzlich ganz weit weg. Schaffen es Angela Merkel und Co, die widerborstigen Briten von der präsidialen Güte des Luxemburgers Jean-Claude Juncker als nächstem EU-Kommissionschef zu überzeugen? Wie regelt Sigmar Gabriel bei der EEG-Reform die künftige Eigenstromproduktion? Da sind die sinn- (oder unsinn-) stiftenden Fragen im Regierungsviertel. Doch hier, am Seehof in Erlenbach bei Dahn, drängen sie nicht auf dem Radarschirm. Russland ist groß, der Zar ist weit. Sollen die Ministerialbürokraten doch mit wehendem Mantel und gepflegter Intellektuellenblässe durch die Berliner Gänge der Macht hasten! Was wichtig ist, ist eben relativ. Man spürt es, hier am Seehof in Erlenbach bei Dahn.

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